19.11.2019 10:55 Uhr

Unter Keller menschelt es wieder im DFB

Fritz Keller ist der neue starke Mann beim DFB
Fritz Keller ist der neue starke Mann beim DFB

Fritz Keller ist das, was man wohl unter einem "Menschenfänger" versteht. Auch bei der jüngsten Verleihung des Fair-Play-Preises im Capitol Theater in Düsseldorf unterhielt der neue Präsident des Deutschen Fußball-Bundes eloquent und charmant die Zuschauer. Die rechte Hand lässig in der Hosentasche gesteckt, den Blick immer ans Publikum gerichtet, die Worte frei und bedacht gewählt.

Allein vom Auftreten her ist der Unterschied zwischen Keller und seinem Vorgänger, dem einstigen Berufspolitiker Reinhard Grindel, deutlich erkennbar. Aber wofür steht der Winzer, der seit zwei Monaten den mit sieben Millionen Mitgliedern größten Sportfachverband der Welt führt?

Ganz oben auf seiner Agenda stünden "die Wertevermittlung und die Einheit des Fußballs", verriet der 62-Jährige: "Es ist mein Ziel, den DFB auch vom Image her wieder dahin zu bringen, wo er mal war. Und das schaffen wir auch!"

"Wir können keine Spiele boykottieren"

Man merkt: Die soziale Komponente in seinem Job liegt dem früheren Klubpräsidenten des SC Freiburg sehr am Herzen. Es soll wieder mehr menscheln im Verband - sowohl nach innen als auch nach außen. "Manchmal wird uns ein bisschen zu viel auf die Schultern geladen, aber trotzdem möchten wir der Verantwortung gerecht werden und eine Vorbildfunktion für alle Menschen haben", sagte Keller.

Als eine seiner ersten Amtshandlungen brachte Keller im Präsidium eine Beschlussvorlage ein, auf deren Grundlage der DFB "keine Auswahlmannschaften mehr zu Spielen in Ländern" antreten lassen wolle, "in denen Frauen nicht gleichberechtigt und frei von Diskriminierung Zugang zu Fußballstadien oder anderen Sportstätten gewährt wird". Ein starkes Statement, der Vorschlag wurde auch einstimmig angenommen - aber Auswirkungen für die Praxis hat er kaum.

Die Einschränkung trifft nur noch auf wenige Länder zu, die als Testspielgegner für den DFB ohnehin kaum infrage kamen. Und die WM 2022 in Katar? In dem Land, das Menschenrechtsorganisationen in so vielerlei Hinsicht kritisieren? "Der Sport bringt die Menschen zusammen. Wir dürfen nicht alles politisieren", sagt Keller ausweichend: "Ich habe meine Meinung, und die ist ganz klar. Aber wir können keine Spiele boykottieren, das bringt nichts."

"Fußball ist für alle da, für jeden Geldbeutel"

Keine Frage: Auch der 13. Chef in der 119-jährigen Geschichte des DFB ist großen sportpolitischen Zwängen unterworfen. Und dennoch hoffe er durch den Fußball auf ein bisschen "Frieden in der Welt".

Ein viel greifbareres Ziel ist, die zuletzt erkaltete Liebes-Beziehung zwischen Fans und der Nationalmannschaft neu zu befeuern. Im Jahr 2019 sind im Schnitt so wenige Zuschauer zu den Heimspielen des DFB-Teams gekommen wie noch nie in der mehr als 13-jährigen Amtszeit von Bundestrainer Joachim Löw. Keller kündigte an, intern über die Ticketpreise neu zu diskutieren: "Fußball ist für alle da, für jeden Geldbeutel. Das wollen wir hinbekommen, aber es ist ein schwieriges Unterfangen."

Bei den EM-Vorrundenspielen im kommenden Sommer in München, spätestens aber bei der Heim-EM 2024 sollen Fans und Nationalmannschaft wieder eine starke Einheit bilden, so Keller. Er geht diese Aufgabe mit persönlichen Erinnerungen vom Sommermärchen 2006 an: "Ich war mit meinen Jungs im Deutschland-Trikot auf den Straßen unterwegs und habe mit Menschen anderer Nationen in den Armen gelegen. Das war einfach großartig, das möchten wir wieder hinbekommen."

Schon damals war Fritz Keller offenbar ein "Menschenfänger".

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