Kommentar: Kovac redet sich beim FC Bayern um seinen Job

Sportlich hinkt der FC Bayern München den eigenen Ansprüchen aktuell meilenweit hinterher, doch auch abseits des Platzes knirscht es. Trainer Niko Kovac sorgt mit unbedachten Aussagen für Wirbel - und verliert dadurch womöglich endgültig den Rückhalt beim Rekordmeister. Ein Kommentar.
Beim DFB-Pokalspiel in Bochum hatte nicht nur die Mannschaft des FC Bayern einen rabenschwarzen Tag erwischt. Auch Niko Kovac schien nicht ganz auf der Höhe zu sein.
Nach der Partie bezeichnete der Coach zunächst die Fans des kommenden Gegners Eintracht Frankfurt als "die besten der Liga" - ein Affront gegenüber den Bayern-Anhänger, der einen Shitstorm in den sozialen Medien nach sich zog.
Anschließend kritisierte der Kroate mit einer als Lob für den Gegner getarnten Spitze sein Team. Der VfL habe gezeigt, dass es funktioniere, "wenn alle machen, was der Trainer sagt". Spielen die Münchner also nur deswegen so schlecht, weil sie nicht bedingungslos auf Kovac hören?
Auch mit seinem unglücklichen Liverpool-Vergleich vor dem Bochum-Spiel ("Man muss auch die Spielertypen dafür haben. Man kann nicht versuchen, 200km/h auf der Autobahn zu fahren, wenn sie nur 100 km/h schaffen") sowie seiner Beschreibung der Situation von Thomas Müller vor einigen Wochen ("Wenn Not am Mann sein sollte, wird er mit Sicherheit auch seine Minuten bekommen") hatte der Kroate im und um den Verein herum viel Kopfschütteln geerntet.
Niko Kovac zu ehrlich für den FC Bayern?
Positiv betrachtet könnte man Kovac für seine Ehrlichkeit loben. Man könnte sagen, endlich ist da einer im weichgespülten Fußball-Geschäft, der (wenigstens manchmal) so redet wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Man könnte ihm zugutehalten, dass er mit seinen Aussagen inhaltlich (zumindest in Teilen) nicht ganz falsch liegt.
Klar ist aber auch: Kovac setzt mit seiner Unbedachtheit bei öffentlichen Auftritten seinen ohnehin nicht mehr sicheren Job aufs Spiel.
Die Münchner Führungsriege ist in der Causa Kovac seit Monaten gespalten, nur der scheidende Präsident Uli Hoeneß gilt als bedinungsloser Unterstützer des Trainers. Den Rückhalt in der Mannschaft soll dieser längst verloren haben. Nun könnten sich auch noch die Anhänger von Kovac abwenden. Sie hatten in der ebenfalls schwierigen vergangenen Saison noch regelmäßig den Rücken gestärkt.
Luft für Niko Kovac beim FC Bayern wird sehr dünn
Als Chefcoach des deutschen Branchenprimus steht der 48-Jährige ständig unter Beobachtung. Dass intern und extern jede noch so kleine Aussage von ihm auf die Goldwaage gelegt, jeder Satz seziert und auf seine möglichen Folgen hin abgeklopft wird, ist keine Neuigkeit für den früheren Bayern-Profi.
Kommen dann Woche für Woche Auftritte der Mannschaft hinzu, die einem fußballerischen Offenbarungseid gleichen, wird die Luft für den Trainer eben dünn, sehr dünn.
Das spürt auch Kovac derzeit überdeutlich. Auch er wird mitbekommen, dass Spekulationen um seinen möglichen Nachfolger immer lauter werden. Sein Nervenköstum ist angegriffen, wohl auch eine Erklärung für die verbalen Aussetzer der jüngeren Vergangenheit.
Um Trainer des FC Bayern zu bleiben, muss Kovac das Ruder möglichst schnell nicht nur sportlich herumreißen. Es gilt auch, den Verein und das Umfeld wieder hinter sich zu bringen.
Tobias Knoop