15.10.2019 11:13 Uhr

Tedesco bei Spartak: Retter auf dem Schleudersitz

Nach seinem Aus beim FC Schalke heuert Domenico Tedesco bei Spartak Moskau an
Nach seinem Aus beim FC Schalke heuert Domenico Tedesco bei Spartak Moskau an

214 Tage nach dem Aus beim FC Schalke 04 hat Trainer Domenico Tedesco einen neuen Job. Der 34-Jährige unterschrieb am Montag einen Vertrag beim russischen Rekordmeister Spartak Moskau. In der 12-Millionen-Metropole erwartet den Deutsch-Italiener eine interessante und gleichzeitig undankbare Aufgabe. Auf eine Schonfrist sollte der Fußballlehrer dabei nicht hoffen.

Schon bei seinem ersten Auftritt als neuer Trainer von Spartak Moskau bekam Tedesco eine Vorstellung davon, welche Hürden in den kommenden Wochen und Monaten abseits des Platzes auf ihn warten. Die Übersetzung der Fragen sowie seiner Antworten lief mehr als holprig, was den sonst so souverän auftretenden Coach merklich verunsicherte.

Es sei natürlich schlecht, dass Russisch nicht viel mit den Sprachen gemeinsam habe, die er kenne, gab Tedesco dann auch zu: "Aber ich hoffe, dass ich es bald verstehen werde."

Ganz sicher sehr schnell verstehen wird der 34-Jährige, was Klub und Fans sportlich von ihm erwarten. Tedesco soll den abgestürzten Traditionsverein, mit zehn Titeln immerhin Rekordchampion des Landes, zurück an die Spitze der Liga führen - nicht mehr, nicht weniger. Viel Zeit wird ihm dafür wohl nicht eingeräumt. Der Ex-Schalker ist der 19. Trainer in den letzten 19 Jahren, der sein Glück auf dem Schleudersitz der Liga versuchen darf. Die meisten seiner Vorgänger blieben keine zwölf Monate im Amt.

Parallelen zwischen dem FC Schalke und Spartak

Unweigerlich wird auch Tedesco am sportlichen Erfolg gemessen werden. Und an Titeln, wie diverse Nachfragen von Journalisten deutlich machten. Der Coach bemühte sich, das Spiel nicht mitzuspielen und vermied es, das "T-Wort" in den Mund zu nehmen. "Es geht nicht um einzelne Wettbewerbe", betonte er. Es gehe darum, generell das Maximale zu erreichen. Eine Antwort, der Tedesco in den nächsten Wochen Taten folgen lassen muss.

Nach fünf Niederlagen in Folge ist Spartak in der russischen Liga auf Platz zwölf abgestürzt. Schon jetzt geht es mit Blick auf den Rest der Spielzeit nur noch um Schadensbegrenzung. Eine undankbare Aufgabe für einen Trainer, der auf einer der breitesten Bühnen des Landes im Rampenlicht steht.

Spartak, einer der größten und beliebtesten Klubs Russlands, ist in den letzten Jahren immer häufiger zum Gespött geworden. In den letzten 18 Jahren gewann der Klub nur eine einzige Meisterschaft, im nationalen Pokal war man zuletzt 2003 erfolgreich und im Europapokal jagte eine Enttäuschung die nächste. Parallelen zum FC Schalke liegen nicht nur mit Blick auf die Tradition der Klubs auf der Hand. Immerhin hier betritt Tedesco gewohntes Terrain.

Altgediente Profis begegnen Tedesco mit Skepsis

Mehr oder weniger unbekannt dürfte dem jungen Coach bis vor wenigen Tagen der Kader seines neuen Klubs gewesen sein. Mittlerweile kenne er die meisten Spieler, erklärte Tedesco: "Jetzt geht es darum, sie noch besser kennenzulernen."

Dass zwei Spieler im Aufgebot älter als er selbst sind und es beim FC Schalke mit einem erfahrenen Profi wie Benedikt Höwedes deshalb zu Reibungen gekommen ist, ist auch einigen russischen Journalisten nicht entgangen, die dementsprechend nachbohrten und scheinbar schon jetzt auf der Suche nach potenziellen Brandherden sind. Auch das ist Teil des schlagzeilenträchtigen Klubs. Kritische Journalisten und altgediente Profis, deren Wort immer noch Gewicht hat, begegnen Tedesco mit einer gehörigen Portion Skepsis. Der Umgang damit wird Teil des Reifeprozesses sein, den der 34-Jährige bei seiner ersten großen Auslandsstation durchläuft. Ein Prozess, der in Gelsenkirchen begann und unrühmlich endete.

Ja, "wahrscheinlich" seien auf Schalke Fehler gemacht worden, sagte Tedesco mit Blick auf seine Zeit bei den Knappen, wo er 2017 eine ähnlich schwere "Rettungsmission" übernahm. Die Zeit auf Schalke gehöre nun aber der Vergangenheit an, betonte er. Spartak sei "eine völlig andere Geschichte". Sollte der 34-Jährige Spartak nicht schnell wieder in die Erfolgsspur führen, könnte sich Geschichte allerdings schnell wiederholen.

Christian Schenzel

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