07.10.2019 13:44 Uhr

Argentinien-Coach Scaloni: Vom Nobody zum Hoffnungsträger

Immer unter Strom: Argentiniens Coach Lionel Scaloni
Immer unter Strom: Argentiniens Coach Lionel Scaloni

Ohne Superstar Messi trägt Argentinien gegen Deutschland die Handschrift eines anderen Lionel. Die vom (Noch-)Trainer-Nobody Scaloni.

Unweit von Rosario geboren, bei Newell's Old Boys mit dem Fußball angefangen, früh nach Spanien gegangen, dort die Erfolgsära eines Klubs mitgeprägt: Was sich nach Lionel Messi anhört, ist Teil der Vita von Lionel Scaloni. Und jetzt steht der weitaus unbekanntere Fußball-Nationaltrainer Argentiniens statt des gesperrten Superstars am Mittwoch (20:45 Uhr/RTL) in Dortmund beim Klassiker gegen Deutschland im Blickpunkt.

Sein "Last-Minute"-Tor zum 2:1 für Deportivo La Coruna im September 2000 gegen den Hamburger SV ist nur noch Champions-League-Statistik. An seinen einzigen Auftritt bei einer WM - im Achtelfinale 2006 gegen Mexiko - wird sich auch im damaligen Spielort Leipzig kaum einer erinnern. Und dass der 41-Jährige seit August 2018 den Gauchos als Coach eine neue Richtung gibt, bekommen hierzulande nur die wenigsten mit.

Dabei hat (sich) Scaloni mehr Aufmerksamkeit verdient, weil er die Selección in den letzten Monaten radikal umkrempelte. Und das mit guten Resultaten. In 17 Länderspielen unter seiner Regie gab es neben drei Remis schon zehn Siege, zuletzt ein 4:0 gegen Mexiko. Kurioserweise stand bei drei der vier Pleiten Messi auf dem Platz.

Ohne den Superstar vom FC Barcelona, ohne erneut übergangene Routiniers wie Sergio Agüero oder Angel Di Maria, ohne die Akteure der Spitzenklubs Boca Juniors und River Plate aus Buenos Aires, die sich dieser Tage im Libertadores Cup im Halbfinale gegenüberstehen, geht Scaloni im Signal Iduna Park seine wohl größte Herausforderung an.

"Wenn ich mich am Ausmaß von dem, was auf mich zukommt, orientiere, werde ich natürlich keinen Schlaf finden", betonte der ehemalige Defensivspieler, als er kurz nach Argentiniens Fiasko bei der WM 2018 als Nachfolger von Jorge Sampaoli, dessen Assistent er in Russland und schon zuvor beim FC Sevilla war, als Übergangslösung präsentiert wurde.

Als Spieler defensiv, als Trainer offensiv

Nur vier bis fünf Stunden Schlaf seien eh normal für ihn. "Immer unter Strom", so der zweifache Familienvater. Seine Dynamik, die er auch im Auf und Ab an der Seitenlinie zeigt, soll die Spieler anstecken. Weshalb er den Ball nach Eroberung am liebsten "in drei Sekunden im gegnerischen Strafraum" ankommen sehen will.

Dabei war der U20-Junioren-Weltmeister von 1997 als Spieler eher defensiv ausgerichtet, erlebte bei Deportivo La Coruna mit der Meisterschaft 2000 und dem Pokaltriumph 2002 gegen die Galaktischen von Real Madrid um die Weltfußballer Zinédine Zidane und Luis Figo in deren Bernabeu-Stadion seine Sternstunden. Insgesamt waren es 17 Jahre in Spanien, Italien und England.

Beim Zwischenstopp auf Mallorca (2008) kaufte Scaloni in Calvia, rund 30 Autominuten vom Flughafen Palmas entfernt, ein Häuschen, wo heute seine Frau Elisa und die beiden Söhne Ian und Noah wohnen. Da im Juli die AFA seinen Status von Interimscoach auf Hauptverantwortlichen bis zur WM 2022 umstellte, wird das Pendlerleben andauern. Im März starten die Eliminatorias für Katar 2022, im kommenden Sommer gibt es eine Copa América daheim.

Schon da könnte Scaloni böse auf die Nase fallen. Wie im April, als er bei einer Fahrradtour auf der iberischen Insel von einem ausparkenden Auto angefahren wurde. Das Bild mit einem zugepflasterten Gesicht machte die Runde. Lieber wäre ihm am Mittwoch ein Foto als jubelnder Gaucho-Coach.

 

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