01.08.2019 15:36 Uhr

Podolski-Klub Vissel Kobe: Desaster statt Barca

Andrés Iniesta und Lukas Podolski spielen für Vissel Kobe
Andrés Iniesta und Lukas Podolski spielen für Vissel Kobe

Geld spielt für Milliardär Hiroshi Mikitani keine Rolle. Als Vorsitzender des japanischen Erstligisten Vissel Kobe hat er nur ein Ziel: Aus der grauen Maus der J1 League einen zweiten FC Barcelona kreieren. Doch bislang ist das Projekt des Podolski-Klubs ein einziges Desaster.

Zwei Jahre ist es nun her, dass Lukas Podolski dem europäischen Fußball Lebewohl gesagt und sich Vissel Kobe aus Japan angeschlossen hat. Seitdem hat sich in Kobe, weltweit eher durch erstklassiges Rindfleisch berühmt als durch erfolgreichen Fußball, vieles getan. Der Klub ist zur Anlaufstation weiterer europäischer Stars geworden, die einen neuen Spielstil prägen und eine erfolgreiche Ära einleiten sollen.

Größtes Aushängeschild in der Bucht von Osaka ist seit Mai 2018 nicht mehr der ehemalige deutsche Nationalspieler, sondern Andrés Iniesta. Die Barca-Ikone, zum Zeitpunkt des Wechsels bereits 34 Jahre alt, soll den Tiki-Taka-Fußball zu Vissel Kobe bringen. Im Gegenzug streicht Iniesta Berichten zufolge 30 Millionen Euro jährlich ein, sein Vertrag läuft über drei Spielzeiten.

Anfang 2019 folgt kein Geringerer als David Villa, seines Zeichen ebenfalls Welt- und Europameister mit Spanien und Champions-League-Sieger mit dem FC Barcelona. 

Im vergangenen März schließt sich mit Sergi Samper ein weiterer Absolvent der Barcelona-Akademie La Masia dem "Projekt Vissel Kobe" an. Der Mittelfeldspieler habe sich von Iniesta höchstpersönlich überzeugen lassen. "Er hat mir vom Team berichtet und darüber, dass sie so spielen wollen wie Barcelona", so der 24-Jährige bei seiner Vorstellung. Neuster Coup ist Abwehrspieler Thomas Vermaelen, der mitten in der Saison ablösefrei vom LaLiga-Champion kommt.

Für Vissel Kobe zählt nur der FC Barcelona

Mit all diesen Transfers treibt Kobe-Boss Hiroshi Mikitani, der Milliarden als Gründer des Onlinehandels Rakuten verdient hat, eine Art "Barcelonisation" voran. Auch abseits des Rasens arbeiten Rakuten und der FC Barcelona längst zusammen, für die 2016 ins Leben gerufene Sponsoring-Partnerschaft zahlt das Unternehmen nicht weniger als 220 Millionen Euro an die Spanier.

Am vergangenen Wochenende hat Vissel Kobe seinen neuen besten Freund im Weltfußball gar zu einem Freundschaftspiel begrüßt. "Wie sie wissen, schaut die ganze Welt auf dieses Spiel", so Mikitani stolz im April gegenüber Medien: "Vissel Kobe hat drei ehemalige Spieler von Barcelona in seinen Reihen, die zentrale Rollen in ihrem Klub gespielt haben."

Da Vermaelen zu diesem Zeitpunkt noch nicht dazugehörte, war neben Iniesta und Villa auch Samper gemeint. Dieser blickt jedoch lediglich auf 13 Pflichtspieleinsätze für die Barca-Profis, dafür auf über 100 für die zweite Mannschaft, zurück. Für Mikitani zählt eben vor allem der Name FC Barcelona, nicht unbedingt die Qualität des Spielers.

Auch auf der Bank denkt der Klub spanisch. Wenige Monate nach der Ankunft von Iniesta lotst Kobe Juan Manuel Lillo nach Japan, den Pep Guardiola einst als "besten Trainer" in seiner Karriere bezeichnete.

Ex-HSV-Coach Fink kämpft gegen den Abstieg

So viel Expertise aus Europa, so viele gewonnene Trophäen auf höchster Ebene müssten doch eigentlich im Handumdrehen für Erfolg sorgen - könnte man meinen. Die Realität sieht erschreckend anders aus: Aus dem Mittelklasse-Klub ist mittlerweile ein Abstiegskandidat geworden. Magere vier Punkte mehr hat Kobe derzeit als Tabellen-15. als das Schlusslicht Sagan Tosu.

Noch viel mehr: Kobe ist längst zum Schleudersitz der Liga geworden. Zunächst schmiss Lillo nach nur einem halben Jahr hin, einvernehmlich wie es heißt. Nachfolger Takayuki Yoshida, schon zwischen 2017 und 2018 am Ruder, wird Anfang Juni vom ehemaligen HSV-Coach Thorsten Fink ersetzt.

Auch Fink hat unverblümt zugegeben, den Lockrufen der Altstars gefolgt zu sein. Podolski habe ihm erzählt, "was für ein großer Verein Vissel Kobe in Japan ist". Iniesta und Villa seien "natürlich" ein "mitentscheidender Grund" für das neue Abenteuer.

Nach anfänglichem Hoch aus zwei Siegen und einem Remis in den ersten drei Spielen brach Fink zuletzt mit dem Team jedoch wieder ein. Drei Pleiten in Folge haben Kobe längst in die Gefahrenzone bugsiert. Dass der Abstieg im schlimmsten Fall eintreten kann, untermauern zwei Statistiken: Zum einen absolviert die Mannschaft die wenigsten Kilometer auf dem Feld, zum anderen stellt sie mit 36 Gegentreffern aus 20 Spielen die zweitschlechteste Abwehr der Liga. 

Podolski wird vom Pech verfolgt

Und welche Rolle nimmt Lukas Podolski in dieser sportlichen Krise ein? Im Grunde gar keine. Nach gutem Saisonbeginn mit zwei Toren und zwei Vorlagen in fünf Spielen verletzte sich der Kölner erst am Oberschenkel, dann am Fuß. Kurz darauf trat er gar offiziell die Kapitänsbinde an Andrés Iniesta ab.

Ende Mai feierte er beim 4:1-Sieg gegen Shonan Bellmare zwar sein Comeback, steuerte zudem einen weiteren Assist bei. Eine Virus-Infektion und eine Ohren-Operation setzten ihn seither jedoch außer Gefecht. Wann Podolski, dessen Vertrag in Japan bis zum Jahresende datiert ist, wieder ins Spielgeschehen eingreift, ist unklar.

Bis dahin müssen es ohnehin andere richten. Die ehemaligen Stars des FC Barcelona, zum Beispiel.

Gerrit Kleiböhmer

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