Wagner will "malochen und nicht quatschen"

Nach dem Beinahe-Abstieg hat sich Schalke 04 neu aufgestellt. David Wagner als Trainer, Michael Reschke als Kaderplaner und Sascha Riether als Koordinator der Lizenzspielerabteilung sollen die Königsblauen wieder in die Bundesligaspitze führen.
Auch nach vier Jahren in England weiß David Wagner noch genau, wie die Leute im Ruhrpott reden. "Bock auf Maloche ist das Allerwichtigste", sagte der neue Trainer von Schalke 04 bei seiner offiziellen Vorstellung am Donnerstag: "Quatschen bringt es nicht."
Der 47-Jährige, der 1997 als Spieler mit den Königsblauen sensationell den UEFA-Cup gewann und beim Erzrivalen Borussia Dortmund zum Trainer wurde, kehrt zurück in seine alte Heimat - und soll den abgestürzten Traditionsklub zurück zu den Wurzeln führen.
"Es ist das große Wort, das Schalke schon immer ausgemacht hat - Maloche", betonte Wagner, "ich will Leute, die anpacken wollen." Die Aufgabe, die der Deutsch-Amerikaner übernimmt, erfordert viel Arbeit: Er muss nach dem Beinahe-Abstieg die teuer zusammengekaufte Mannschaft umkrempeln, Teamgeist und Disziplin wiederherstellen, soll möglichst attraktiven Fußball spielen lassen und die Königsblauen wieder dahin führen, wo sie sich nach ihrem Selbstverständnis sehen: in die Bundesliga-Spitzengruppe.
Der FC Schalke hat "einiges aufzuholen"
"Wie schnell das geht? Keine Ahnung", gab Wagner offen zu, "wir haben genug Baustellen." Auf ein Ziel will sich der ehemalige U23-Trainer des BVB, der Huddersfield Town aus der Drittklassigkeit in die Premier League führte, nicht festlegen, das mache keinen Sinn. "Wir werden nicht an der Spitze des Feldes mitmarschieren", kündigte er allerdings an, "wir haben einiges aufzuholen."
Nach dem Absturz von der Vizemeisterschaft auf den 14. Rang in der vergangenen Saison setzt Schalke nicht nur auf Wagner und dessen Überfall-Fußball der Marke Jürgen Klopp. Nach der One-Man-Show mit Manager Christian Heidel, die mit einem Debakel endete, soll die sportliche Verantwortung auf möglichst viele Schultern verteilt werden.
Michael Reschke arbeitet als neuer Technischer Direktor zusammen mit Wagner und Sportvorstand Jochen Schneider schon seit einigen Wochen daran, die von Heidel für 160 Millionen Euro zusammengekaufte Mannschaft umzubauen. Rekordeinkauf Breel Embolo, vor drei Jahren für insgesamt mehr als 25 Millionen Euro vom FC Basel verpflichtet, steht vor einem Wechsel Borussia Mönchengladbach. Laut Schneider sind "nur noch Kleinigkeiten" zu regeln.
Die Verpflichtung des Angreifers Benito Raman von Fortuna Düsseldorf scheitert bislang noch an den unterschiedlichen Vorstellungen über die Ablösesumme. Zudem soll Innenverteidiger Ozan Kabak vom VfB Stuttgart kommen. Schneider und Reschke haben deutlich weniger Geld als Heidel zur Verfügung. Nur 25 Millionen Euro hat der Aufsichtsrat für Ablösesummen abgesegnet. Gegenüber der Vorsaison mit der Teilnahme an der Champions League fehlen Einnahmen in Höhe von 60 Millionen.
Reschke, der langjährige Kaderplaner von Bayer Leverkusen und Bayern München, soll im Hintergrund die Transfers realisieren - ganz nach dem Motto: "Ruhe im Schacht, malochen statt quatschen", so der 61-Jährige. Als "Bindeglied zwischen Mannschaft und Management" fungiert Sascha Riether. Der 36-Jährige, der vor knapp sechs Wochen seine Profikarriere auf Schalke beendete, will als Koordinator der Lizenzspielerabteilung "in die Mannschaft reinhören" und Entwicklungen wie in der Vorsaison verhindern, als Grüppchenbildung und Disziplinlosigkeiten den Absturz beschleunigten.
Denn Wagner, den sein Freund Klopp zum neuen Job beglückwünschte, will auf Schalke eine persönliche Serie fortsetzen. In Huddersfield war er dreieinhalb Jahre im Amt, davor in Dortmund über fünf Jahre. "Es ist nicht wichtig, was die Leute sagen, wenn du ankommst", meinte er, "sondern, wenn du gehst."
Wagners wichtigste Aussagen im Überblick:
+++ Sind Sie der "kleine Klopp", Herr Wagner? +++
Wagner: "Prinzipiell nerven mich die Vergleiche nicht. Wir kennen uns lange und kennen uns gut. Ob jeder mit Brille und Drei-Tage-Bart ein Klopp-Klon ist? Das finde ich alles Quatsch. Aber das wir von der Idee des Fußballs nah beieinander liegen, das ist so."
+++ Wagners Minimalziel +++
Wagner: "Es sollte besser sein, als letzte Saison. Wir müssen ein Gedankengut entwickeln, dass Teamgeist und Lust auf Arbeit das allerhöchste Gut ist. Dieses Basics sind konstant von uns einzufordern."
+++ Was für eine Art Spieler sucht der FC Schalke? +++
Reschke: "Gute Spieler, die dem FC Schalke weiterhelfen. Man muss den Markt ganz intensiv beobachten. Wir glauben, dass wir schon ein paar ganz gute Ideen haben."
+++ Wagner über eine Hackordnung +++
Wagner: "Hierachie ist wichtig, wenn sich trotzdem jeder für alles verantwortlich fühlt. Hierachien werden mit Konstanz aufgebaut. Deswegen ist das das Erste, das entwickelt werden muss."
+++ Schneider zu möglichen Abgängen +++
Nabil Bentaleb und Hamza Mendyl werden den FC Schalke verlassen, bestätigt Schneider. Auch Yevhen Konoplianka wird gehen. Zumindest versuchen alle drei Spieler, zur kommenden Saison einen neuen Verein zu finden.
+++ "Rauchen nicht erlaubt und trinken auch nicht!" +++
Wagner über Disziplin: "Rauchen nicht erlaubt und trinken auch nicht! Nein, am Ende bin ich eher Überzeugungstäter. Ich überzeuge die Menschen gerne, mit denen ich zusammenarbeite. Du muss einen Zugang zu den Menschen finden und ich hoffe, dass mir das auch hier gelingen wird."
+++ Wo sind die Schwachstellen im Kader? +++
Wagner: "Es gibt nicht den Schwerpunkt, es gibt auch nicht die eine Lösung. Wir haben extremst viele Sachen, die wir abarbeiten können. Das ist genau das, was die Sache so spannend macht. Du hast unheimlich viele Schrauben, an denen du drehen kannst."
+++ Wie ist die Bestandsaufnahme des Schalker Kaders, Herr Wagner? +++
Wagner: "Wir sind sicher schon 18 Wochen in Kontakt und dabei, uns einen Überblick zu schaffen. [...] Ich wusste schon zum Ende der letzten Saison, was ich tun werde und habe schon Gespräche mit einzelnen Spielern geführt, um ein bisschen Einfluss zu nehmen, was die Trainingsgestaltung im Urlaub betrifft, etc. Aber es ist alles andere als erledigt."
+++ Wagner über Gespräche mit Klopp seit dem CL-Finale +++
Wagner: "Ich war in Madrid und habe ihn nach dem Spiel gesehen. Wir hatten nur einen kurzen Chat und eine Umarmung. Wir haben ein paar Mal gesprochen, während er im Urlaub war. Aber er braucht jetzt seine Pause." Sein Wechsel zum FC Schalke sei "eine gute Entscheidung" gewesen, habe Klopp ihm gesagt, erklärte Wagner.
+++ Wofür stehen Sie als Trainer, Herr Wagner? +++
Wagner: "Ich glaube, es ist wichtig, zu malochen und nicht zu reden."
+++ Wagner über seine Vorgänger +++
Wagner: "Mit Huub habe ich telefoniert, wir haben uns getroffen. Das war sehr erkenntnisreich. Ich habe extrem viele Gespräche geführt, nicht nur mit Huub."
+++ Wagner über Ziele +++
Wagner: "Ich glaube, jetzt über Ziele zu sprechen, ist totaler Quatsch. Vor allem, weil wir noch keine Mannschaft stehen haben und das Transferfenster noch geöffnet ist. Wenn ich ein Ziel formuliere, limitiere ich mich selber. Es ist auf jeden Fall angebracht, Fußball zu spielen, der die Leute wieder anspricht."
+++ Wagner über seinen Plan +++
Wagner: "Unheimlich wichtig ist, dass wir alle dafür sorgen, dass wir die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen. Man sollte nicht dahinkommen, dass man alles in die Tonne klopft. Dass die Mannschaft Schwierigkeiten hatte, ist keine Frage. Wir müssen dafür sorgen, dass eine Mentalität entsteht, die Lust auf Arbeit macht. Du kannst aber nur fordern, wenn du gibst. Deswegen geht es für uns erst einmal darum, zu geben."
+++ Wagner hat das Wort +++
Wagner: "Glück auf auch von meiner Seite. Einige von Euch sind scheiße alt geworden, muss ich sagen. Ich brauche nicht zu sagen, wie wahnsinnig happy und stolz ich bin, wieder hier zu sein. Hier mit anzupacken, in diesem Team. Was ich weiß ist, dass es ganz sicher so ist, dass es viel mehr zu arbeiten und viel, viel weniger zu reden gibt. Ich freue mich, wieder loslegen zu können. Ich bin froh, wieder zurück im Ruhrgebiet zu sein."
+++ Reschke über Schalke und Neuzugänge +++
Reschke: "Schalke war für mich immer ein Verein mit einer wahnsinnigen Seele. Deshalb ist es eine große Verantwortung und eine große Herausforderung. [...] Was den Kader angeht, ist ein hartes Rennen um jeden interessanten Spieler im Gange. [...] Abschließend noch zwei Sätze: Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich mich in Zukunft nicht mehr öffentlich äußere. Das ist ein ausdrücklicher Wunsch von mir. Ich werde weder heute noch in Zukunft Stellung zu Transfergerüchten nehmen. Das ist heute eine absolute Ausnahme."
+++ Reschke spricht +++
Reschke begrüßt die Runde mit einem standesgemäßen "Glück auf"! "Ich bin sehr dankbar, hier sitzen zu dürfen. Die Zusammenarbeit in den letzten Wochen war fantastisch. Was Schalke 04 bedeutet, weiß jeder. Ein kurze Episode, die ich erlebt habe: Die erste Begegnung mit Schalke war durchaus kritisch und hinterfragend. Und dann ging es nachher an die Theke. Und da muss ich sagen: Da haben wir alle kräftig geträllert. Da war eine Wucht und ein Charme, der rüberkam, der mich begeistert hat."
+++ Schneider über David Wagner +++
Schneider: "Sein aktiver, nach vorne gerichteter Fußball, sein Fußball, der darauf ausgerichtet ist, dass die Spieler Lust haben, Zweikämpfe zu bestreiten, haben den Ausschlag für David Wagner gegeben. Wir haben die Spiele von Huddersfield viele Stunden analysiert. Auch seine Persönlichkeit, seine offene Art, seine Fähigkeit, Menschen zu begeistern, haben uns dazu gebracht, David Wagner für den FC Schalke zu gewinnen. Darüber hinaus ist es ihm immer gelungen, Mannschaften zu formen und das Team um das Team herum aufzubauen. Außerdem hat er es immer geschafft, Mannschaften besser zu machen."
+++ Lob für das neue Team +++
Schneider zum neuen Team: "Michael Reschke bringt die Erfahrung von über 40 Jahren Bundesliga mit. Michael kennt das Geschäft wie kein zweiter. Er ist mit allen Wassern gewaschen. Sein Gespür für Spieler ist phänomenal. Schon die ersten vier Wochen sind ganz exzellent angelaufen."
Schneider über Sascha Riether: "Er wird das Trainerteam unterstützen und als Bindeglied zwischen der Mannschaft und uns dienen. Ale ehemaliger Bundesligaspieler ist er prädestiniert für diese Aufgabe."
+++ Aufarbeitung der letzten Saison abgeschlossen +++
Jochen Schneider zur letzten Saison: "Wir haben die letzten Saison deutlich und in aller Ausführlichkeit diskutiert und analysiert. Es ist deutlich geworden, warum unser Verein in so eine Krise gerutscht ist. Es macht aber keinen Sinn, die Gründe öffentlich auszuführen. Das sind Themen, die intern bleiben müssen. [...] Wir freuen uns, einen neuen FC Schalke im sportlichen Bereich aufbauen zu können. Wir werden alles dafür tun, den Verein wieder in sicheres Fahrwasser führen zu können."