02.05.2019 15:40 Uhr

Die 2010er: Rapids glanzloseste Dekade

Im Rapideum gähnt ein schwarzes Loch
Im Rapideum gähnt ein schwarzes Loch

22.000 Rapidler traten am Mittwochabend den Kondukt der begrabenen Hoffnung in Richtung Wien an. Die 0:2-Finalniederlage gegen RB Salzburg hinterlässt tiefe Spuren in der Historie des einst so stolzen Vereins. Denn nun ist es amtlich: Die 2010er sind das erste Jahrzehnt, in dem die Hütteldorfer ohne Silberware bleiben. Das hat es in der 120-jährigen Vereinsgeschichte noch nie gegeben.

Die Salzburger Dominanz in diesem Zeitraum ist mit 14 von 20 Trophäen unübersehbar (der Gewinn der aktuellen Meisterschaft wird dabei nur als Frage der Zeit angesehen). Sturm Graz, die Wiener Austria, SV Ried und Pasching holten die restlichen Teller und Häferln.

Kein einziger Pokal wurde von der Rapid-Kampfmannschaft gewonnen. Sieben Trainer und fünf Sportdirektoren waren in diesem Zeitraum tätig. Es wurden Leute von den eigenen Reihen rekrutiert und es wurden Leute von außen geholt - und dennoch verstaubt die Vitrine im Rapideum.

Zahlreiche Verantwortliche wurden gegangen. Einige wie etwa Helmut Schulte oder Alfred Hörtnagl hörten freiwillig auf. Über ein entspanntes Arbeitsklima berichtete im Nachhinein keiner.

"Rapid war als ganzer Verein vergiftet", meinte etwa Schulte nach seinem Abgang. "Rapid war mit Abstand mein schwierigster Verein", gab der scheidende Fredy Bickel erst kürzlich im "Standard" zu Protokoll.

Seit dem Abgang von Hörtnagl im April 2011 betrug die durchschnittliche Halbwertszeit eines Sportdirektors zwei Jahre. Die Bezeichnung Schleudersitz ist dabei vielleicht zu hoch gegriffen, langfristiges Vertrauen sieht bei so einer strategischen Position allerdings anders aus.

Punktueller Erfolg ist vorhanden

Dabei ist ja auch nicht alles schlecht, was Rapid in dem Jahrzehnt gezeigt hat. Das beweisen vor allem die Performances auf internationalem Boden. Sechs Mal standen die Grün-Weißen bislang in der Gruppenphase der Europa League, zwei Mal durften sie dabei sogar überwintern. Der aktuell 63. Platz im UEFA-Ranking ist auch ein guter Indikator dafür. Und gleichzeitig verdeutlicht er ein großes Problem des Rekordmeisters.

Punktuell kann Rapid nämlich die Leistung abrufen. Das hat nun auch die eigentlich starke Vorstellung im Cupfinale unterstrichen. Über einen längeren Zeitraum hinweg fehlt allerdings die Konstanz. Die Durchschlagskraft und Kompromisslosigkeit gegenüber kleineren Vereinen, gemessen am Budget ist das jeder Klub außer Salzburg, ist abhanden gekommen.

"Als Team sind wir angriffslustig, dynamisch und wählen stets den direkten Weg zum Ziel", heißt es im Leitbild, das eher ein Lippenbekenntnis ist. Die Absenz eines kaltblütigen Torjägers ist dabei nur eines von vielen augenscheinlichen Merkmalen. Die grün-weißen Stürmer konnten seit 22 Jahren nicht mehr den Schützentitel erlangen, seit 2015 übertraf zudem kein Angreifer mehr die Marke von zehn Toren.

Nun kommt bald ein neuer Sportdirektor. Nun kommt bald ein neuer Präsident. Ein Neustart, der wieder einmal eine langfristige, durchgängige Ära einleiten soll. Ob die Namen nun Zoran Barišić und Martin Bruckner heißen oder anders, sie werden gut beraten sein, wenn sie aus den Fehlern ihrer Vorgänger lernen. Denn ob der "Mythos Rapid" auch die 2020er ohne glänzendes Geschirr überlebt, ist fraglich.

Aus Klagenfurt berichtet Johannes Sturm

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