Suche nach nächstem Sancho: Talentejagd in der Bundesliga

Den neuen Jadon Sancho finden, ansonsten viel nachjustieren - im Wintertransferfenster pokern die Vereine wieder bis zur letzten Minute.
"Abholen - Pick up", stand auf dem Schild, und Christian Heidel holte wirklich ab. Zwar gönnte sich der Manager von Schalke 04 beim Schnell-Imbiss im Düsseldorfer Flughafen keinen Eimer voller Chicken Wings, aber: er nahm am Fast-Food-Stand einen brandheißen Flügelspieler in Empfang. Auch den Schalkern bietet der umkämpfte Wintertransfermarkt eine Chance zur Talentejagd und - je nach Tabellenstand - mehr oder weniger hektischen Nachjustierung.
Rabbi Matondo, 18 Jahre alt, von Manchester City, der am Montagabend in Deutschland landete, steht für die Hoffnung vieler Vereine, dabei einen ähnlich genialen Volltreffer zu landen wie der BVB im Sommer 2017 mit Jadon Sancho (damals 17, von Manchester City). Matondo soll sieben bis zwölf Millionen Euro kosten.
Der FC Bayern hingegen muss auf Callum Hudson-Udoi (18, FC Chelsea) mindestens monatelang warten: Die Blues stellten dem allzu offensiv werbenden Rekordmeister ein Stoppschild in den Weg. Immerhin kam das kanadische Juwel Alphonso Davies (18, Vancouver Whitecaps).
Der BVB zockt im Talentepoker auch wieder mit: Sein argentinischer Innenverteidiger Leonardo Balerdi kostete 16 Millionen und ist auch erst 20.
Ausgaben im Winter vergleichsweise bescheiden
Die bisherigen Winter-Ausgaben der 18 Bundesligisten nehmen sich mit 61,9 Millionen Euro dennoch vergleichsweise bescheiden aus. Die Summe von 112,3 Millionen aus dem Rekord-Winter '16/'17 wird höchstwahrscheinlich unerreicht bleiben, möglicherweise auch die Vorjahresmarke von 74,9 Millionen. Die 20 Klubs der englischen Premier League hatten bis zum Dienstagmittag hingegen 138 Millionen Euro investiert, die Bundesligisten weniger als Erstligisten aus Italien, Frankreich, China oder Brasilien.
Interessant ist auch der Blick auf die Einnahmeseite mit insgesamt etwas mehr als 80 Millionen Euro: Der teuerste Abgang (Christian Pulisic zu Chelsea) brachte dem BVB 64 Millionen ein, also knapp mehr als die Gesamtausgaben der 18 Vereine. 2017/18 hatten die Dortmunder schon 63,7 Millionen für Pierre-Emerick Aubameyang eingenommen.
Die meisten anderen Klubs können von diesen Dimensionen nur träumen. Mannschaften aus dem Mittelfeld werden punktuell oder auch gar nicht (FSV Mainz 05, Bayer Leverkusen) verstärkt, die Abstiegskandidaten zocken häufig bis zur letzten Minute, wenn Berater oder Klubs der potenziellen Zugänge die Nerven verlieren. Champions-League-Anwärter Borussia Mönchengladbach verzichtete freiwillig. Bis zum Donnerstag um 18.00 Uhr kann noch ge- und verkauft werden.
Leipzig zahlt 19 Millionen Euro für Haidara
Das Schlusslicht 1. FC Nürnberg beispielsweise ist auf der Sichtung nach Profis in allen Positionen - bisher kam niemand. Fortuna Düsseldorf hält eine "signifikante Summe" bereit, doch der Transfer des polnischen Stürmers David Kownacki (Sampdoria Genua) stockt, weil ein Teamkollege sich das Wadenbein gebrochen hat. Der FC Augsburg musste gar den Brasilianer Caiuby suspendieren, der wochenlang nicht zum Training erschien. Dafür stellte der FCA einen sehr prominenten Co-Trainer vor: Jens Lehmann.
Aus dem Schema fällt der Tabellen-16. VfB Stuttgart, der elf Millionen Euro für Ozan Kabak von Galatasaray Istanbul investierte. Die größte Summe allerdings nahm RB Leipzig (4.) in die Hand, oder besser gesagt: Die größte Summe wurde konzernintern überwiesen. 19 Millionen Euro gingen für den jungen Malier Amadou Haidara an die österreichische Red-Bull-Filiale Salzburg.
Sarri-Schelte in Richtung FC Bayern
Der FC Bayern hingegen scheint sich an Hudson-Udoi vorerst die Finger verbrannt zu haben. "Über einen Spieler zu sprechen, der bei Chelsea noch unter Vertrag steht, ist nicht professionell. Sie respektieren unseren Klub nicht", schimpfte Teammanager Maurizio Sarri in Richtung Säbener Straße. Bayern-Sportdirektor Hasan Salihamidzic ("Wir wollen ihn unbedingt") hatte sich ungewöhnlich deutlich geäußert.
Eine Überraschung bahnt sich auf der Abgangsseite an. Sandro Wagner, ehemaliger Nationalstürmer, soll es angeblich zu Tianjin Teda ziehen. Auch chinesische Vereine erhoffen sich eben: Winter-Volltreffer.