09.08.2018 14:40 Uhr

Doch nur ein Klub: So verspielt Barca den guten Ruf

Transfer-Skandale lassen guten Ruf des FC Barcelona bröckeln
Transfer-Skandale lassen guten Ruf des FC Barcelona bröckeln

Der FC Barcelona galt lange als einer der "Guten" im internationalen Fußball. Das umstrittene Transfergebaren der Katalanen in letzter Zeit lässt den Ruf jedoch bröckeln. Exemplarisch dafür stehen auch die Verpflichtungen von Coutinho, Ousmane Dembélé und Neymar.

"Més que un club": Der FC Barcelona hat sich auf die Fahnen und in monumentalen Lettern ins Camp Nou geschrieben, mehr sein zu wollen als ein gewöhnlicher Fußballverein.

"Wir sind mehr als ein Klub, weil wir glauben, dass Werte wie Bescheidenheit, Fleiß, Teamwork und Respekt für unsere Art zu spielen genau so wichtig sind, wie zu gewinnen", heißt es auf der Homepage der Vereins. "Wir wollen nicht nur die größten Spieler anziehen, sondern in der Jugendakademie La Masia Menschen ausbilden, die auf und neben dem Feld herausstechen."

Doch diese Grundsätze scheinen den handelnden Personen bei Barca immer weniger zu bedeuten. Bei den Geschäften des Klubs auf dem Transfermarkt ist zuletzt nicht mehr viel von Bescheidenheit und Respekt zu erkennen.

Der Nachschub aus dem eigenen Nachwuchs stockt. Um den Abgang von selbst ausgebildeten Vereinlegenden wie Andrés Iniesta und Xavi aufzufangen, werden immer häufiger teure externe Neuzugänge geholt. Die Regeln des guten Anstands verletzt das Barca-Management dabei ein ums andere Mal.

Werben um Coutinho gegen den Willen Liverpools

Ein Beispiel dafür ist die Verpflichtung von Philippe Coutinho. Der Brasilianer kam im Januar 2018 für 150 Millionen Euro vom Liverpool FC. Im Sommer zuvor hatten die Reds dem Werben Barcas um den Offensivstar noch den Riegel vorgeschoben.

Der Klub um Teammanager Jürgen Klopp blieb hart, obwohl Coutinho sich wochenlang mit ominösen Rückenproblemen vom Training abmeldete, um einen Wechsel zu forcieren.

Wie dreist die Barca-Verantwortlichen die Absage der Engländer ignorierten, geht aus Dokumenten vor, die der "Spiegel" zusammen mit dem Portal "Football Leaks" veröffentlicht hat.

"Philippe ist leider zu keinem Preis zu verkaufen, und wie Sie wissen, hat er seinen Vertrag mit uns erst vor Kurzem verlängert", schrieb Liverpools Sportdirektor Michael Edwards an Barça-Vorstandschef Òscar Grau.

Weil Grau das Werben um den LFC-Profi aber nicht einstellte, wurde Edwards deutlicher. "Ich möchte Sie freundlich bitten, es zu unterlassen, Philippe sowohl privat als auch öffentlich nachzustellen. Keine Summe wird uns dazu bringen, unsere Entscheidung rückgängig zu machen", heißt es in einer zweiten Mail.

Für ein paar Monate ließen die Katalanen schließlich vom Objekt der Begierde ab. Dann tüteten sie den Transfer ein.

BVB in der Causa Dembélé sauer auf Barca

Auch Borussia Dortmund wollte Ousmane Dembélé eigentlich nicht gehen lassen. Doch weil der junge Franzose im Sommer 2017 unbedingt zu Barca wollte, streikte er sich aus seinem Vertrag bei den Schwarz-Gelben heraus - mit Rückendeckung der Katalanen, wie BVB-Geschäftsführer Aki Watzke argwöhnte.

"Das glauben Sie doch selbst nicht, dass ein 20-Jähriger nicht zum Training kommt, ohne das Wohlwollen des möglicherweise aufnehmenden Klubs", klagte der Klub-Chef im Gespräch mit "Sky". Letztlich ließ die Borussia Dembélé ziehen - immerhin für eine neue Bundesliga-Rekordablöse.

Stinksauer auf Barca ist aktuell auch die AS Rom. Die Italiener glaubten, das brasilianische Offensiv-Juwel Malcom von Girondins Bordeaux verpflichtet zu haben. Der 21-Jährige saß schon fast im Flieger in die Ewige Stadt.

Barca funkte dazwischen und überbot die Offerte der Roma. Präsident James Pallott bezeichnete das Verhalten des spanischen Meisters als "unmoralisch und unethisch".

Es spricht auch nicht für die Katalanen, dass Atlético Madrid sich unlängst bei der FIFA über eine zu frühzeitige und deswegen illegale Kontaktaufnahme zu Superstar Antoine Griezmann beschwerte - auch wenn der Franzose den Lockrufen aus Katalonien im Gegensatz zu Coutinho und Co. nicht erlag.

Neymar-Deal als "Mutter aller Transfer-Skandale"

Die "Mutter aller Transfer-Skandale" Barcas war jedoch die Verpflichtung von Neymar im Sommer 2013. Die "Welt" schrieb von einer "Affäre um Geheimverträge, Mauscheleien und verdeckte Transferzahlungen".

Barcas damaliger Präsident Sandro Rosell musste wegen der Geschichte um den inzwischen für eine Weltrekord-Summe nach Paris weiterverkauften Brasilianer seinen Hut nehmen.

Der spanische Fiskus nahm den Deal unter die Lupe und forderte hohe Nachzahlungen. Rosell und seinem Nachfolger Josep Maria Bartomeu drohten Gefängnisstrafen wegen Falschangaben.

Weil der Klub aber in einen Vergleich einwilligte, wurden die Verfahren gegen die beiden eingestellt. Bartomeus trockenes Fazit: "Wir würden Neymar heute wieder unter Vertrag nehmen. Allerdings würden wir einige Berater auswechseln."

Sebastian Ernst

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