25.06.2018 12:59 Uhr

Nigerianer Idowu vor Rückkehr in die "Rassismus-Hölle"

Bryan Idowu hatte schwere erste Jahre in Russland
Bryan Idowu hatte schwere erste Jahre in Russland

Bryan Idowu wurde in St. Petersburg geboren, wuchs dort auf - aber fühlte sich immer fremd. Nun kehrt er an den Ort zurück, an dem ihm einst Rechtsradikale das Leben zur Hölle machten.

Bryan Idowu rannte, so schnell er nur konnte. Hinab in den dunklen Untergrund von St. Petersburg, hinein in die nächste Metro. Erst, als sich die Türen zwischen ihm und seinen von Fremdenhass getriebenen Verfolgern schlossen, fühlte sich der Junge sicher. Die Gefahr war gebannt - vorerst.

"Vater und Mutter hatten ständig große Angst um mein Leben", sagt der 26-Jährige rückblickend, "und ich natürlich auch". Am Dienstag wird Idowu mit den traurigen Tagen seiner Kindheit wieder konfrontiert, wenn er mit der nigerianischen Fußball-Nationalmannschaft nach St. Petersburg zurückkehrt. Das Spiel der Super-Adler gegen Argentinien ist für ihn mehr als nur ein Kampf um das WM-Achtelfinale.

Ultragruppierung verhindert Sprung zu den Profis

Idowu wurde am 18. Mai 1992 als Sohn eines nigerianischen Vaters und einer russisch-nigerianischen Mutter in der Millionenstadt geboren. Nach einem kurzen Aufenthalt im Ausland kehrte die Familie zurück, dank der guten Sprachkenntnisse integrierte sich Idowu schnell. Die größte Hilfe war allerdings der Fußball, 1999 trat er der Nachwuchsakademie von Zenit St. Petersburg bei.

Nicht wenige Leute, erinnert sich Idowu heute, "waren felsenfest davon überzeugt, dass ich bei den Profis der erste dunkelhäutige Spieler sein würde". Das Talent stützte diese These zweifellos, und in einem anderen Land oder einer anderen Stadt hätte sich der Traum wahrscheinlich auch erfüllt. In Russland, in St. Petersburg jedoch nicht - vermutlich auch, weil die Ultragruppierung Landscrona zu viel Macht besaß.

Die wandte sich unter anderem 2012 in einem Offenen Brief an den Klub und forderte die Vereinsführung auf, keine dunkelhäutigen oder homosexuellen Spieler zu verpflichten. In den Farben von Zenit, so lautete die idiotische Begründung, fände sich schließlich auch kein Schwarz wieder.

"Die meisten Menschen in Russland haben eine positive Einstellung"

Idowu hatte zu diesem Zeitpunkt längst begriffen, dass er das Glück in seiner Geburtsstadt nicht finden würde. Schon 2010 war er deshalb zu Amkar Perm gewechselt, wo er noch heute spielt. Die ersten Gehversuche in Sibirien waren jedoch auch alles andere als einfach. Ein gewisser Stanislav Cherchesov sah in Idowu keinen Nutzen - was wohl auch erklärt, warum er mittlerweile für Nigeria und nicht für Russland spielt.

Denn anders als der heutige Sbornaja-Coach war Nigerias deutscher Trainer Gernot Rohr hellauf begeistert von Idowu. Vor allem die außergewöhnliche Flexibilität des Defensivspezialisten tat es Rohr an, in der Abwehr kann Idowu praktisch auf jeder Position eingesetzt werden.

Genugtuung verspürt er in diesen Tagen nicht, selbst Affenlaute und wüste Beschimpfungen in den Stadien hat Idowu nie persönlich genommen. "Die meisten Menschen in Russland haben ja auch eine positive Einstellung und sind der Meinung, dass Rassismus falsch ist", sagt er. Der Minderheit, die das noch immer nicht begriffen hat, ist Idowu längst entkommen. Endgültig.

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