VAR-Zoff: 96 sieht "Höhepunkt der Ungerechtigkeit"

Erst am 22. März wurde der dauerhafte Einsatz des Videobeweises mit nur einer Stimme Enthaltung beschlossen. Mit dieser Einigkeit der Fußball-Bundesligisten ist es schon wieder vorbei.
Der "Videofrieden" hielt exakt zehn Tage. Wer geglaubt hatte, dass der Streit um den Videobeweis mit dem eindeutigen Votum für seinen dauerhaften Einsatz in der Fußball-Bundesliga vorbei wäre, wurde schnell eines besseren belehrt. Nur eineinhalb Wochen nach dem Beschluss der 18 Klubs bei nur einer Enthaltung, hat Hannover 96 die Diskussion neu entfacht.
Der Aufsteiger hat als Folge des umstrittenen Videobeweis-Einsatzes in der Partie am Samstag gegen RB Leipzig (2:3) eine Beschwerde-Mail an den Deutschen Fußball-Bund und die Deutsche Fußball Liga geschrieben. In der Mail an Schiedsrichter-Boss Lutz Michael Fröhlich und DFL-Direktor Ansgar Schwenken, die auch Video-Sequenzen enthält, fordern die Niedersachsen Stellungnahmen zu insgesamt zehn Szenen des Spiels.
"In diesem momentanen Zustand ist es nicht akzeptabel"
"Bis vor kurzem waren wir klarer Verfechter des Videobeweises, auch wenn wir einige Male klar benachteiligt wurden. Jetzt rücken wir von der Position ab. Es geht um die Willkür. In diesem momentanen Zustand ist es nicht akzeptabel", sagte Hannovers Manager Horst Heldt bei "Sport1": "Wegen der Häufigkeit der offensichtlichen Fehlentscheidungen in diesem Spiel haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen. In anderen Thematiken werden die Vereine zu Stellungnahmen aufgefordert - jetzt erwarte ich das Gleiche."
Der Zorn Heldts ("Es ist einfach scheiße") entzündete sich vor allem an der Entscheidung, das zunächst von Schiedsrichter Guido Winkmann gegebene Tor zum 3:3 durch Niclas Füllkrug (82.) zurückzunehmen - nach dem Eingreifen des Video-Assistenten Robert Kampka. Zudem waren laut Heldt die ersten beiden Tore der Leipziger irregulär.
Winkmann erklärt Abseitssituation
"Das Tor ist gefallen, ich habe auch zur Mitte gezeigt, dann kam aus Köln die Information, dass eine Abseitsposition vorgelegen hat", sagte Winkmann bei "Sky": "Ich habe mich dann selbst überzeugt und bin rausgegangen. Dort hat man mir ein Standbild gezeigt, wo ich dann auch erkannt habe, dass eine Abseitsposition vorliegt und deswegen ist das Tor zurückgenommen worden. Am Ende des Tages war es ein klares Abseits."
Diese Auffassung wird von Heldt allerdings nicht geteilt - ganz im Gegenteil. "Es steht eindeutig in den Statuten des DFB, wann der Video-Assistent sich einschalten darf - und wann nicht. Nämlich nur bei klaren und eindeutigen Fehlentscheidungen", äußerte der Sportchef: "Jetzt sind wir glaube ich alle einer Meinung, dass diese Szene nicht unter dieses Kriterium fällt. Unabhängig, dass die Kalibrierung nur beim Fernsehen zugelassen ist, und nicht in Köln - ist es eben nicht eindeutig. Und da fängt die Ungerechtigkeit und der Zorn an."
"Höhepunkt der Ungerechtigkeit erreicht"
Zusätzlich bringt die uneinheitliche Auslegung Heldt auf die Palme. "Eineinhalb Stunden nach unserem Spiel rennt Robert Lewandowski aus einer Abseitsstellung heraus alleine aufs Tor zu. Der Treffer wird gegeben, es gibt keinen Hinweis aus Köln, es wird nicht kontrolliert", sagte der 48-Jährige mit Blick auf die Partie zwischen Bayern München und Borussia Dortmund (6:0): "Ich kann mich nicht einmal einmischen - und einmal nicht. Mit unserem Spiel gegen Leipzig und der Partie in München wurde der Höhepunkt der Ungerechtigkeit erreicht."
Damit könnte Heldt wiederum falsch liegen. Schließlich hat das Council des Weltverbands FIFA den Einsatz des technischen Hilfsmittels, das Anfang März in das offizielle Regelwerk aufgenommen wurde, bei der WM-Endrunde in Russland beschlossen. Der große Ärger auf der ganz großen Bühne scheint programmiert.