Zlatan ist gelandet: Zaubert Ibrahimovic in L.A.?

Mit einer hollywoodreifen Bestätigung per Zeitungsanzeige, einem Titel-Versprechen und einer rekordverdächtigen Gehaltseinbuße ist Zlatan Ibrahimovic in den USA gelandet. Das Mundwerk ist groß wie eh und je, doch ist Zlatan auch sportlich noch der alte? Schon am Samstag könnte der Schwede im ersten Stadtderby der Geschichte zwischen seinen Galaxy und dem FC Los Angeles sein Debüt in der MLS geben.
An Selbstüberzeugung mangelt es Ibrahimović auch im hohen Fußballeralter von 36 Jahren eindeutig nicht. "Wenn ich in den USA spiele, passt es einfach, dass ich zum erfolgreichsten Team der Major League Soccer gehe", sagte er und versprach den Fans große Taten: "Es ist in meiner DNA, Trophäen zu gewinnen."
Die Inszenierung seiner Ankunft war auf jeden Fall schon mal Zlatan pur. Die Galaxy-Fans verfolgten den Flug ihres neuen Superstars im Internet live und ein harter Kern schaffte es sogar auf die Landebahn, um den Hoffnungsträger gleich am Flughafen zu begrüßen.
Die MLS freut sich auf Ibra
Auch in der Major League Soccer ist die Vorfreude auf den schwedischen Superstar groß. Bastian Schweinsteiger, der mit seinen Chicago Fire einer der Gegner von L.A. Galaxy sein wird, freut sich auf das Wiedersehen mit seinem Weggefährten aus United-Zeiten. "Hör auf, mir zu folgen: Erst United, jetzt MLS. Willkommen in der MLS, mein Freund", witzelte der ehemalige Bayern-Kapitän auf Twitter.
Auch Ex-Profi David Beckham, einst selbst einer der ersten großen Namen in der MLS, hält noch immer große Stücke auf Ibra. "Er ist ein Biest. Ich bin einer seiner größten Bewunderer", ließ der Engländer verlauten.
Galaxy-Coach Sigi Schmid ist sich unterdessen ebenfalls sicher, dass Zlatan Ibrahimović sein Team weiterbringt. "Wenn du einen großartigen Spieler aufstellen kannst, hilft das immer", findet der in Tübingen geborene Deutsch-Amerikaner.
Teamkamerad Sebastian Lletget hat schon eine Ahnung, was ein mögliches Debüt des Schweden im Derby am Samstag bewirken könnte. "Es wird verrückt", prophezeit der Mittelfeldmann der Galaxy.
95% weniger Gehalt
Verrückt ist unterdessen auch, was Ibrahimović für finanzielle Einbußen hinnimmt, um in der sportlich bedeutungslosen MLS gegen den Ball treten zu dürfen. Bedingt durch die Gehaltsobergrenze in den USA verdient der 36-Jährige in L.A. Medienberichten zufolge rund 1,2 Millionen Euro im Jahr und damit satte 95% weniger als in Manchester zuletzt.
Das wäre in der Chinese Super League anders gewesen. Immer wieder wurde über ein Interesse chinesischer Klubs berichtet, die angeblich bereit waren, Ibra ein astronomisches Jahresgehalt von 75 Millionen Euro zu zahlen.
Was will ein Zlatan Ibrahimović also in Los Angeles? Fußballerisch kann die Major League Soccer für einen, der bei Vereinen wie Inter, Barça, PSG oder United gespielt hat, keine Herausforderung sein. Zudem ist Fußball in den USA längst nicht so populär, wie auf dem Rest des Planeten.
Mehr Show als Sport
Genau genommen ist gar fraglich, ob Sportfans außerhalb des Galaxy-Dunstkreises in der kalifornischen Metropole überhaupt mitbekommen haben, dass Ibrahimović angekommen ist. Geschweige denn, ob sie wissen, wer dieser Zlatan eigentlich ist.
Soccer, wie sie den Fußball in den USA nennen, steht im öffentlichen Interesse hinten an. Eine ganze Seite widmet man den L.A. Galaxy nur dann, wenn ein Zlatan das selbst in die Hand nimmt und seinen Transfer auf seine Art verkündet: "Liebes Los Angeles, gern geschehen."
Einen Kultstatus wie in Europa hat Ibra in den USA längst nicht. Dennoch passt der schwedische Exzentriker nach Los Angeles. Wo könnte ein Showman wie Zlatan Ibrahimović, der sich selbst gern zum Gott ernennt, sich besser vermarkten als vor den Toren Hollywoods? Dem Rummel, den Stories und nicht zuletzt dem Weiterlaufen der PR-Maschine Ibrahimović wird der Wechsel also keinen Abbruch tun. Im Gegenteil.
Nur eine beidseitige PR-Maßnahme?
Ob Zlatan es auch sportlich nochmal in die Schlagzeilen schafft, bleibt abzuwarten. Seit Dezember hat der Schwede kein Spiel mehr bestritten und scheint nach einer schweren Knieverletzung weit entfernt von alter Form.
Fußballexperten von "ESPN" fragten unlängst: "Hat Ibrahimovic noch die physische Power, mit der er über ein Jahrzehnt lang die Topligen dominiert hat? Oder hat sich L.A. einen abgewrackten 36-Jährigen geangelt, der kaum ein Jahr nach seiner schweren Knieverletzung nicht mehr auf seine körperlichen Gaben zählen kann?"
Sicher kann ein gesunder Zlatan Ibrahimović in der sportlich unterentwickelten MLS seine Tore machen und den zuletzt schwächelnden US-Rekordmeister wieder auf Touren bringen. Doch auf für Galaxy dürfte die Verpflichtung des 36-Jährigen unter dem Strich mehr eine Investition ins Marketing als in die sportliche Zukunft sein.
Eine erste sportliche Antwort könnte Ibra schon am Samstag im Premierenderby von Los Angeles geben. Coach Sigi Schmid hält einen Einsatz seines neuen Stars für denkbar. "Wenn Sie mich fragen, ob er am Samstag fit für 90 Minuten ist, nein. Aber ob er in der Partie eine Rolle spielen wird? Gut möglich."
Lennart Wegner