"Serienmeister" Coman: Der Langzeit-Geniestreich

In drei Spielen unter Jupp Heynckes gehörte Kingsley Coman stets zur Startformation des FC Bayern, erzielte einen Treffer und legte zwei weitere Tore auf. Der 21-jährige Franzose blüht plötzlich auf, Abwanderungsgedanken sind Geschichte, Zweifel an einer goldenen Zukunft in München verflogen.
"Ich weiß, dass der Klub in Zukunft voll auf mich baut. Ich bin noch jung und Franck Ribéry und Arjen Robben sind eben älter", brachte Coman seine Situation unlängst gegenüber "Sky" auf den Punkt und trifft damit voll ins Schwarze.
Zwar betonte der 33-Jährige Robben zuletzt, dass Alter "nur eine Zahl" sei und Ribéry sorgt mit seinen 34 Lenzen durchaus noch für mulmige Gefühle bei seinen Gegenspielern, klar ist dennoch, die Zukunft des FC Bayern werden die beiden Altstars zunehmend als Ergänzungsspieler und Mentoren prägen. Die Verträge des Duos laufen im Sommer aus, die Devise der FCB-Granden lautet, mit über 30-Jährigen nur im Ein-Jahres-Rhythmus zu verlängern.
In weiser Voraussicht lockte Bayern Coman 2015 von Juventus Turin an die Säbener Straße - mit geringem Risiko. Der Youngster wurde für überschaubare sieben Millionen Euro für zwei Spielzeiten auf Leihbasis verpflichtet, ein Vorkaufsrecht über weitere 21 Millionen Euro vereinbart. Diese zogen die Münchner kurz vor Ablauf der Frist Ende April 2017 und banden das Top-Talent so bis 2020.
Scholl wettert gegen Coman
Ein Zeitpunkt, zu dem allerdings auch Zweifel kursierten, dass das unbestrittene Talent Comans ausreicht, um den Bayern weiterzuhelfen. "Hilft dir ein Costa, hilft dir ein Coman, hilft dir Sanches weiter? Ich glaube nicht", wetterte Ex-Bayern-Spielmacher Mehmet Scholl nach dem Pokalaus des Rekordmeisters gegen Borussia Dortmund - Costa und Sanches suchen ihr Glück inzwischen inzwischen in der Ferne. Und auch Coman zweifelte nach einer durchwachsenen Saison an einem Fortbestand seines FCB-Engagements.
"Ich habe darüber nachgedacht, den Verein zu verlassen", gestand der Akteur aus der Jugend von Paris Saint-Germain Ende Mai im "kicker". Die Saison unter Carlo Ancelotti hätte sich "kompliziert" für ihn gestaltet. Nach seinen Verletzungsproblemen - zwei Auszeiten zwangen Coman bei über zehn Spielen zum Zuschauen - habe vielleicht "auch ein wenig das Vertrauen des Trainers gefehlt." Gerüchte um 60-Millionen-Euro-Offerten aus England schossen umgehend ins Kraut, Coman blieb.
Eine Entscheidung, die der Youngster nicht bereut. Nachdem er kurz nach Saisonbeginn hervorhob, kein "besonderes Verhältnis" zu Ancelotti oder Pep Guardiola gepflegt zu haben, findet Heynckes nun offenbar auf Anhieb die richtigen Worte. "Der Coach ist stets offen für Gespräche. [...] Ich fühle mich bestens integriert. Und ich versuche sein Vertrauen, das er mir schenkt, mit guten Leistungen zurückzuzahlen", lobte Coman Heynckes gegenüber "bundesliga.de".
Allerdings führte der Nationalspieler auch seine Fortschritte mit der deutschen Sprache und seine wieder vollkommen hergestellte Fitness als Gründe seiner Leistungsexplosion an. "Ich wusste, dass ich einfach Spielpraxis sammeln muss, um mich stetig zu verbessern und dann schließlich mein Potenzial auszuschöpfen. Das ist nun der Fall. Aber nun gilt es auch, diese ansteigende Form Spiel für Spiel abzurufen."
Fünf Jahre, sechs Meistertitel
Die nächste Chance, seine Form unter Beweis zu stellen, bietet sich Coman wohl im Pokal-Kracher gegen RB Leipzig. Aber auch für den Fall, dass die Bullen den Bayern den ersten Dämpfer unter Heynckes' Regie verpassen sollten, macht ein kurioser Fakt in Comans Vita Hoffnung, dass man am Ende der Spielzeit nicht ohne Titel dasteht: Mit 21 Jahren hatte der Pariser seine Finger bereits beim Gewinn von sechs nationalen Meisterschaften im Spiel.
2013 und 2014 sammelte Coman erste Erfahrungen in den Meister-Teams von PSG, nach seinem Wechsel nach Turin holte er 2015 den Scudetto mit Juve und bestritt zudem, unmittelbar vor seinen Abgang nach München, ein Spiel in der 2016er-Meistersaison für die Bianconeri. Mit Bayern folgte der Gewinn der Schale 2016 und 2017.
Neben der Meisterschaft dürfte Coman 2018 allerdings ein weiteres Ziel verfolgen. An der Seite von Kylian Mbappé, Ousmane Dembélé und Co. greift der Flügelflitzer dann nach dem WM-Pokal. Nationaltrainer Didier Deschamps setzte zuletzt zumindest beinahe immer auf Coman, der das erste seiner 14 Länderspiele am 13. November 2015 beim 2:0-Erfolg der Équipe über den DFB bestritt.
Marc Affeldt