21.11.2016 15:08 Uhr

Ex-SGE-Star: Griechischer Fußball am Abgrund

Der griechische Fußball steht am Scheideweg
Der griechische Fußball steht am Scheideweg

Nach nur zwei Wochen als Interimstrainer bei Iraklis Saloniki zog Ionannis Amanatidis die Notbremse und legte sein Amt nieder. Diese Zeit reicht allerdings aus, um ein ver­hee­rendes Urteil über den Ist-Zustand des griechischen Fußballs zu fällen. "Unter den herrschenden Zuständen ist ein erfolgreiches Arbeiten nicht möglich", erklärte der 34-Jährige im "kicker".

Laut den Statuten des griechischen Fußballs hätte Amandatidis sowieso nur zwei Wochen als Interimstrainer tätig sein können. Nichtsdestotrotz habe er "schnell die Entscheidung getroffen, bei Iraklis ganz aufzuhören". Dass der Fußball in Griechenland so seine Schattenseite habe, sei ihm nicht erst seit gestern bewusst gewesen." Doch was ich in dieser kurzen Zeit erlebt habe, hat meine schlimmsten Befürchtungen übertroffen", sagte der ehemalige Bundesliga-Profi, der u.a. für den VfB Stuttgart und Eintracht Frankfurt stürmte.

Und damit spielt Amanatidis nicht nur auf die jüngste Eskalation der Gewalt an, die dazu führte, dass der Spielbetrieb in Griechenland erneut vollständig ruhte. Auslöser war ein Brandanschlag auf die Wohnung eines Schiedsrichter-Funktionärs.

Rundumschlag gegen Klubbosse, Berater, Medien, Trainer und Spieler

Gerade weil er ein "Fußballfanatiker im positiven Sinne" sei, treffe ihn die Situation in seiner Heimat besonders hart. "Ich bin extrem desillusioniert!", gab Amanatidis zu. "Wenn ich sehe, wie er [der Fußball, Anm. d. Red.] in Griechenland von Klubbossen, Beratern, Medien, Trainern und Spielern an die Wand gefahren wird, steigt in mir eine ungeheure Wut hoch."

Für viele Klubeigentümer seien die Vereine zu Spielzeugen verkommen, "für das sie anfangs Geld ausgeben, später aber nichts in die eigene Tasche wirtschaften können. Dann verlieren sie das Interesse." Ist dieses noch nicht erloschen, spiele die extreme Korruption im griechischen Fußball eine große Rolle.

"Dann haben wir noch die Hooligans, die mit ihrem Fanatismus und ihren Gewaltausbrüchen immensen Schaden anrichten." Und auch die Medien tragen in den Augen von Amandatidis dazu bei, dass sich der griechische Klubfußball am Abgrund befindet. Diese würden "kein Messen kennen" und sich mit allem beschäftigen, nur nicht mit dem Sport.

Auswirkungen auf die Spieler sind vorprogrammiert

Amanatidis scheut sich auch nicht konkrete Beispiele aus seinem Ex-Verein zu benennen. "Bei Iraklis hat Klubbesitzer Spiros Papathanasakis längst aufgehört, sich zu kümmern oder Geld zu investieren. Entsprechend geht es im Klub zu, viele Angestellte haben Zukunftsängste. Manager Nikos Kagioulis sucht einen Investor, was angesichts der Gesamtsituation aber schwierig ist. Solange streckt er Gelder vor, um das Ganze so gut es geht am Laufen zu halten."

Das Drunter und Drüber im Umfeld, wirke sich auch auf die Leistung der Spieler aus. In der Mannschaft herrsche nur Verunsicherung. "Zu viele Spieler sorgen sich mehr um ihre Zukunft als um Leistung und Ergebnisse."

Um den griechischen Fußball zu retten, müsse man den "Teufelskreis durchbrechen". Dazu müsste "alles auf null gestellt werden. Harte Einschnitte wären nötig, zu denen es im Moment sicher keine Bereitschaft gäbe", zeichnete der 34-Jährige eine düstere Zukunftsprognose. 

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