Weidenfeller: Fußball-Popstars "befremdlich"

Roman Weidenfeller ist der dienstälteste Spieler bei Borussia Dortmund und geht mittlerweile in seine fünfzehnte Saison beim Champions-League-Teilnehmer. Das Urgestein hat nun auf seine schwierige und mitunter turbulente Anfangszeit, die zahlreichen Umbrüche und auf aktuelle Veränderungen zurückgeblickt.
"Wir wussten nicht, ob wir am nächsten Tag weiterhin für Borussia Dortmund Fußball spielen", das sind die Worte eines Mannes, der schon vieles im Profi-Fußball miterlebt hat. In einem Interview mit dem Fan-Magazin "schwatzgelb" hat der Torhüter einige interessante Einblicke über seine Anfangszeit beim BVB gegeben. Eine Zeit vor dem Weltmeister-Titel, dem Gewinn zweier Meisterschaften und dem DFB-Pokal.
Als Weidenfeller mit 21 Jahren vom 1. FC Kaiserslautern zum damaligen deutschen Meister als Back-up für Stammtorwart Jens Lehmann wechselte, schien die Welt rund um den Borsigplatz noch heile zu sein. "Man war ein großer Verein und ging von sportlichem Erfolg aus", sagte der 35-jährige mit Blick auf die Anfänge des Absturzes des großen BVB. Alles begann mit der verpassten direkten Qualifikation für die Champions-League durch ein Unentschieden gegen bereits abgestiegene Cottbusser am letzten Spieltag der Saison 2002/03. Am Ende stand der Verein durch die katastrophale Finanzpolitik und die verheerende Überschuldung kurz vor dem Ruin.
Der Erfolg gibt einem Recht
Der junge Weidenfeller überstand die Krisenzeit und arbeitete fortan bei der Wiederbelebung seines Vereins mit. Mittlerweile war der Torhüter zum Stammpersonal avanciert und übernahm Verantwortung. Schritt für Schritt kam der BVB zu alter Stärke zurück und schaffte unter Jürgen Klopp sogar das Double im Jahr 2012.
Mit dem Erfolg wuchs gleichzeitig das ganze Umfeld. Durch die Auslagerung des Trainingsgeländes wurden die Bedingungen deutlich verbessert, was allerdings auch zum Abschottungsprozess der Bundesliga-Stars beitrug - ein Kritikpunkt, den vor allem Vollblutfans immer wieder anführen. Weidenfeller sieht diesen Prozess jedoch nicht allzu dramatisch: "Natürlich wird das Trainingsgelände mehr abgeschottet. Es muss weiterhin gewährleistet sein, dass die Mannschaft in aller Ruhe trainieren und sich auf das Wesentliche vorbereiten kann - und das ist der sportliche Erfolg."
Popstar-Kultur im neuen, zweifelhaften Bundesliga-Alltag
Doch nicht nur die Trainingsbedingungen, auch der Umgang mit den Fans haben sich verändert. "Gerade durch die sozialen Medien werden Fußballer immer mehr gepusht und gehypt, quasi zu einer Art Sport-Popstar gemacht. Für mich zum Teil etwas befremdlich, ich bin Fußballer, mitten aus dem Leben, volksnah", meint der Routinier. Bei all den Umbrüchen erkennt er trotzdem das Positive: "Ich glaube, dass man hier in Dortmund in diesen Jahren extrem zusammengewachsen ist. Trotz mancher forcierten Abschottung im Profifußball empfinde ich es immer noch so, dass Dortmund einer der wenigen Vereine ist, wo man als Spieler eine sehr enge Bindung zu den Fans hat."
Während sich Weidenfellers persönliche Zukunft beim BVB bei weitem nicht dem Ende neigt, zeigt sich der Torwart im Hinblick auf die aktuellen Pläne der DFL zur Spieltagserweiterung als deutlicher Kritiker: "Ich halte nichts davon, dass die Bundesliga montags spielt, die Bundesliga gehört zum Samstag." Andererseits halte er die neue Ausrichtung auf den asiatischen und amerikanischen Markt für "sehr wichtig, um die Marke voranzubringen und weiterhin Fans zu gewinnen." Ein Spagat, der nur schwierig zu meistern sein wird.
Der letzte Borusse kann also schon jetzt auf eine lange Zeit im Profifußball zurückblicken. Einen Nachteil haben die vielen positiven Veränderungen dann doch mit sich gezogen: "Es war immer schön, am Rabenloh mit Blick auf das Stadion zu trainieren." Dieser Motivationsschub fehlt dem modernen Zentrum in Brackel. Doch Umbrüche haben einen wie Weidenfeller noch nie aus der Bahn geworfen.