15.07.2016 18:20 Uhr

Studie: Jeder zehnte Fußballprofi ist gedopt

El Bousidi war in seiner aktiven Karriere unter anderem für Mainz 05 im Einsatz
El Bousidi war in seiner aktiven Karriere unter anderem für Mainz 05 im Einsatz

Eine Studie zu verbotenen Substanzen im Profi-Fußball: Klingt interessant. Ist es auch. Und sie bringt neue Erkenntnisse und kann auch dazu führen, dass einige Leistungssportler endlich die Augen öffnen und sich etwas intensiver mit diesem Thema befassen. Ex-Profi Lofti El Bousidi setzte sich seiner Diplomarbeit mit Doping im Fußball auseinander.

Ein ehemaliger Fußballprofi untersucht das Dopingverhalten im Profifußball. Da klingt es nicht sehr weit hergeholt, dass der Verfasser dieser wissenschaftlichen Arbeit während seiner aktiven Zeit auch mit dem Thema in Berührung gekommen ist. "Ja, tatsächlich habe ich mich mit dem Thema schon während meiner eigenen Zeit als aktiver Fußballer befasst", bestätigte der ehemalige Profi vom FSV Mainz 05 der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Ihm sei damals aufgefallen, dass es bei einigen Vereinen wenig oder gar keine Dopingprävention gab. Viele Spieler hätten nicht einmal gewusst, welche Medikamente sie nehmen dürfen und welche nicht. 

El Bousidi sprach Klartext: "Die Realität ist: Im Alltag vertraut man als Spieler ohnehin dem Mannschaftsarzt und fragt nicht ständig nach." Gerade in seiner Zeit als Profi in Spanien und Griechenland - aber auch in Deutschland -  bekam er des Öfteren Infusionen, die ihn sich "schlagartig wieder überragend" fühlen ließen. Später sei er dann in ein umso tieferes Loch gefallen. "Dann hinterfragt man schon, was man da eigentlich bekommen hat."

Soziale Netzwerke erleichterten die Umfragen

Zu seiner Studie mit dem Thema "Eine Analyse des Doping-Verhaltens im professionellen Fußball mit der Randomized Response Technik", die seine Abschlussarbeit in BWL an der Fernuniversität Hagen darstellte, befragte El Bousidi 124 ehemalige Kollegen. Auf die Frage, wie er an die Spieler herangekommen sei, antwortete er: "Zunächst einmal gab es natürlich auch viele Vereine, die mich voll unterstützt haben. Dort wo das nicht so war, habe ich direkt mit den Spielern Kontakt aufgenommen – vor allem über Soziale Netzwerke."

Das Ergebnis: Nach seinen Berechnungen waren im Jahr der Befragung zwischen 14,0 und 29,8 Prozent der befragten Athleten gedopt. Ein ziemlich bemerkenswerter Wert für eine Sportart, die sich in der Öffentlichkeit klar von Doping-Gerüchten abzugrenzen versucht. In Deutschland liegt der Wert - laut der Studie - der gedopten Fußballern zwischen 9,8 und 35,1 Prozent.

El Bousidi beschreibt Doping im Fußball als "dilettantisch untersuchtes Phänomen". Das Komische an der ganzen Sache ist, dass ein ehemaliger Profi das Fußballgeschäft mit den verbotenen Substanzen in Verbindung bringt, nicht aber ein Doping-Experte oder ein anderer Verantwortlicher. Im Profifußball werden jährlich nur eine wenige Doping-Fälle aufgedeckt, laut der Studie gaben allerdings ein Viertel der Sportler an, schon einmal zu den unerlaubten Mitteln gegriffen zu haben. Weiterhin gibt die die Umfrage des Ex-Mainzers Aufschluss über die tatsächlichen Doping-Kontrollen: 43,4 Prozent der Kicker bestätigten, dass sie im Jahr 2014 kein einziges Mal kontrolliert wurden. 50 Prozent der Befragten wurden genau einmal getestet.

"In Deutschland besteht Handlungsbedarf"

In Deutschland habe er ausschließlich Profis aus den ersten drei Ligen befragt - darunter auch Profis von sechs Bundesligaklubs. Seine guten privaten Kontakte machten auf Umfragen in Schweden und Spanien möglich. El Bousidi kam zu folgendem Ergebnis: "Während in Schweden die Dopingprävention schon sehr gut funktioniert, besteht in Deutschland noch Handlungsbedarf. In Spanien ist es sogar extrem. Wie ich es vor Jahren selbst erlebt habe, ist es bis heute: Viele Spieler wissen nicht, was sie nehmen dürfen und was nicht."

Der ehemalige Fußballprofi fordert abschließend "mehr Tests und mehr Aufklärung". "In keinem Fußballverein gibt es eine Art Doping-Unterricht, in dem die gesundheitlichen und moralischen Aspekte erläutert werden", sagte er der "FAZ". Er konnt etwas Abstand zum Profisport gewinnen und gab im Nachhinein offen zu: "Als Sportler bist du so auf den Erfolg fokussiert, das es zur Sucht wird: alles für den Erfolg zu tun, wirklich alles."

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