18.05.2016 13:51 Uhr

Rampenlicht: Der letzte Biss von "El Lobo"

Augen nur für den Gegner - Ledesma (l.) vor dem Ende
Augen nur für den Gegner - Ledesma (l.) vor dem Ende

Viele bekannte Gesichter spielen weitgehend unbeachtet von der deutschen Presse im Ausland. Heute blickt weltfussball auf einen formstarken Japaner, einen reiselustigen Argentinier und einen meisterlichen Brasilianer mit unrühmlichem Abgang.

Cristian Raúl Ledesma ist der letzte Wolf in seiner Mannschaft. Der mittlerweile 37-Jährige Gaucho steht bei seinem Ausbildungsverein Argentinos Juniors unter Vertrag und spielt die wohl letzte Saison seiner Karriere. Beim Blick in seine Vita lässt der Mittelfeldspieler geschäftige Vielflieger vor Neid erblassen - Ledesma wechselte die Vereine nämlich wie Unterhosen.

Wo spielt eigentlich "El Lobo"?

Der HSV blätterte 2002 stolze vier Millionen Euro für den "angeblichen Wadenbeißer" her, wie ihn jüngst der Norddeutsche Rundfunk beschrieb. Doch unter Kurt Jara bestritt der Argentinier nur magere 16 Partien und musste sich als Bankdrücker zufriedengeben. "Der Trainer kann die Spieler nicht danach aufstellen, was sie gekostet haben, wie viel sie verdienen oder wie lang ihr Vertrag läuft", sagte der über die Leistung des Neuzugangs unzufriedene Manager Beiersdorfer gegenüber der "Welt".

Der "Wolf" wusste sehr gut um seine Situation. "Durchbeißen", wolle er sich. "Hart arbeiten" müsse er. Es half nichts - der Argentinier wurde zum CF Monterrey nach Mexiko ausgeliehen. Es folgten zahlreiche Leihgeschäfte nach Argentinien. Doch auch in der Heimat hielt es ihn nur kurz, als Olympiakos Piräus 2007 die Fühler nach ihm ausstreckte. Ledesma sammelte mehr Flugmeilen als Spielminuten.

Nach weiteren Leihen ist der Sechser knapp 20 Jahre später zu seinem Heimatverein zurückgekehrt und zählt mit zarten 37 Jahren zum Stammpersonal. Allerdings läuft die Saison nicht allzu erfolgreich für die Hauptstädter, die in der Gruppe zwei den letzten Platz innehaben. Schlimmer noch: Ledesma holte sich am vergangenen, vorletzten Spieltag die Gelb-Rote Karte, sodass diese Saison für ihn beendet ist. Ob das die letzte Station war? Zumindest wären dann die Reisestrapazen endlich zu Ende…

Wer ist eigentlich Mu?

Viele tausend Kilometer entfernt hat Mu Kanazaki einen Lauf. Sechs Tore in elf Spielen. Zwei in den letzten zwei Spielen – und jeweils die entscheidenden. Dazu die Rückkehr in die Nationalmannschaft. "Ich bin hocherfreut, für Kashima Antlers nach einer fantastischen letzten Saison spielen zu dürfen", sagte er bei seiner Vorstellung Anfang des Jahres. Dank seiner Tore stehen die Antlers in dieser Spielzeit mit nur drei Punkten Rückstand auf Platz drei. "Muuu" ist zurück, aber wo war er eigentlich vorher? Ähnlich wie Ledesma, hat der quirlige Japaner nämlich schon einige Stationen auf dem Buckel.

Mit dem Namen können vermutlich nur einige Clubberer etwas anfangen. "Variabilität und Qualität erhöhen", das war die Devise, die Nürnberg-Trainer Michael Wiesinger im Januar 2013 vorgab. Vor allem in der Offensive musste man sich besser präsentieren und sah in Kanazaki einen, "der flexibel einsetzbar ist und Torgefahr ausstrahlt." Kein allzu großes Risiko also, kam der Japaner doch ablösefrei vom Erstligisten Nagoya Grampus.

Man ahnt es, Mu avancierte nicht zur erhofften Verstärkung. Schlappe vier Einsätze standen zu Buche, Torbeteiligungen Fehlanzeige. Auf Wunsch des Mittelfeldspielers wurde der Vertrag bereits im September aufgelöst und Kanazaki wechselte in die zweite portugiesische Liga zu Portimonense SC.

Ein Rückschritt, könnte man meinen, doch der Japaner etablierte sich im Süden Europas und machte mit Toren und Vorlagen auf sich aufmerksam. Am schnellsten reagierten die Kashima Antlers, die Mu zunächst ausliehen. Zu Jahresbeginn wechselte Kanazaki dann fest nach Japan und trifft seither von Spiel zu Spiel.

Marcelo – Absteiger oder Meister?

Erfolgserlebnisse hatte auch vor kurzem Beşiktaş Istanbuls Leihspieler Marcelo, obgleich sein "Hals-über-Kopf-Absprung" im vergangenen Winter noch nicht allzu lange her ist. Vielen 96-Fans wird der Brasilianer dabei immer noch eher schlecht als recht im Gedächtnis geblieben sein. In Hannover war man nämlich äußerst enttäuscht über seinen Abgang – allerdings eher auf persönlicher als auf sportlicher Ebene.

Marcelo habe seinen Leih-Transfer zum türkischen Spitzenteam im Alleingang durchgeboxt und mit versteckten Karten gespielt. "Am Sonntagmorgen hat er sich von der Mannschaft verabschiedet, obwohl es noch nicht durch war", sagte Geschäftsführer Martin Bader voller Unverständnis im Februar. Als "charakterlos" und "Enttäuschung" wurde der Abwehrmann daraufhin von der "Neuen Presse" beschrieben - kein rühmlicher Abgang.

Lässt man das pikante Detail außen vor, dass 96 den Abstieg nicht verhindern konnte, hat Marcelo alles richtig gemacht. Der Brasilianer bestritt fast jedes Spiel für Beşiktaş und sorgte für die notwendige Stabilität im Ligaendspurt. Am vergangenen Spieltag machte der Spitzenreiter im Meisterrennen vorzeitig alles klar und siegte zuhause gegen Osmanlıspor FK. Maßgeblichen Anteil dazu hatte Marcelo, der zunächst nach Vorlage von Gökhan Töre zum 1:0 köpfte und nur drei Minuten später auf 2:0 erhöhte. Anders als in Istanbul wird man Marcelo in Niedersachsen wohl kaum zum Titel gratulieren.

Gerrit Kleiböhmer

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