07.12.2015 14:40 Uhr

Kommentar: Good bye, Fair Play

Erfolgreich geschwalbelt: Philipp Hosiner
Erfolgreich geschwalbelt: Philipp Hosiner

Nach den Schauspieleinlagen vom Wochenende stehen wieder einmal die Schiedsrichter im Mittelpunkt der Kritik. Dabei sollten die Spieler, aber auch die Medien ihr Verhalten hinterfragen.

"Eine Frechheit – langsam reicht's!" Nach dem Schlusspfiff der Partie 1. FC Köln gegen den FC Augsburg echauffierte sich der Kölner Angreifer Leonardo Bittencourt vor den Kameras. Eine halbe Stunde zuvor hatte der 21-Jährige durch ein "Foul" an Dominik Kohr den Freistoß verursacht, der zum einzigen Tor des Tages durch Raúl Bobadilla führte. Dabei hatte der ehemalige U21-Nationalspieler seinen Gegenspieler gar nicht berührt. Schiedsrichter Daniel Siebert war auf eine klassische Schwalbe hereingefallen. Es war nicht die einzige im RheinEnergieStadion an diesem Nachmittag. Schon der Elfmeter für Köln sechs Minuten zuvor war das Produkt eines dreisten Täuschungsversuchs von Philipp Hosiner.

Übeltäter Dominik Kohr erklärte die Situation, die zum Freistoßtor führte, nach dem Abpfiff so: "In dieser Situation habe ich gedacht, es kommt ein Kontakt, aber vielleicht war auch kein Kontakt dagewesen".

Diese Aussage beleuchtet eine bedenkliche Entwicklung - nicht nur in der Bundesliga. Immer häufiger suchen Angreifer im gegnerischen Strafraum aktiv den Kontakt zum Gegenspieler, um sich dann bei erfolgreichem "Anbandeln" fallen zu lassen. Das Schinden von Freistößen und Elfmetern wird immer mehr zu einem offenbar akzeptierten taktischen Mittel.

Schwalben nachträglich sanktionieren!

Leidtragende sind dabei die Schiedsrichter, denen es immer schwerer gemacht wird, zwischen Foul und Schwalbe und beim Angreifer zwischen Opfer oder Täter zu unterscheiden.

Die Medien spielen dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Allzu häufig wird von der Cleverness des Stürmers gesprochen, wenn er ohne Not den Kontakt zum ausgestreckten Bein des Verteidigers herstellt und im Strafraum fällt. Wieder und wieder wird die Zeitlupe zu Rate gezogen, um auch die leichteste Berührung zur Rechtfertigung eines Strafstoßes zu entdecken – unabhängig davon, ob diese Berührung ausreichen sollte, um einen trainierten Sportler zu Fall zu bringen.

Probleme sehen die Spieler und Verantwortliche offenbar nur beim Gegner: So beschwerten sich die Kölner über Kohrs Schwalbe und über die unfaire Elfmeterpunktbearbeitung durch Marwin Hitz. Dass zuvor ihr Spieler Philipp Hosiner den Fair-Play-Gedanken ebenfalls mit Füßen getreten hatte, fand in den Ausführungen der rheinischen Verantwortlichen keinen Raum.

Die Vorkommnisse in Köln dürften und sollten die Diskussion um den Videobeweis aufs Neue befeuern. Solange die Schiedsrichter aber ihre Entscheidung ohne technische Hilfsmittel zu treffen haben, muss über die nachträgliche Ahndung offensichtlicher Schwalben nachgedacht werden. Vor 20 Jahren wurde Weltmeister Andreas Möller für seine legendäre Schwalbe im Trikot von Borussia Dortmund gegen den Karlsruher SC zu zwei Spielen Sperre und 10.000 Mark Geldbuße verurteilt. Die Gefahr derartiger Konsequenzen könnte die zukünftige Standhaftigkeit von Dominik Kohr und Philipp Hosiner deutlich verbessern.

Mehr dazu:
>> Hitz: Kein Anwärter für Fair-Play-Preis

Ralf Amshove

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