12.08.2015 17:09 Uhr

Verbotene Wechsel, wenig Stars, viel Talent

Jorge Jesus will mit Sporting um den Titel mitspielen
Jorge Jesus will mit Sporting um den Titel mitspielen

Die üblichen Verdächtigen oben, zwei neue Gesichter unten, nur wenig Stars, dafür umso mehr Talent: Vor dem Saisonstart in der Primeira Liga  beantwortet weltfussball die wichtigsten Fragen zu Portugals Oberhaus.

  • Das Rennen um den Titel...

...wird auch in diesem Jahr ein Dreikampf zwischen Porto, Benfica und Sporting Lissabon. 86 von 91 Meisterschaften in der Geschichte des portugiesischen Fußballs gingen an einen der drei großen Klubs. Nummer 87 folgt so gut wie sicher im Mai 2016. Wer aus dem Trio die Trophäe holen wird, ist dagegen offen wie lange nicht.

Vizemeister Porto steht seit dem Abgang von Jackson Martínez ohne Top-Stürmer da. Die Transfers von Danilo und Quaresma brachten Geld in die Kasse, bedeuten aber einen großen Verlust auf sportlicher Ebene. Ähnlich ist die Situation für Rekordmeister Benfica. Die Adler haben 19-Tore-Mann Lima in die Emirate verkauft, Routinier Maxi Pereira nach acht Jahren zum FC Porto ziehen lassen und Trainer Jorge Jesus an Sporting verloren. Die Auswirkungen der Personalrochaden sind nur schwer abzusehen.

Gleichzeitig sind die personellen Veränderungen die große Chance für Sporting Lissabon, den ersten Titel seit 2002 in das José Alvalade zu holen. Anders als die beiden großen Rivalen, haben die Löwen mit Nani nur einen Leistungsträger abgegeben. Supertalent William Carvalho wurde dafür überraschend gehalten und auch das Sturmduo Montero/Slimani trägt im kommenden Jahr das grün-weiße Dress.

  • Die Aufsteiger...

…bereichern die Liga nicht etwa mit Geld, großen Stadien oder einer großen Anhängerschaft, sondern mit dem Charme eines typischen Underdogs. Die Stadien des C.D. Tondela und União Madeira sind mit einem Fassungsvermögen von rund 3000 Zuschauern die kleinsten der Liga. Die Etats bewegen sich in ähnlichen Dimensionen. Nicht ganz zufällig war schon der Weg in die höchste Spielklasse alles andere als alltäglich.

Madeira machte die Rückkehr in die Eliteliga nach 30 Jahren erst mit einem Sieg am letzten Spieltag perfekt. Ein direkt verwandelter Freistoß in der 94. Minute sicherte dem C.D. Tondela seinen ersten Aufstieg in die Primeira Liga überhaupt. Dass beide als größte Abstiegskandidaten gelten, versteht sich von selbst.

  • Die Toptransfers...

...beschränken sich auf eine einzige Personalie: Gianelli Imbula. Tottenham, Inter und Dortmund waren unter anderem an dem hoch gehandelten Franzosen interessiert, das Rennen um den 22-Jährigen aber machte der FC Porto. Der Vizemeister überwies für den defensiven Mittelfeldspieler 20 Millionen Euro nach Marseille und stellte damit einen neuen portugiesischen Transferrekord auf. Ebenfalls im Fokus wird Iker Casillas (FC Porto) nach seinem Abschied aus Madrid stehen.

12 der 18 Erstligisten gaben keinen einzigen Cent für Neuzugänge aus, holten junge Portugiesen, ältere Brasilianer, junge Brasilianer und vertragslose Kicker aus dem Rest der Welt. Die Diskrepanz zwischen den großen Drei und den anderen Klubs zeigte sich einmal mehr überdeutlich auf dem Transfermarkt.

  • Die Stars...

...sind in der Primeira Liga eher rar gesät. Viele der bekannten Namen wie Alberto Aquilani, Pablo Osvaldo oder Kostas Mitroglou haben die besten Zeiten schon hinter sich. An fähigem Nachwuchs mangelt es auf der iberischen Halbinsel dafür nicht. Sérgio Oliveira (23/FC Porto), Hernâni (23/FC Porto), Afonso (22/Boavista), Rafa Silva (22/Braga) oder auch William Carvalho (23/Sporting) sind nur einige von vielen jungen Spielern, die das Potenzial für eine große Zukunft haben.

Neben den Jungspunden und alten Hasen sind Nicolás Gaitán, Cristian Tello, Portugals "Spieler des Jahres", der 31-jährige Jonas (Benfica), Alex Sandro, Eduardo Salvio und das algerische Duo Brahimi/Slimani die Akteure, die die Schlagzeilen bestimmen und den Unterschied machen.

  • Die Trainer...

...durchlebten einen turbulenten Sommer. Nicht weniger als zehn Mannschaften gehen mit einem neuen Übungsleiter in die Saison 2015/16. Dazu gehören neben den beiden Aufsteigern auch der SC Braga und der Vorjahresfünfte Vitória Guimarães. Das größte Beben löste allerdings der völlig überraschende und unerwartete Abschied von Jorge Jesus von Benfica Lissabon aus.

Ausgerechnet der erfolgreichste Coach der Klubgeschichte, ein Trainer, dessen Vater schon in den 40er Jahren bei Benfica spielte, wagte als erster Verantwortlicher den "verbotenen Wechsel". Und damit nicht genug. Kaum bei Sporting angekommen, ging der 61-Jährige in die Offensive und prophezeite: "Ab sofort spielen nicht nur zwei, sondern drei Mannschaften um den Titel." Den portugiesischen Fans wäre zu wünschen, dass Jesus Recht behält und die Saison endlich mal wieder bis zum Schluss spannend bleibt.

Mehr dazu:
>> alle Meister der Primeira Division in der Übersicht
>> alle Transfers der Saison 2015/16 in der Übersicht
>> alle 18 Erstligisten und die aktuellen Kader in der Übersicht

Christian Schenzel

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten