17.03.2015 09:37 Uhr

Ritzing: Der Fehler im System

Ritzings Sonnenseestadion ist zweifellos tauglich für den Profifußball
Ritzings Sonnenseestadion ist zweifellos tauglich für den Profifußball

Trotz eines Insolvenzverfahrens in der laufenden Saison darf Regionalligist SC Ritzing auf einen Aufstieg in die Erste Liga hoffen. Denn während die Liga bei einem Insolvenzverfahren einen Zwangsabstieg vorsieht, hat der ÖFB keine entsprechende Regelung.

Szabolcs Sáfár, 395 Bundesliga Spiele; Tomáš Jun, 148 Bundesliga Spiele und 15 Auftritte in der Champions League; Stefan Rakowitz 44 Bundesliga Spiele. Alleine mit den drei Neuzugänge in der laufenden Saison holte sich der SC Ritzing die Erfahrung von 587 Bundesligaspielen - mehr als so mancher Erstligist in Summe vorweisen kann.

Kein Wunder, dass der SC Ritzing souverän die Tabelle in der Regionalliga Ost anführt. Mit dem Sonnensee-Stadion verfügt der burgenländische Verein noch dazu über ein richtiges Schmuckkästchen. Auch das Insolvenzverfahren aus dem Vorjahr konnte mittlerweile positiv abgeschlossen werden, der Sanierungsplan wurde angenommen. Doch der Schein trügt, Ritzing ist kein Vorzeigeverein, sondern ein Lehrbeispiel ungenügender Regulierung in Österreichs dritthöchster Liga, die eigentlich Vorstufe zum Profifußball sein sollte.

Spieler verweigern Unterschrift

Am Sonntag, kurz vor der Lizenzabgabe polterte Ritzung-Obmann Harald Reißner in der Online-Ausgabe der burgenländische "BVZ". Er sprach von "Erpressung" und wolle den "Verein zusperren". Grund des Unmutes: Nicht alle Spieler hatten zu dem Zeitpunkt die von der Liga verlangten Bestätigung über einen Arbeitsvertrag oder fristgerechte bezahlte Gehälter unterschrieben.

"Das ist ja völliger Schwachsinn", ärgert sich Fußballer-Gewerkschaftler Gernot Zirngast gegenüber weltfussball. "Wenn ein Spieler einen ordentlichen Vertrag hat, wie soll er mich erpressen?" Für den Vorsitzenden der VdF (Vereinigung der Fußballer) ist Ritzing kein unbeschriebenes Blatt. Immer wieder kam es zu Vertragsunklarheiten beziehungsweise zur kreativen Ausgestaltung der Spielerverträge. Die hohen Außenstände bei der Burgenländischen Gebietskrankenkasse dürften auf derartige Konstrukte zurückgehen.

"Der ÖFB muss in der Regionalliga endlich handeln und darf nicht glauben, dass die Erfolge mit dem Nationalteam alles zudecken", fordert Gernot Zirngast. Was den Gewerkschafter so erzürnt, ist ein Fehler im System. Denn während ein Bundesligist bei einem Insolvenzverfahren mit einem Zwangsabstieg konfrontiert ist, darf Ritzing auf den Aufstieg in die Erste Liga hoffen.

"Diese Lücke gehört geschlossen", sagt Zirngast. "Bei den ganzen Visionen und Imagekampagnen für die Bundesliga kommt die zweite Liga nicht vor." Doch der Liga sind die Hände gebunden, wie weltfussball nach einer Anfrage bei der Liga in Erfahrung brachte.

Bundesliga spielt Ball dem ÖFB zu

"Die ÖFB-(Aufstiegs-/Relegations-)Bestimmungen beinhalten für den Fall einer Insolvenz eines Klubs (noch) keine Regelung. Gemäß Bundesliga-Lizenzbestimmungen führt eine Insolvenz eines Bundesliga-Klubs zum Zwangsabstieg. Diese Ungleichheit bzw. Lücke gilt es zu schließen, wobei die Entscheidungskompetenz hierüber beim ÖFB bzw. den Landesverbänden liegt." So das Statement der Bundesliga.

Damit kommt es zu einer absurden Situation. Als Regionalligist darf der SC Ritzing mit einem Insolvenzverfahren in der laufenden Saison in die Erste Liga aufsteigen. Wäre Ritzing schon letzte Saison aufgestiegen, müssten die Burgenländer aufgrund dieses Verfahren wieder in die RLO absteigen. Konkret darf ein Regionalligist mit einem Insolvenzverfahren um eine Lizenz ansuchen, sofern der Sanierungsplan rechtzeitig bis zur Abgabefrist der Lizenzantragsunterlagen (15. März) vom Gericht rechtskräftig bestätigt nachgewiesen wird.

Und dies ist bei Ritzing zutreffend. Der Sanierungsplan des SC Ritzing ist seit dem 18. Februar rechtskräftig bestätigt. Die Gläubiger, hauptsächlich die Burgenländische Gebietskrankenkasse, geben sich mit einer erstaunlichen niedrigen Quote von 21 Prozent zufrieden.

"Das sind ungleiche Mittel und eine Wettbewerbsverzerrung", ärgert sich Zirngast. "Die Entschulden sich, aber holen frische Spieler und spielen dann um den Aufstieg mit."

Sportlich läuft es für Ritzing alles nach Plan. Seit dem zweiten Spieltag ungeschlagen liegen die Burgenländer mit neun Punkten Vorsprung auf die Vienna an der Tabellenspitze. Der wahrscheinliche Gegner in der Relegation heißt Austria Klagenfurt. Und auch aus Kärntens Landeshauptstadt sind immer wieder Klagen über die Zahlungsmoral zu hören. Der ehemalige Nationalspieler Matthias Dollinger forderte im Herbst 2014 einen hohen fünfstelligen Betrag vom Tabellenführer der Regionalliga Mitte ein.

Mehr dazu:
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>> Insolvenz in Ritzing - "ÖFB schaut nur zu"

Clemens Schotola

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