21.01.2015 13:51 Uhr

Glasgow Rangers: Ende des Albtraums?

Sportlich im Soll, wirtschaftlich am Abgrund, ungewiss in die Zukunft: Drei Jahre nach dem Zwangsabstieg regiert bei den Glasgow Rangers wieder das Chaos. Jetzt scheint ein Ende des Albtraums in Sicht.

Lange Zeit war es verdächtig ruhig um die 2012 in die Viertklassigkeit verbannten Glasgow Rangers gewesen. Sportlich gab und gibt es – abgesehen von zweieinhalb Jahren in der Bedeutungslosigkeit – auch kaum Grund zur Sorge. Trotz aktuell 13 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Heart of Midlothian kann der 54-fache Landesmeister im nächsten Jahr in die Premiership zurückkehren.

Ob es den Klub in seiner jetzigen Form dann überhaupt noch gibt, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Nach einer abermaligen Neuverschuldung droht der erneute finanzielle Kollaps.

Obwohl der Verein seine Personalkosten im vergangenen Jahr um mehr als vier Millionen Euro senkte, offenbarte der im November veröffentlichte Geschäftsbericht einen neuen Verlust in Höhe von fast elf Millionen Euro. Treiben die Rangers diesen Betrag nicht innerhalb der nächsten drei Monate auf, winkt ein weiteres Insolvenzverfahren und womöglich das Ende des mit über 100 Titeln dekorierten Klubs.

Mitglieder fordern Vorstand zum Rücktritt auf

Als Chairman David Somers auf der Mitgliederversammlung Ende November die Bombe platzen ließ und verkündete, man müsse sich nach neuen Anteilseignern umschauen und zusätzliche Einnahmen generieren, um "die Zukunft der Rangers zu gewährleisten", gingen die anwesenden Fans auf die Barrikaden. Sie machten ihrem Unmut Luft, pfiffen die anwesenden Vorstandsmitglieder aus und forderten lautstark deren Rücktritt.

Wie diese es geschafft hatten, ihren Verein erneut an den Rand einer Insolvenz zu wirtschaften, erschloss sich den sonst so treuen Supportern nicht. Die undurchsichtigen Besitz- und Machtverhältnisse des börsennotierten Klubs waren schon immer Gegenstand heftiger Kritik. Die neue Wasserstandsmeldung brachte das Fass endgültig zum Überlaufen.

Rettung durch Groß-Aktionär?

Eine unterschriftsreife "Express-Lösung" lag dem Board der Rangers Anfang 2015 zwar vor. Doch das großzügige Übernahme-Angebot von US-Investor Robert Saver über mehr als 25 Millionen Euro wurde mit einer fadenscheinigen Begründung abgelehnt. "Der Vorstand hat das Angebot geprüft und ist zu dem Schluss gekommen, dass die benötigte 75%-Mehrheit bei einer Abstimmung aller Wahrscheinlichkeit nach nicht erreicht worden wäre", ließen die Rangers verlauten. Eine Meinung, die der aktuelle Vorstand ziemlich exklusiv hat.

Saver zeigte sich enttäuscht, versprach aber gleichzeitig: "Wann immer die Rangers meine Hilfe brauchen, müssen sie nur anrufen." Auf den Anruf wartet der Geschäftsmann bis heute. Die Zukunft der Glasgow Rangers steht demnach weiterhin auf wackligen Beinen. In der Kasse klafft immer noch ein großes Loch. Wie es geschlossen werden soll, will oder kann der Vorstand, der sich selbst 2014 mehr als eine Millionen Euro an Gehaltszahlungen gönnte, nicht verraten.

Neue Bewegung versprechen sich die Fans jetzt von einer Initiative, die Dave King, mit knapp 15% Anteilen der größte Privat-Aktionär des Klubs, in dieser Woche angestoßen hat.

Mehr Mitspracherecht für die Fans

Gemeinsam mit dem ehemaligen Ibrox-Direktor Paul Murray und Geschäftsmann John Gilligan will er die Kontrolle übernehmen und die umstrittene Klubführung aus dem Amt vertreiben. Seine schriftliche Forderung nach einer außerordentlichen Hauptversammlung aller Aktionäre ist bereits in Glasgow eingegangen. Eineinhalb Monate hat der Verein nun Zeit, der Forderung den Richtlinien entsprechend nachzukommen.

"Ich hätte die Versammlung nicht gefordert, wenn wir uns nicht sicher wären, dass wir die nötige Zustimmung von mehr als der Hälfte der Aktieninhaber erhalten werden", erklärte King. Eine klare Kampfansage an David Somers und Co., die Murray unterstützt: "Die Wahrheit ist: zum ersten Mal seit zehn Jahren gibt es wieder eine Gruppe von Menschen, die in der Lage ist, den Verein zu heilen."

Eine nicht unerhebliche Rolle sollen die Fans dabei spielen: "Ich glaube, die Fans müssen ein entscheidendes Mitspracherecht bekommen und helfen, dass die Rangers wieder auf die Beine kommen", so Murray. Worte, die an der Basis gut ankommen und eine neue Aufbruchstimmung entfachen sollen.

Team ohne sportliche Leitung

Ob King und seine beiden Mitstreiter den aktuellen Vorstand tatsächlich ablösen und für neue Strukturen innerhalb der Vereins sorgen können, entscheidet sich in den kommenden Wochen. Bis dahin müssen die Rangers ganz nebenbei noch eine weitere Baustelle schließen: Nach dem Rücktritt von Cheftrainer Ally McCoist im Dezember hat nun auch Interimscoach Kenny McDowall das Handtuch geschmissen.

Ausgerechnet kurz vor dem so prestigeträchtigen Pokalspiel gegen den Erzrivalen Celtic. Ein Spiel, das die einst so treuen, mittlerweile aber längst verstimmten Rangers-Fans die Sorge um den eigenen Verein wenigstens für 90 Minuten vergessen und sie von den guten alten Zeiten träumen lässt.

Mehr dazu:
>>>Rangers: Auch Interims-Coach tritt ab
>>>McCoist nicht mehr Rangers-Coach

Christian Schenzel

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