22.08.2014 08:00 Uhr

120. Vienna-Geburtstag mit Traditionsduell

First Vienna FC gegen Wiener Sportklub. Mehr Tradition geht nicht. Österreichs ältester Fußballverein feiert am Freitag um 19:00 Uhr auf der Hohen Warte mit dem Heimspiel in der Regionalliga Ost gegen die Gäste aus Wien-Dornbach seinen 120. Geburtstag.

Anlässlich des in den vergangenen Jahren oft als "Derby of Love" bezeichneten Duells der Stadtrivalen aus Döbling und Hernals erinnert weltfussball an ein früheres Kräftemessen der damals einander gar nicht so ganz gewogenen Vereine der Gegensätze aus dem 19. und dem 17. Wiener Gemeindebezirk.

Das Jahr 1986 mit dem Aufeinandertreffen der Superstars Mario Kempes und Hans Krankl bleibt unvergessen. Es war eine Paarung, die für außergewöhnliche Szenen auf der Hohen Warte sorgte.

Als die Zäune der Naturarena aufgeschnitten wurden

Vienna – Sportclub. Damals noch mit "c" und nicht mit "k". Freitag, der 4. April 1986. Mittleres Playoff. Zur Erklärung: Damals kam in Österreich in der 1. Division (die wirklich auch die höchste Spieklasse war) und der 2. Division (die wirklich auch die zweithöchste Spielklasse war) nach Ende der Herbstsaison erstmals ein Playoff-Modus zur Austragung.

Dabei ging es im Oberen Playoff um die Europacup-Startplätze und natürlich den Meistertitel. Diesen holte sich letztlich die Wiener Austria, weil Erzrivale Rapid gegen den LASK den gesperrten Petar Bručić einsetzte und so aus einem 3:0-Sieg am grünen Tisch eine 0:3-Niederlage wurde. Im Mittleren Playoff ging es um vier Startplätze im Oberhaus und im Unteren Playoff um den Klassenerhalt in der 2. Division.

Vienna-Fans und Sportclub-Anhänger hatten im Mittleren Playoff am Ende gemeinsam Grund zur Freude, denn zusammen mit dem SK VOEST Linz und dem SC Eisenstadt schaffte man die Qualifikation für die 1. Division. Dagegen mussten sich DSV Alpine, SV Spittal/Drau, Vorwärts Steyr und der Salzburger AK 1914 mit der Zweitklassigkeit abfinden.

Die Vienna holte sich gar Platz eins im Mittleren Playoff. Mitverantwortlich dafür war eben auch jene inzwischen legendäre Begegnung, bei der die Zuschauermassen Mittel und Wege fanden, um die Hohe Warte zu stürmen.

Kleines Wiener Derby ganz groß

Damals sprach man noch vom "kleinen" Wiener Derby. Was auch daran lag, dass die "großen" Wiener Erzrivalen Rapid und Austria zu dieser Zeit den Titel exklusiv unter sich ausmachten. An jenem April-Abend im Jahr 1986 gehörten aber in der Hauptstadt der Vienna und dem Sportclub die ganze Aufmerksamkeit.

Die Partie war bereits im Vorfeld als "K"(empes) & "K"(rankl)-Duell gepusht worden, die Schlagzeilen verfehlten nicht ihre Wirkung. Offiziell waren 11.000 Zuschauer in der Naturarena, doch in Wirklichkeit waren es noch viel mehr. Der damalige Vienna-Mittelfeldspieler Helmut Slezak beschrieb im "Ballesterer"-Interview seine Erinnerungen so: "Die Leute haben die Maschendrahtzäune aufgezwickt und zur Seite gerollt. So sind noch ein paar tausend Fans hineingekommen."

"Ich bin damals zur Pause eingewechselt worden, und als ich von der Ersatzbank aufgestanden bin, um aufwärmen zu gehen, hätte es mich fast umgehaut, weil der ganze Hang schwarz vor lauter Menschen war", so Slezak, der später mit Peter Stöger, Andreas Herzog und Gerald Glatzmayer unter Trainer Ernst Dokupil ein sensationelles Vienna-Mittelfeld bildete.

Weltmeister Kempes stellt Goleador Krankl in den Schatten

Die Begeisterung der Fans regte auch einen Weltmeister aus Argentinien an. Mario Kempes, als Doppeltorschütze gefeierter Held beim 3:1-Erfolg im WM-Finale 1978 gegen die Niederlande mit Coach Ernst Happel, war 1986 völlig überraschend nach Österreich gewechselt. Der tolle Besuch stimulierte den Supertechniker zu seiner besten Partie im Vienna-Dress.

Auch beim Goldtor zum 1:0-Erfolg an jenem denkwürdigen Abend hatte Kempes seine Beine im Spiel. Nach Doppelpass mit Vienna-Urgestein Wilhelm Bohusek konnte sein Schuss von der Sportclub-Abwehr nur kurz abgewehrt werden und Thomas Niederstrasser drückte den Abpraller in der 63. Minute zum vielumjubelten Siegestreffer der Hausherren über die Linie.

Obwohl sich Kempes dabei verletzte, biss er zunächst die Zähne zusammen. Als er weitermachte, brandete tosender Beifall auf und bei seiner Auswechslung in der 88. Minute gab es sogar "standing ovations", die der Superstar seinerseits mit Applaus bedachte.

Den "Goleador" auf der anderen Seite stellte er in diesen 90 Minuten jedenfalls klar in den Schatten. Hans Krankl, der im Unfrieden von Rapid geschieden und zum Sportclub "geflüchtet" war, wurde von Vienna-Gegenspieler Peter Webora an die Kette gelegt.

Die (weit mehr als) 11.000 Zuschauer hatten übrigens den besten Besuch auf der Hohen Warte seit März 1980 bedeutet. Damals hatten - allerdings bei Gratiseintritt - sogar 16.000 Zuschauer die Drehkreuze der Traditionsanlage passiert und beim 1:1-Remis der Blau-Gelben gegen Sturm auch ein Krankl-Tor für die Vienna bejubelt.

Hohe Warte einst das modernste Stadion Kontinentaleuropas

Auch diese für Vienna-Verhältnisse gewaltigen Zuschauermengen waren jedoch nichts im Vergleich zu jenen Massen, die einst auf der Hohen Warte ihre Lieblinge sehen wollten. Nach der Eröffnung 1921 als größtes und modernstes Fußballstadion Kontinentaleuropas wurden die Länderspiele zu einem Pflichtbesuch.

Am 15. April 1923 strömten 85.000 Menschen zum torlosen Remis des ÖFB-Teams gegen Italien nach Wien-Döbling. In der größten Naturarena Europas wurden seinerzeit auch Opern aufgeführt und Boxkämpfe veranstaltet. Unbestrittene Höhepunkte waren jedoch die Partien der Nationalmannschaft. Als später das "Wunderteam" Angst und Schrecken bei den Gegnern verbreitete, wurde die Hohe Warte jedoch vom Praterstadion als neue nationale Arena abgelöst.

Der First Vienna FC, der sich am 22. August 1894 als erster Fußballklub Österreichs vereinsrechtlich verewigt hatte, hielt seiner später gehörig in die Jahre gekommenen Heimat jedoch die Treue. Auch als in den Jahren nach dem Krieg US-Soldaten das Spielfeld für Baseball reservierten und die Döblinger mit ihren Heimspielen auf andere Wiener Plätze ausweichen mussten, gab man sich nicht geschlagen.

1951 durfte die Vienna auf die Hohe Warte zurückkehren und feierte vier Jahr später den sechsten und bisher letzten Meistertitel der Vereinsgeschichte standesgemäß im eigenen Stadion. Dort darf man nun auch am 22. August 2014 das 120. Jubiläum gebührend begehen. Heute abend schon was vor? Wie wär's mit einem Picknick auf der Hohen Warte bei Vienna gegen Sportklub.

Mehr dazu:
>> Ergebnisse und Tabelle Regionalliga Ost
>> Die Bilanz Vienna gegen Wiener Sportklub

Christian Tragschitz

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