11.05.2014 14:11 Uhr

Salzburgs violetter Stern leuchtet wieder

Vor 20 Jahren lieferten sich Inter und Austria Salzburg zwei denkwürdige Duelle
Vor 20 Jahren lieferten sich Inter und Austria Salzburg zwei denkwürdige Duelle

Am 11. Mai 1994 schrammte der SV Casino Salzburg gegen Inter knapp am Europacupsieg vorbei. 20 Jahre späte leuchtet der violette Stern des Westens wieder auf, weltfussball erinnert an den unglaublichen Siegeszug des Traditionsvereins.

Es klingt fast zu kitschig, kann andererseits aber auch fast kein Zufall sein. Fast am Tag genau zwei Jahrzehnte später hat der nicht nur wegen der Anhängerschaft würdige Nachfolger jener internationalen Helden von damals den Meistertitel in der Regionalliga West so gut wie in der Tasche.
>> Austria Salzburg jubelt über den Meistertitel

Obwohl Red Bull den Platz der Salzburger Austria im österreichischen Oberhaus übernahm und dem Klub nicht nur seinen Namen, sondern auch seine Farben aufzwang, war die violette Fanbasis zu Beginn der Saison 2005/06 noch im Stadion versammelt. Erst als klar war, dass mit dem Getränkekonzern unter Didi Mateschitz kein gemeinsamer Weg möglich war, machte man sich auf die Suche nach einer neuen Heimat.

Nun klopft die neu gegründete Austria aus Salzburg wieder an die Tür mit der Aufschrift Profifußball. Auch die Hürde Bundesliga-Lizenz wurde genommen, der letzte fehlende Schritt sind die beiden Relegationsspiele gegen den Floridsdorfer AC.

Begleitet wurden die Violetten bei ihrem Durchmarsch durch die Salzburger Landesklassen und die Regionalliga von einer für den heimischen Amateurbereich nahezu unglaublichen Begeisterung. Möglich gemacht wurde diese auch, durch die Erfolge ihrer Vorgänger und dabei spielt der 11. Mai 1994 eine ganz wichtige Rolle.

Als in San Siro die Salzburger Bengalen brannten

Eine Zeitreise: Rückspiel des UEFA-Cup-Finales (der Vorgängerbewerb der heutigen Europa League wurde damals im Endspiel noch in zwei Partien entschieden) in Mailand. Inter kam mit einem 1:0-Erfolg aus der ersten Begegnung im ausverkauften Ernst Happel-Stadion zurück nach San Siro.

Dennoch hatten die Salzburg-Fans die Hoffnung auf eine Sensation noch nicht aufgegeben, zu Spielbeginn brannten im Sektor der Schlachtenbummler aus ganz Österreich unzählige bengalische Feuer und verwandelten das Stadion in einen hell erleuchteten Lichterkessel. Kein hysterischer Aufschrei von UEFA, Stadionsprecher, oder den Interisti, die ebenfalls zündelten, dass jeder professionelle Pyrotechniker monatelang Arbeit gehabt hätte.

Man genoss die Magie des Augenblicks und die beeindruckende Atmosphäre. "Pyrotechnik ist kein Verbrechen!", war noch weit weg und einfach eine Abbildung von Fußball-Begeisterung. Kein Mensch wäre auf die Idee gekommen, sich durch eine optische Bereicherung in eine Verbrecher-Hysterie zu begeben.

Heribert Weber: "Einzigartige Euphorie"

weltfussball.at sprach mit jenem Mann, der Kapitän, Kopf und Hirn jener Mannschaft war, die das Wunder Einzug in ein Europacup-Finale durch einen österreichischen Provinzverein möglich gemacht hatte. Heribert Weber kommt auch 20 Jahre danach noch ins Schwärmen: "Diese Euphorie damals war einzigartig. Das hat es vorher und nachher nie wieder gegeben, dass eine Mannschaft fast ganz Österreich auf seine Seite gezogen hat."

"Beim Finaleinzug von Austria oder Rapid war es eher auf Wien und den Osten beschränkt. Die tollen Erfolge von Sturm in der Champions League haben Graz, Steiermark und den Süden begeistert. Aber Salzburg hatte damals fast die Rolle der österreichischen Nationalmannschaft", so der damalige Salzburger Spielführer.

Möglich wurde dies durch einen beeindruckenden Kraftakt zuvor, der eine schwarze Serie beendete. Noch nie zuvor hatte eine österreichische Mannschaft eine deutsche aus dem Europacup geworfen. Dann schaffte Salzburg das scheinbar Unmögliche und warf nacheinander Eintracht Frankfurt und den Karlsruher SC aus dem Bewerb.

Ab dem unvergessenen Elfmeterschießen, als Salzburg-Keeper Otto Konrad den entscheidenden Penalty selbst verwandelte, wurden die Violetten als Österreichs Europacup-Helden adoptiert. Wenn es in der Meisterschaft gegen Rapid, Austria oder Sturm ging war dies zwar schnell vergessen, aber international stand man im Lager der Salzburger.

"Ein Provinzverein mit einem tollen Präsidenten"

"Wir waren ein Provinzverein, nicht mehr und nicht weniger. Aber wir hatten mit Rudi Quehenberger einen Präsidenten, der unbedingt etwas erreichen wollte", beschreibt Weber das damalige Erfolgsrezept.

Dabei stand der Verein noch vor der ersten UEFA-Cup-Runde im September 1993 gegen Dunajska Streda vor dem Ruin. "Es war ein extremer finanzieller Druck da und durch meinen sehr guten Kontakt zum Präsidenten wusste ich davon. Ich wollte die anderen Spieler damit nicht belasten, aber ich war damals sehr angespannt", erinnert sich der Abwehrchef an den enorm wichtigen Aufstieg zurück, der durch einen 2:0-Heimsieg und einen Auwärtserfolg mit dem selben Ergebnis fixiert wurde.
>> Spieldetails Salzburg - DAC Dunajska Streda

Danach schaltete man auch noch - völlig überraschend - den Europacup-Finalisten von 1993 Royal Antwerp FC aus. Ein 1:0-Erfolg in Salzburg und erneut ein Sieg mit dem selben Score in Antwerpen machten dies möglich. "Wir hatten den Gegner im Vorfeld bei der Analyse in alle Bestandteile zerlegt und kannten sie viel besser, als sie uns. Das war der Schlüssel zum Aufstieg", so Weber. 
>> Spieldetails Salzburg - Royal Antwerp FC

Als José Mourinho auf dem Sportclub-Platz saß

Danach zogen die Salzburger einen unglaublich starken Gegner: Sporting CP. Der grün-weiße Traditionsverein aus Lissabon hatte unter anderem einen gewissen Luís Figo, Krassimir Balakov, Paulo Sousa oder Cadete in seinen Reihen. Und auch der Co-Trainer von Sporting hat im heutigen internationalen Fußball nicht den schlechtesten Namen: José Mourinho.

Der Assistent von Chefcoach Bobby Robson saß damals zur Beobachtung in Wien-Hernals auf dem Sportclub-Platz. Mourinho in Dornbach zwischen Bier, Knackwurst und Chips, die Salzburger Erfolge machten es möglich.

"Das war in spielerischer Hinsicht ganz sicher der stärkste Gegner. Aber wir haben gewusst, dass wir eine enorme Kampfkraft haben und ihnen in dieser Beziehung weit überlegen sind. Genau so haben wir sie dann auch geknackt", skizziert Heri Weber das damalige Duell. Bei der 0:2-Niederlage in Lissabon kassierte man die ersten Gegentore im laufenden Bewerb, doch beim Rückspiel in Salzburg wurde Europacup-Geschichte geschrieben.

Treffer von Leo Lainer (47.), Adolf Hütter (90.) und Martin Amerhauser (114.) machten mit einem 3:0 nach Verlängerung die Sensation perfekt und ließen das alte Stadion im Stadtteil Lehen erbeben. Am Ende lagen sich Spieler, Trainer, Funktionäre und Fans in den Armen, während die Sporting-Stars wie begossene Pudel vom Platz schlichen.
>> Spieldetails Salzburg - Sporting CP

"Salzburg für Österreich, Österreich für Salzburg"

Mit dem Einzug ins Viertelfinale entschied sich Vereinspräsident Rudi Quehenberger auch die Gunst der Stunde zu nutzen. Mit den weiteren Heimspielen wurde von Salzburg nach Wien in das Prater-Stadion übersiedelt, wo man drei Mal ein ausverkauftes Haus erlebte.

"Ich hätte es nicht für möglich gehalten, so ehrlich muss ich sein. Ich habe dem Präsidenten davon abgeraten, aber er hat sich da nicht reinreden lassen", erinnert sich Weber im Rückblick mit einem Schmunzeln. Der Lohn war ein 1:0-Heimsieg gegen Eintracht Frankfurt, der im Rückspiel von den Hausherren jedoch durch einen 1:0-Erfolg nach Verlängerung egalisiert wurde.

Dann kam das Elfmeterschießen und der große Auftritt von Torhüter Otto Konrad. "Vor dem entscheidenden Elfmeter hat jeder gespürt, dass der Otto den reinhaut. Der hatte ein unglaubliches Selbstvertrauen, weil er zuvor schon pariert hatte", treibt es Weber noch heute 20 Jahre danach die Gänsehaut auf den Rücken.
>> Spieldetails Eintracht Frankfurt - Salzburg

Hermann Stadler bezwingt Oliver Kahn

Danach der nächste Gegner aus Deutschland: Der Karlsruher SC. "Nach dem torlosen Remis in Wien wussten wir, dass wir sicher nicht schlechter sind als der KSC. Wir waren davon überzeugt, dass wir ein Auswärtstor schießen und das würde dann reichen", blickt Weber zurück.

Genauso kam es auch: Hermann Stadler bezwang schon in der zwölften Minute Oliver Kahn im Karlsruhe-Tor und den Deutschen gelang nach der Pause durch Rainer Krieg nur mehr der Ausgleich. Der Einzug ins Finale war perfekt.

"Der Glaube an uns selbst war entscheidend. Damit haben wir wirklich Berge versetzt. Diesen Erfolg hätte niemand der Mannschaft zugetraut, aber wir selbst haben immer an uns geglaubt", spricht der Salzburg-Kapitän Klartext.
>> Spieldetails Karlsruher SC - Salzburg

Erst in Mailand ging der Traum zu Ende

Erst im Endspiel gegen Inter platzte dann der Traum vom ersten Europacup-Sieg eines österreichischen Vereins. Nach der 0:1-Niederlage in Wien standen die Salzburger in Mailand ganz kurz vor dem großen Wurf. Beim legendären Stangenpendler von Marquinho hatte jedoch Fortuna und der Fußballgott andere Ideen.

"Wir hatten das Glück schon zuvor aufgebraucht. Inter hatte sehr gute individuelle Spieler, die eine Partie entscheiden konnten und das hat am Ende den Unterschied ausgemacht", lautet das Fazit von Weber.
>> Spieldetails Inter - Salzburg

Zurück blieb mehr als eine Erinnerung an unglaubliche internationale Spiele. Es blieb ein violetter Traditionsverein in den Herzen vieler Menschen, diese Emotionen und Gefühle konnte auch ein Getränkekonzern nicht beenden.
>> Die Salzburger Europacup-Saison 1993/94

Christian Tragschitz, weltfussball.at

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