ÖFB-Cup: St. Pölten am Scheideweg

Erstligist SKN St. Pölten spielt im Halbfinale des ÖFB-Cups gegen Sturm erstmals vor ausverkauftem Haus. Trainer Gerald Baumgartner hofft nicht nur auf den Finaleinzug und das damit vielleicht schon ausgehändigte Europacup-Ticket. Er möchte eine Aufbruchstimmung erzeugen. Denn mit der geplanten Budgetkürzung rücke der angestrebte Bundesliga-Aufstieg in weite Ferne.
Knapp 25 Jahre nach dem Besuch von Weltmeister und WM-Torschützenkönig Mario Kempes keimt im biederen Fußball-Nest St. Pölten wieder Euphorie auf. Grund dafür ist ausgerechnet der ÖFB-Cup, der normalerweise nicht allzu viele aus der guten Stube lockt. Doch der unverhoffte Vorstoß des SKN St. Pölten ins Halbfinale, das neue Stadion, der Gegner Sturm Graz und das Zuckerl, dass ein Finaleinzug vielleicht schon den Europacup-Einzug bedeutet - sofern Meister Salzburg in Horn nicht patzt - verleihen dem Spiel außerordentliche Brisanz.
Der Baumeister des Erfolgs heißt Gerald Baumgartner. Der 49-Jährige ist 13 Cup-Spiele in Folge unbesiegt. Letztes Jahr gewann er den Bewerb mit Regionalligist Pasching nach Auswärtssiegen bei Rapid (1:0), bei RB Salzburg (2:1) und gegen die Austria (1:0) im Finale im Wiener Happel Stadion. Mit dem SKN eliminierte er in dieser Saison die Regionalligisten LASK (4:3) und Kalsdorf (4:0) und im Viertelfinale Ried (2:1) - ebenfalls allesamt auswärts. "Für die Spieler ist es jetzt aber schon besser, daheim zu spielen. Alleine wegen dem Selbstvertrauen in einem ausverkauften Haus", weiß Baumgartner.
Bislang hat nur DJ Ötzi die NV Arena ins Beben gebracht
Die NV Arena wird Mittwoch gegen Sturm (ab 20:30 Uhr im weltfussball-Liveticker) mit 8.000 Zuschauern erstmals ausverkauft sein. Bei der Eröffnung war sie ausverschenkt, und das auch nur weil das neue Stadion, die Rapid, Sparta Prag, Antonin Panenka und DJ Ötzi lockten. Der Druck liegt laut Baumgartner dennoch klar bei Sturm: "Sie wollen ihre Saison retten und in den Europacup kommen." Beim Vorgänger-Verein des SKN, dem VSE St. Pölten, war der Europacup nie ein Thema. Dorthin haben es selbst Kempes und Co. nicht einmal ansatzweise geschafft.
Bei den SKN-Spielern wurde darüber schon sinniert. "Das kann man nicht vermeiden. Sie sind jetzt aber voll fokussiert auf das Match gegen Sturm", weiß Baumgartner. Die Grazer hat er bei deren 1:0-Sieg beim WAC und bei der 1:2-Heimniederlage gegen Wiener Neustadt beobachtet, und er stellt fest: "Ich habe sie schon besser gesehen." Dennoch sei dort jede Position qualitativ besser besetzt: "Das müssen wir mit Herz, Leidenschaft, einer guten Taktik und dem Publikum als 12. Mann ausgleichen."
Eine Schlüsselrolle könnte dabei Andreas Dober zukommen, der sich um den dribbelstarken und schnellen Florian Kainz kümmern soll. Dober dürfte nach einer Erkrankung rechtzeitig fit werden, und fühlte sich vor ein paar Wochen "in der Form meines Lebens". Das kostet Baumgartner jetzt noch ein Lächeln: "Schön, wenn sich ein Spieler Gedanken über seine Form macht. Ich bin aber froh, dass ich den Andi haben. Auf einen richtigen Rechtsverteidiger wurde hier bei der Kaderplanung ja vergessen."
Baumgartner wäre lieber in Grödig und hofft auf Besserung
Für die Kaderplanung für nächstes Jahr ist Baumgartner mitverantwortlich. Nicht ganz freiwillig. Der SKN hat ihn nicht aus seinen bis Sommer 2015 laufenden Vertrag herausgelassen. Bundesligist Grödig wollte ihn unbedingt. "Für mich hätte dort alles gepasst. Ich will in die Bundesliga und wohne sogar in der Nähe. Aber ich arbeite auch in St. Pölten sehr gerne. Das einzige was ich nicht verstehe, ist, dass man hier zwar in die Bundesliga will, aber das Budget kürzt. Wir haben keinen richtigen Stürmer. Wie soll der kommen? Und das ist nur eine von mehreren Baustellen."
Doch selbst in der Hinsicht könnte ein Erfolg gegen Sturm Graz helfen. "Es wird ja auch der Herr Landeshauptmann Erwin Pröll zuschauen", weiß Baumgartner, "vielleicht können wir eine Aufbruchstimmung schaffen." Zeugnis darüber wird man vielleicht schon im ersten Spiel danach, am kommenden Samstag bekommen, wenn die Vienna erscheint.
Im Schnitt kommen trotz bestens gefüllter VIP-Area nur mehr 2.300 Besucher zu den Ligaspielen in die NV Arena. Im Eröffnungsjahr waren es knapp 3.000. Der VSE war in seinem ersten Bundesliga-Jahr mit Spielmacher Kempes am damals schon grindigen Voith Platz der zweitgrößte Zuschauermagnet der Liga hinter dem FC Tirol, noch vor Rapid und Austria. In einer Zeit, in der es noch keine Live-Übertragungen im TV gab.
>> Zuschauerzahlen Bundesliga 1988/1989 (gesamt)
Mehr dazu:
>> Liveticker zu SV Horn - RB Salzburg
>> Übersicht ÖFB-Cup
Thomas Schöpf