21.11.2018 11:56 Uhr

Ilzer: "Entweder gewinnen oder lernen"

Christian Ilzer will beim WAC den begonnenen Weg weitergehen
Christian Ilzer will beim WAC den begonnenen Weg weitergehen

WAC-Erfolgscoach Christian Ilzer im Interview über den Wolfsberger Höhenflug, die Vertragsverlängerung während Sturm Graz in seiner steirischen Heimat auf Trainersuche war und persönliche Lehren in Momenten der Niederlage.

Er ist eine der heißesten Aktien auf dem österreichischen Trainermarkt und mischt mit Underdog WAC die heimische Bundesliga auf. Während seine Schützlinge nach dem Wintereinbruch am Wolfsberger Trainingsplatz froren, rauchte bei Christian Ilzer jenseits von Pack und Wechsel der Kopf.

Der 41-jährige Erfolgscoach verbringt die erste Wochenhälfte mit zahlreichen Erst- und Zweitliga-Kollegen beim UEFA-Pro-Lizenz-Kurs in Lindabrunn. Für weltfussball nahm er sch vor Beginn der nächsten Einheit trotzdem Zeit, um über den starken Herbst des WAC, seine Fehleinschätzung beim Cup-Aus gegen Rapid und das Erfolgsrezept zum schnellen Formen einer starken Einheit zu plaudern.

weltfussball: Der WAC ist als Tabellendritter nach 14 Runden eines der Sensationsteams der Liga. Wie ist es Ihnen nach dem Umbruch im Sommer gelungen, aus den vielen Neuzugängen in relativ kurzer Zeit eine derart funktionierende Einheit zu formen?

Christian Ilzer: Für mich gibt es in jeder Mannschaft Momente, in denen man merkt: Jetzt fängt die Partie zum Ziehen an. Wenn die Mannschaft sagt: Das ist unser Trainer und das unser Spielstil. Wenn diese zwei Punkte eintreffen, ist die Chance, erfolgreich zu sein, sehr groß. Um das zu erreichen, ist es wichtig, einen klaren, nachvollziehbaren Weg vorzuzeichnen, die Mannschaft aber nicht zu überfordern. Nicht, dass man die Spieler so vollpumpt, dass sie ihre eigene Kreativität nicht mehr zeigen können.

Worauf kommt es noch an?

Ich habe einen klaren Plan, trotzdem gehe ich auf die individuellen Stärken und Qualitäten ein und versuche, diese perfekt zu verpacken und die Spieler auf jenen Positionen spielen zu lassen, auf denen sie ihr Bestes zeigen können. Das Allerwichtigste ist natürlich, dass man zu dem Weg auch gleich Ergebnisse kriegt. Im Fußball geht alles so schnell. Wenn man drei, vier Mal verliert, geht der Glaube an den Weg verloren und es wird alles viel schwieriger.

Davon blieb der WAC in diesem Herbst verschont.

Wir haben zum Auftakt in der ersten Cuprunde knapp gewonnen, dann sehr bitter gegen St. Pölten verloren. Da habe ich mir schon gedacht, das könnte noch ein ganz schwieriger Start werden. Aber es ist anders gekommen. Wir haben Punkte eingefahren und auch während des kleinen Zwischentiefs von Ende September bis Mitte Oktober alles ruhig halten können.

Vor der Länderspielpause gelang mit dem Heimsieg gegen Rapid eine eindrucksvolle Revanche für das Aus im Cup eineinhalb Wochen zuvor. Was war der Grund dafür, dass das zweite Duell so konträr zum ersten verlief?

Drei Tage vor dem Cupspiel hatten wir das enorm intensive Match gegen St. Pölten, das wir auch dank hoher Spannung im mentalen Bereich mit 1:0 gewinnen konnten. Im Cup gegen Rapid waren dann ein paar Spieler nicht fit und wir haben es im Kopf nicht geschafft, auf den Punkt voll da zu sein. Außerdem hab' zu 50 Prozent ich die Partie verhaut.

Wodurch?

Mit Überlegungen, die zu gegnerlastig waren. Ich wollte das Mittelfeld stabiler machen und hab' zu viele Positionen verändert, dabei wäre es besser gewesen, den Flow aus dem St.-Pölten-Spiel zu übernehmen und die Ausfälle eins zu eins zu korrigieren. Das nehme ich zum Teil auf meine Kappe. Auf der anderen Seite haben wir es einfach nicht geschafft, die Energie, die nötig ist, um ein Cupspiel zu gewinnen, auf den Platz zu bringen.

Welche Schlüsse haben Sie daraus für das Heimspiel gegen Rapid in der Meisterschaft gezogen?

Daraus lernt man. Ich sage immer, es gibt für uns als Mannschaft entweder wir gewinnen oder wir lernen. Bis auf die taktische Analyse des Gegners, haben wir Rapid abgekapselt. Neuer Trainer, alles, was bei Rapid drumherum passiert ist, durfte für uns kein Thema sein. So haben wir uns auf dieses Spiel vorbereitet und dann auch vieles besser gemacht. Wir hatten in dieser Partie unseren höchsten "Expected Goals"-Wert der Saison, konnten aber viele klare Chancen nicht in Tore ummünzen. So hat es wie gegen die Austria bis zur Nachspielzeit gedauert, aber dafür sind solche Siege besonders emotional.

Den Ausgleichstreffer durch Dever Orgill Sekunden nach dem Seitenwechsel haben sie verpasst.

Ja, aber ich bin nicht so spät rausgekommen, weil ich mir die Haare gerichtet hab', sondern weil wir in der Halbzeit unseren fixen Ablauf haben. Durch den Rapid-Nebel war die erste Hälfte um vier Minuten länger, das wird von der Pause abgezogen. Ich habe mir noch zu einem taktischen Thema zwei Szenen angeschaut und gerade, als ich durch den Tunnel auf dem Weg nach draußen war, fiel das Ausgleichstor.

Beim Blick auf den Kader und Ihre Startaufstellungen fällt der Mix aus einem routinierten Zentrum und flinken Offensivkräften zum Pressen auf. Wie sieht der Plan B aus, sollten einmal zwei dieser Pressingspieler wie Orgill, Schmerböck oder Wernitznig gleichzeitig ausfallen?

Wir haben eine klare Spielidee, aber die ist so flexibel, dass wir sie adaptieren können, sollten im Match Probleme auftreten, denen wir mit unseren Automatismen nicht Herr werden. Da sind wir nicht nur eindimensional unterwegs. Genauso ist jede Position doppelt besetzt, dazu haben wir viele junge Spieler hochgezogen. Wenn die Struktur passt, können zum Beispiel ein Joshua Steiger oder ein Lukas Schöfl von Beginn an spielen, wenn dies erforderlich ist.

Wenn das Werk jetzt schon so gut läuft, was ist dann erst nach der Winterpause, in der Sie mit der Mannschaft lange an weiteren Feinheiten feilen können, zu erwarten? Vermutlich wird der WAC dann in der Meisterrunde antreten.

Wir müssen geerdet bleiben. Wenn wir einmal nicht das Limit bringen, reicht es nicht zum Sieg. Das ist uns klar. Wir wissen auch, dass einige Vereine im Winter ordentlich auf dem Transfermarkt zuschlagen werden. Das werden wir nicht tun.

Aber das Ziel heißt Meisterrunde?

Für den WAC wäre es ein Riesenerfolg, ins obere Playoff zu kommen. Das ist unser Ziel, wobei ich es schon ein bisschen umbenannt habe, in Zwischenziel. Wenn wir das erreichen, werden wir nicht sagen, okay, das war's. Aber es ist wichtig, am Boden zu bleiben. Wir sind der WAC, das ist uns bewusst. Wir wollen diesen familiären Verein entsprechend repräsentieren, aber wir wollen auch eine stolze - nicht arrogante - WAC-Mannschaft sein, die guten und erfolgreichen Fußball spielt.

Der Klub gab ihre Vertragsverlängerung bekannt, just als Sturm Graz auf Trainersuche war. Ein Zufall?

Ich wollte dem Verein etwas zurückgeben. Es gab Gerüchte, die ich aber nicht kommentieren möchte. Ich will auch kein Wort über Sturm verlieren. Sturm hat einen neuen Trainer, ich bin Trainer beim WAC. Ich wollte im Sommer zunächst einen Einjahresvertrag, um mich zu beweisen. Dietmar Riegler und mein Berater haben dann immer wieder Gespräche über eine Vertragsverlängerung geführt und für mich war diese Woche nach dem super Spiel bei der Austria der richtige Moment. Ich wollte damit klar zeigen: Ich bin Trainer dieser Mannschaft und möchte das auch bleiben. Ich will den begonnenen Weg weitergehen.

Bei den sogenannten Großklubs geht es - Salzburg natürlich ausgenommen - drunter und drüber. Ist der WAC momentan einfach auch die bessere Adresse, um sich als Trainer weiterzuentwickeln?

Ich bin ein bodenständiger Charakter und der WAC ist für mich im Moment absolut passend. Ich brauche nach vier Monaten beim WAC nicht gleich an das Nächste zu denken. Ich will das hier richtig gut machen und habe in der Vergangenheit, bei all meinen Positionen, immer genau gespürt, wann ich für meinen nächsten Schritt bereit war.

Angesichts der Tabellensituation neigt man dazu, zu sagen, LASK, WAC, St. Pölten und Hartberg performen über ihre Verhältnisse, während bei der Austria, Rapid und Sturm der Wurm drin ist. Muss man das vielleicht überdenken und anerkennen, dass die Tabelle schlicht die tatsächlichen Stärkeverhältnisse widerspiegelt?

Ich denke, dass der neue Modus den Großklubs viel Druck macht. Ergebnisdruck, schnell zu funktionieren. Da tun wir kleine Vereine uns sicher leichter. Wir sind in der Außenseiterrolle, sehen darin unsere Chance und machen das auch gut. Dass viele Kleine jetzt richtig gut drauf sind, erhöht den Druck auf die Großen. Aber die haben sicher die Qualität, oben dabei zu sein und wieder nach vorne zu kommen.

Letzte Frage: Wenn Sie einen Weihnachtswunsch bezüglich der Infrastruktur beim Wolfsberger AC frei hätten, welcher wäre das?

Ich trete auch während des Jahres immer wieder mit Wünschen an den Präsidenten heran und er hört mir immer zu. Das passt alles, da habe ich keine speziellen Wünsche. Es ist wichtig, dass wir uns in kleinen Schritten, die zum Verein passen, bei der Infrastruktur verbessern und das passiert auch. Deshalb bin ich sehr zufrieden, wie es läuft.

David Mayr

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