14.11.2013 15:15 Uhr

Ligen-Check: Die Folgen der Investitionsflut

Investorenvereine prägen heutzutage das Bild der europäischen Fußballlandschaft. Während sie in Frankreich und den Niederlanden die Liga anführen, geht in Russland einer unter. In der Länderspielpause geht weltfussball auf einen Streifzug durch Europas Topligen und wirft einen Blick auf die größten Überraschungen und herbsten Enttäuschungen. Heute sind die Ligen in Frankreich, Portugal, Russland und den Niederlanden an der Reihe.

Frankreich: Gekaufter Erfolg vs. bescheidene Jugendarbeit

Das Geld bestimmt die Tabelle in Frankreich: Wie erwartet dominieren die beiden Investoren-Klubs Paris Saint-Germain und AS Monaco die Liga. Meister PSG ist noch ungeschlagen und hat bereits vier Punkte Vorsprung auf Ex-Meister Lille und fünf auf den Aufsteiger aus dem Fürstentum.

Auch Cavani (Paris) und Falcao (Monaco), die Top-Neuzugänge des Sommers, schlugen voll ein und führen mit je neun Treffern die Torjägerliste an. Die "olympischen" Vereine aus Marseille und Lyon oder Rekordmeister Saint-Étienne hingegen scheinen ohne spendierfreudige Investoren auf Jahre hin chancenlos im Meisterrennen zu sein und kämpfen lediglich um Europa-League-Startplätze.

Die große Überraschung der Saison ist der FC Nantes. Der Aufsteiger ist zwar nach wie vor mit acht Meistertiteln einer der erfolgreichsten Vereine des Landes, war aber nach der Sensationsmeisterschaft 2001 jahrelang in den Niederungen der zweiten Liga verschwunden. Jahrzehnte über galt die Jugendakademie der Kanarienvögel als eine der besten weltweit. Mit Platz vier beweist die junge Mannschaft nun, dass Erfolg in der Investorenliga auch mit bescheidenen finanziellen Mitteln möglich ist.

Alles zur französischen Ligue 1

Niederlande: Talente-Investor führt ausgeglichene Liga an

Auch in den Niederlanden führt ein neureicher Klub die Tabelle an. Vitesse wurde 2010 von georgischen Investoren mit dem Ziel übernommen, innerhalb von drei Jahren den ersten Meistertitel nach Arnheim zu holen. Nach dem Scheitern dieses Unterfangens übernahm kürzlich der russische Milliardär Alexander Tschigirinski den Verein. Der enge Vertraute Roman Abramowitschs wird das bisher eingeschlagene Konzept weiterführen: Aufgrund der wenig attraktiven Liga holt Vitesse keine teuren internationalen Stars, sondern setzt auf vielversprechende Talente. Allein sechs davon sind momentan durch die Kooperation mit Chelsea vom Abramowitsch-Klub ausgeliehen.

Ansonsten liegt die Liga in der oberen Tabellenhälfte für niederländische Verhältnisse sehr eng zusammen. Die ehemaligen Champions-League-Sieger Ajax, Feyenoord und der derzeit nur Tabellenachte PSV mühen sich durch die Saison und stehen zwischen Überraschungsteams wie Groningen und Zwolle. AZ Alkmaar, nach der unerwarteten Meisterschaft 2009 kein Titelaspirant mehr, liegt aktuell auf Platz zwei und darf trotz der frühen Entlassung von Gertjan Verbeek (jetzt Nürnberg) wieder berechtigte Titelambitionen hegen.

Alles zur niederländischen Eredivisie

Portugal: Champions-League-Qualifikant am Tabellenende

Ungeschlagen an der Tabellenspitze thront wie gehabt der FC Porto – ansonsten ist diese Saison aber vieles anders in Portugal. Direkt hinter dem Serienmeister hat sich Sporting aus Lissabon mit begeisterndem Offensivfußball wieder erholt, nachdem im letzten Jahr noch die Qualifikation für das internationale Geschäft verpasst worden war. Der mit Abstand beste Sturm der Liga profitiert dabei vor allem von den Toren des Kolumbianers Fredy Montero, der mit neun Treffern in neun Spielen sogar seinen Landsmann und Star der Liga Jackson Martínez in den Schatten stellt.

Hinter dem Dritten Benfica wirkt die Tabelle durcheinandergewürfelt: Sporting Braga, Ex-Champions-League-Teilnehmer und Europa-League-Finalist von 2011, krebst im Mittelfeld herum, während Gil Vicente als letztjähriger Fast-Absteiger Platz vier einnimmt.

Die Enttäuschung der Spielzeit ist allerdings Paços de Ferreira. Nach dem Abgang von Erfolgstrainer Paulo Fonseca zum FC Porto läuft beim Dritten der vergangenen Saison nur noch wenig zusammen. Ähnlich wie der SC Freiburg in Deutschland kommt der kleine Verein aus dem Norden des Landes mit der Mehrfachbelastung durch den ungewohnten internationalen Wettbewerb nicht zurecht und findet sich nach erst einem Sieg auf dem letzten Tabellenplatz wieder.

Alles zur portugiesischen Primeira Liga

Russland: Anzhi Makhachkala – ohne Moos nichts los

In Russland ist aufgrund der langen Winterpause bereits mehr als die Hälfte der Saison gespielt. Der finanzkräftige Meister Zenit St. Petersburg führt die Tabelle vor den vier großen Moskauer Vereinen an, denen allen noch Titelchancen eingeräumt werden. Am meisten überrascht dabei Lokomotive Moskau. Der ehemalige Champions-League-Dauergast  hat sich nach mageren Jahren im Niemandsland der Tabelle auf Platz zwei vorgeschoben und profitiert von guten Leistungen der beiden Top-Neuzugänge Mbark Boussoufa und Lassana Diarra.

Beide Spieler waren vor der Saison von Anzhi Makhachkala gekommen. Beim mit riesigem Invenstorenvolumen aufgeblähten Klub aus der Provinz Dagestan setzte im Sommer ein Umdenken ein: Milliardär und Klubeigner Kerimov zeigte sich enttäuscht vom ausbleibenden internationalen Erfolg und verkaufte seine Stars für insgesamt 135 Millionen Euro. Der umgekrempelte Kader fand bislang noch nicht zu einer Einheit, legte einen katastrophalen Saisonstart hin und ist abgeschlagen Tabellenletzter. Sollte der Verein tatsächlich absteigen, würde sich der Investor wohl endgültig zurückziehen und das einst so ambitionierte Großprojekt Anzhi in der Versenkung des russischen Provinzfußballs verschwinden.

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Zwischenfazit aus Europas Topligen:

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Johann Mai

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