25.11.2020 13:25 Uhr

Lahm verweigert Löw die volle Rückendeckung

Philipp Lahm fordert eine andere Ansprache von Joachim Löw
Philipp Lahm fordert eine andere Ansprache von Joachim Löw

Um Joachim Löw herum wird es zunehmend einsamer. Auch sein langjähriger Kapitän Philipp Lahm verweigert ihm die volle Rückendeckung. Stattdessen stellt er klare Forderungen an den Bundestrainer.

Joachim Löw muss seine "Ansprache anpassen", mehr Feuer zeigen und sich quasi selbst neu erfinden. Das fordert nicht irgendwer, sondern Philipp Lahm. Dass ausgerechnet der Weltmeister-Kapitän öffentlich so klare Forderungen stellt, macht die Lage für den Bundestrainer noch brenzliger.

Denn Lahm sitzt als OK-Chef der Heim-EM 2024 im Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes - zwar nicht als stimmberechtigtes, dafür aber einflussreiches Mitglied. Bei der Sitzung am 4. Dezember hebt oder senkt das Präsidium in der Causa Löw den Daumen.

Will Löw auf die Unterstützung seines einstigen Musterschülers hoffen, muss er bei seiner Analyse Anfang der Woche im kleinen Kreis mit DFB-Präsident Fritz Keller und anderen Funktionären mehr vorbringen als ein paar kleinere Justierungen.

"Die deutsche Nationalmannschaft braucht die Neuerfindung", schrieb Lahm in der "Sport Bild". Diese müsse "jetzt beginnen" und "sehr rasch sichtbar sein. Der Funke muss überspringen!"

Zwischen den Zeilen ist abzulesen, dass Lahm Zweifel daran hegt, ob Löw dazu noch in der Lage ist. Der 60-Jährige müsse "seine Ansprache an diese Generation anpassen", forderte Lahm, es läge "jetzt am Bundestrainer, seine Spieler von der Leine zu lassen. Mit den richtigen Worten kann er sie aufladen und motivieren."

Es brauche "einen Bundestrainer, der diesen Spielern vermittelt, was es bedeutet, für Deutschland zu spielen." Und dann der pikante Zusatz: Auch Löw müsse "sich vor Augen halten, welche Verantwortung er selbst trägt."

Kritik an Joachim Löw nicht neu

Eine ähnliche Kritik am Führungsstil des Bundestrainers hatte Lahm bereits nach dem WM-Debakel 2018 geübt, was das Verhältnis der beiden nachhaltig belastete.

"Das war nicht sehr erfreulich für mich", hatte Löw damals enttäuscht reagiert und argumentiert: "Wir wissen ganz genau, wie wir mit jungen Spielern kommunizieren müssen, wie wir sie begleiten müssen."

Doch daran bestehen spätestens seit der historischen 0:6-Schmach in Spanien Zweifel. Löw dürfte im heimischen Freiburg, wo er sich - wie vom DFB-Präsidium öffentlich empfohlen - zur Klausur und inneren Einkehr zurückgezogen hat, mitbekommen, dass es einsam um ihn wird. Kaum jemand stellt sich uneingeschränkt hinter den Bundestrainer - auch Lahm nicht.

Ausbootung von DFB-Trio "alternativlos"

Der frühere Bayern-Profi vermisst bei der Nationalmannschaft nicht nur die nötige Einstellung, sondern auch den Spielwitz. Auch das lässt sich als Kritik an Löw interpretieren. Das Team um die pfeilschnellen Leroy Sané, Timo Werner und Serge Gnabry sei "wie gemacht für Vollgas-Fußball, wie ihn zum Beispiel der FC Liverpool spielt", so Lahm.

Alle Voraussetzungen dafür seien vorhanden, "jetzt braucht es dazu noch unbedingte Begeisterung und Leidenschaft - und die muss der Bundestrainer seinen Spielern vermitteln".

Lahm forderte von seinem einstigen Chef ein zukunftsgerichtetes Denken, deswegen hält er den eingeleiteten Umbruch mit den "Opfern" Mats Hummels, Thomas Müller und Jérôme Boateng auch für "richtig" und "alternativlos".

Nun müsse Löw aber auch "dafür sorgen, dass bei den Spielern, denen er vertraut, endlich der Funke überspringt." Sofern Löw noch die Chance dazu erhält.

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