28.10.2020 12:32 Uhr

Wie wichtig ist Reus noch für den BVB?

Sollte Marco Reus BVB-Kapitän bleiben?
Sollte Marco Reus BVB-Kapitän bleiben?

Bei Borussia Dortmund ist Marco Reus nicht mehr unumstritten. Der 31 Jahre alte BVB-Profi gehörte zuletzt nicht mehr zum Stammpersonal und sah sich zudem einer Debatte über seine Kapitänsrolle ausgesetzt. Muss Reus nicht nur um seinen sportlichen Status, sondern auch um sein Amt als Mannschaftsführer fürchten?

Eigenlob stinkt, heißt es ja. Manchmal im wahrsten Sinne des Wortes. Er wolle nicht übertreiben, sagte Marco Reus vor kurzem im neuen "Sky"-Format "Meine Geschichte", aber: "Im Wickeln bin ich ausgezeichnet, ich schwöre."

Seine Zielpersonen auf dem Fußballfeld sind 16, 17 oder 18 Jahre älter als seine kleine Tochter. Als Kapitän soll Marco Reus die Rasselbande von Borussia Dortmund führen, die jungen Wilden wie Erling Haaland, Gio Reyna oder Jude Bellingham anleiten - und nun gibt es eine Diskussion darüber, ob er dafür der Richtige ist.

Hans-Joachim Watzke ging die jüngste Kritik des "Sky"-Experten Dietmar Hamann jedenfalls viel zu weit. "Marco ist ein guter Kapitän", sagte der Geschäftsführer der "Bild". Dass der 31-Jährige "nach dieser langen Verletzungspause Zeit benötigt, seine Leistung zu stabilisieren, ist ja wohl einleuchtend. Wir wissen jedenfalls, was wir an ihm haben."

Möglicherweise wertete Watzke damit erst Aussagen auf, die sich sonst eher versendet hätten. Durch seine Replik gewinnt die Debatte erst wahre Wucht. "Ich habe nicht verstanden, warum man Marco Reus im Sommer nicht die Kapitänsbinde abgenommen hat", hatte Hamann gesagt: "Die andere Frage ist, ob ich sie ihm vor zwei Jahren gegeben hätte."

Schließlich gebe es in der BVB-Abwehr Mats Hummels, einen "brillanten Leader, der in der Vergangenheit gezeigt hat, dass er Mannschaften führen kann, dass er Führungsqualitäten hat, dass er das Wort ergreifen kann, dass er Leute mitreißen kann". Mit Reus werde es früher oder später ein Problem geben: Der BVB sei "nicht die Wohlfahrt".

BVB-Coach Favre mahnt zur Vorsicht

Dabei schwang mit, dass der BVB-Kapitän kein geborener Leader sei, sein Stammplatz in Gefahr und er selbst zu häufig verletzt. Reus kennt all die Vorurteile, die manchmal eher Urteile sind und ja auch eine Grundlage haben.

"Oh, verletzt steht nicht an erster Stelle?", fragte er bei einer Google-Suche seines Namens lachend. Nein, dort steht zuerst Instagram. Verletzt kommt kurz vor Führerschein.

Derzeit befindet sich Reus in einer Phase ansteigender körperlicher Fitness. Die monatelange Muskelverletzung in den Adduktoren ist ausgestanden, die Bestform aber noch nicht erreicht. "Wir müssen weiter vorsichtig sein", warnte sein Trainer Lucien Favre am Dienstag.

Beim Champions-League-Fehlstart bei Lazio Rom (1:3) ging Reus mit unter, im Derby gegen Schalke 04 (3:0) wurde er spät eingewechselt. "Der Mann unter den Jungs" ("FAZ" im September) hat seinen festen Platz im Dortmunder Ensemble nicht mehr sicher, andere drängen nach.

Last verteilt sich ohne Reus auf mehrere Schultern

So zum Beispiel Giovanni Reyna. Der 17-Jährige stand in allen fünf Bundesliga-Spielen in der Startelf, überzeugte dabei mit jugendlicher Unbekümmertheit und steuerte bereits ein Tor und vier Vorlagen bei.

Ohnehin scheint es so, als könne der BVB aktuell ohne Reus befreiter aufspielen. Die junge Garde um Reyna, Erling Haaland und Jadon Sancho sorgt für Tempo und Torgefahr. Routiniers wie Mats Hummels, Emre Can oder Axel Witsel übernehmen die Führungsaufgaben auf dem Platz.

Ohne Reus lastet die Hauptverantwortung nicht nur auf einem Spieler, sondern verteilt sich auf mehrere Schultern - die Borussia ist dadurch unabhängiger geworden.

Das stellte der BVB bereits in der vergangenen Saison unter Beweis. Als Reus im Saisonendspurt verletzt ausfiel, konnte der Revierklub zehn von 14 Partien gewinnen. Auch aktuell spielt der BVB mit Teilzeitarbeiter Reus oben mit.

Dauerbrenner war Reus in Dortmund wegen seiner zahlreichen Verletzungen ohnehin nie, er ein "Nice-to-have-Spieler", aber in seinen Leistungen unangreifbar.

Diesmal aber könnte es auch sportlich ein Problem geben. Sollte es so kommen, wäre ein Kapitänswechsel nur logisch: Ein Spielführer, das weiß auch Hans-Joachim Watzke, sollte auf dem Spielfeld stehen.

afp/Lissy Beckonert

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