Mittlerweile gilt es als sicher, dass Mittelfeld-Motor Thiago den FC Bayern München noch in diesem Sommer verlässt. Selbst Cheftrainer Hansi Flick stellte jüngst unmissverständlich klar, dass der Spanier dem Klub wohl den Rücken zukehren wird.

"Ich gehe davon aus, dass er uns verlässt", so Flickt am Mittwoch in der "Sport Bild". Die Suche nach einem Ersatz läuft längst auf Hochtouren. 

Immer wieder fiel in den letzten Tagen in diesem Zusammenhang der Name Marcelo Brozovic. Der Kroate steht seit 2015 beim italienischen Traditionsverein Inter Mailand unter Vertrag und gilt als möglicher Thiago-Ersatz beim Triple-Sieger.

Laut übereinstimmenden Medienberichten aus Italien und Deutschland sollen die Bayern und Inter bereits erste Gespräche über die Personalie geführt haben. Konkrete Verhandlungen habe es bisher aber noch nicht gegeben.

Brozovic selbst zeigte sich noch von seiner loyalen Seite, postete am Dienstag via Instagram ein Statement, indem er seine Liebe zu Inter beteuerte. "Ich liebe dieses Trikot, ich liebe Mailand und ich kann es kaum erwarten, noch lange für die Nerazzurri zu kämpfen", hieß es unter anderem darin.

Eine Geste, die in erster Linie bei der Anhängerschaft der Nerazzurri bestens ankommen dürfte. Im knallharten Profi-Geschäft aber im Zweifel nicht den entscheidenden Ausschlag geben würde. Immerhin soll Inter-Coach Antonio Conte durchaus bereit sein, den Mittelfeldspieler bei einem entsprechenden Angebot aus München ziehen zu lassen.

Könnte Brozovic Thiago beim FC Bayern aber überhaupt adäquat ersetzen? sport.de schaut sich den Vize-Weltmeister von 2018 genauer an.

• Wer ist Marcelo Brozovic?

Marcelo Brozovic wurde am 16. November 1992 in der kroatischen Hauptstadt Zagreb geboren. Sein erster Verein war der NK Hrvatski dragovoljac, bei dem einst mit Boris Zivkovic (1996-1997), Robert Prosinecki (2000) und Srdjan Lakic (2004-2005) auch drei ehemalige Bundesliga-Profis aktiv waren.

Schon als 17-Jähriger - und damit eigentlich Noch-A-Jugendlicher - rückte der zentrale Mittelfeldspieler in die erste Mannschaft des damaligen Zweitligisten auf und feierte am Saisonende die Rückkehr in die erste kroatische Liga. Doch nach nur einem Jahr ging es für den NK wieder zurück in die HNL 2.

Brozovic wechselte daraufhin zu NK Lokomotiva und blieb damit im Oberhaus. Dort absolvierte er in der Saison 2011/2012 33 Liga-Spiele und erzielte dabei fünf Tore. Kurz vor Schließung des Transferfensters, nämlich am 31. August 2012, sicherte sich dann Dinamo Zagreb Brozovic' Dienste. Für den damals 19-Jährigen zahlte der Serienmeister eine Ablöse von 2,4 Millionen Euro.

Bei Dinamo stand der 1,81 Meter große Kroate in den folgenden drei Jahren bei 64 Liga-Spielen auf dem Platz und kam dabei auf 22 Scorerpunkte (neun Tore, 13 Vorlagen). In dieser Zeit gewann Dinamo stets die Meisterschaft und 2015 auch den Pokal.

Währenddessen reifte Brozovic zum Nationalspieler und gab kurz vor der Weltmeisterschaft 2014 beim 1:0-Sieg im Testspiel gegen Australien sein Debüt für die "Vatreni" ("Die Feurigen"). Zum Debüt verhalf ihm damals Ex-Bayern-Trainer Niko Kovac, der ihn auch für den Kader des Endturniers nominierte.

Inzwischen steht der mittlerweile 27-Jährige bei 51 Länderspielen, in denen er sechs Tore erzielte und sieben Vorlagen gab. Dabei stand er unter anderem mit Kroatien im WM-Finale 2018.

Ein halbes Jahr nach der WM 2014 wechselte er zunächst auf Leihbasis zu Inter Mailand, das ihn im Sommer 2015 schließlich für fünf Millionen Euro fest verpflichtete. Seitdem absolvierte Brozovic 200 Pflichtspiele für die "Nerazzurri", traf 23 Mal und lieferte 25 Vorlagen.

• Was bringt Marcelo Brozovic auf den Platz?

Marcelo Brozovic vereint unterschiedlichste Eigenschaften, die einen zentralen Mittelfeldspieler auszeichnen. Er ist beidfüßig und beherrscht sowohl das filigrane Kurzpassspiel, wie auch den langen Ball. In Sachen Ballverteilung steht er seinem potenziellen Vorgänger Thiago in wenig nach.

Der 27-Jährige verfügt zudem über eine hohe Spielintelligenz und kann ein Spiel lesen. Das hilft ihm in der Offensive, denn er findet Lücken in der gegnerischen Abwehr, aber auch in der Defensive, wo er Löcher schließen und auch gefährliche Pässe abfangen kann.

Gleichzeitig bringt er auch eine kämpferische und läuferische Note ins Spiel. Fast schon typisch kroatisch zeichnet er sich durch großen Einsatz aus. Beispielhaft dafür steht der Rekord für die größte Laufstrecke bei einem WM-Spiel, den er seit 2018 mit 16,6 Kilometern hält.

Was Brozovic etwas abgeht, ist die physische Stärke. Bei 1,81 Meter Körpergröße bringt er lediglich 68 Kilogramm auf die Waage und ist damit ein echtes Leichtgewicht. Zudem ist sein Kopfballspiel nicht das Allerbeste. Ein echter Abräumer ist der Kroate also nicht, sondern eher ein spielstarker Achter.

• Warum ist der FC Bayern an Marcelo Brozovic interessiert?

Es ist wohl nur noch eine Frage der Zeit, ehe der FC Bayern im zentralen Mittelfeld Abgänge vermelden wird. Bei Thiago ist es am konkretesten, wie Trainer Flick jüngst erneut bestätigte.

Auch Thiagos Landsmann Javí Martínez steht wohl vor dem Absprung, womit gleich zwei Plätze im Bayern-Kader frei werden würden. Neben der Verpflichtung eines neuen Rechtsverteidigers wäre dies die größte Lücke, die Sportvorstand Hasan Salihamidzic schließen müsste.

Dass er deswegen Marcelo Brozovic im Visier hat, überrascht nicht. Denn der Kroate passt mit seiner Erfahrung und seinem Spielstil perfekt ins Profil. Zudem hat er in seiner bisherigen Laufbahn bereits in unterschiedlichsten Formationen gespielt und brauchte kaum Eingewöhnungszeit. Er wäre nicht nur in der Theorie ein Ersatz für Thiago, sondern könnte dem FC Bayern auf Anhieb weiterhelfen.

• Wie könnte ein Transfer von Marcelo Brozovic aussehen?

Glaubt man der Aussage von Sportvorstand Hasan Salihamidzic, müsste der FC Bayern zunächst Einnahmen generieren, um neue Transfers zu tätigen. "Wir sind wirtschaftlich am Anschlag", hatte der 43-Jährige zuletzt im "kicker" erklärt. Doch durch die Verkäufe von Thiago und Javí Martínez wäre frisches Geld gesichert.

Im Vertrag von Marcelo Brozovic soll eine Ausstiegsklausel in Höhe von 60 Millionen Euro verankert sein, jedoch ist zu hören, dass Inter in Sachen Ablösesumme gesprächsbereit sein soll. Die "Gazzetta dello Sport" will erfahren haben, dass die Mailänder rund 40 Millionen Euro fordern. Diese Summe wäre angesichts Brozovic' Marktwert vertretbar.

Luis Holuch