08.03.2020 10:53 Uhr

"Keine Eintagsfliege": DFB-Frauen basteln an Zukunfts-Elf

Die deutschen Frauen begeistern in Portugal
Die deutschen Frauen begeistern in Portugal

Ganz am Ende wurden Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg und ihre aufmüpfigen Perspektivspielerinnen doch noch in die Knie gezwungen.

Es war schon empfindlich kühl geworden im Estádio Municipal von Lagos. Die 52 Jahre alte Cheftrainerin der deutschen Frauenfußball-Nationalmannschaft hatte sich nach dem Final-Einzug beim Algarve-Cup die dicke Winterjacke übergezogen, die überragende Torschützin Lea Schüller tat ein paar Schritte vom zugigen Durchgang in das Stadioninnere, als plötzlich das Mädchenteam des benachbarten Clube Desportivo De Odiáxere auftauchte.

Die Fünf- bis Sechsjährigen plapperten aufgeregt durcheinander, sie kicherten und baten natürlich um das obligatorische Erinnerungsfoto. Also begaben sich Voss-Tecklenburg, Schüller und auch die überraschend als Innenverteidigerin aufgebotene gelernte Offensivkraft Lena Lattwein für die Selfies auf Augenhöhe mit den Kindern.

"Sie spielen seit einem Jahr zusammen. Eigentlich wollten wir nur das erste Spiel am Nachmittag hier im Stadion schauen. Aber sie wollten unbedingt bleiben", erzählte ihre Trainerin und lächelte. "Sie träumen davon, eines Tages auch mal hier zu spielen."

WM-Schmach und Olympia-Aus endlich vergessen?

Ob diese Mädchen zu portugiesischen Perspektivspielerinnen taugen, ist im März 2020 noch nicht abzusehen. Die weibliche Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes jedoch kann nach dem Auftritt am Samstag beim ebenso ungefährdeten wie hochverdienten 4:0 (2:0) gegen Titelverteidiger Norwegen wieder wohlgestimmt in die Zukunft schauen.

Und zwar in die unmittelbare mit dem Endspiel gegen Italien am Mittwoch in Parchal mit der Chance auf den vierten Titel bei dem Turnier im Süden Portugals nach 2006, 2012 und 2014. Mehr noch aber in die etwas fernere mit der anstehenden EM-Qualifikation, an der keine vernünftigen Zweifel mehr bestehen, und dann natürlich mit der Europameisterschaft 2021 in England.

Dass die deutschen Frauen durch ihr Viertelfinal-Scheitern bei der WM in Frankreich im Sommer die Olympischen Spiele verpasst haben, ist mittlerweile in allen Facetten und auf allen Ebenen debattiert und aufgearbeitet worden. Die Lust, darüber noch zu sprechen, bewegt sich bei allen Beteiligten im Promillebereich. Vielmehr versucht vor allem die nach der WM zum Teil auch heftig angezählte Bundestrainerin das ungewollte Zwischenjahr jetzt eben als Chance zu betrachten.

Knifflige Kaderfragen für Voss-Tecklenburg

"Dieses Spiel darf keine Eintagsfliege sein", sagte Voss-Tecklenburg nach den Toren von Schüller (21.), Johanna Elsig (26.), Ingrid Engen (60./Eigentor) und Marina Hegering (71.). "Es ist toll, dass wir auf vielen Positionen und auf vielen Ebenen Optionen haben."

In der Startelf gegen Norwegen standen die Teenager Sophia Kleinherne (1. FFC Frankfurt), Sydney Lohmann (Bayern München) oder Lattwein (TSG Hoffenheim/alle 19).

Die zwei Jahre ältere Laura Freigang vom 1. FFC Frankfurt kam zu ihrem Länderspiel-Debüt, und auch die blitzschnelle Schüller, die im Sommer vom SC Freiburg zu den Bayern wechseln wird, darf mit ihren 22 Jahren noch als Perspektivspielerin gelten.

Auf Voss-Tecklenburg wartet nun die ebenso reizvolle wie durchaus mit Konfliktpotenzial beladene Aufgabe, an der DFB-Elf der Zukunft zu basteln. Sie kann und muss aus den jungen Spielerinnen, die frech und selbstbewusst auftraten, und den routinierten Kräften wie Spielführerin Alexandra Popp oder Champions-League-Siegerin Dzsenifer Marozsán ein harmonisches Gesamtgefüge bilden.

"Wir wissen, dass wir einen guten und ausgeglichen Kader haben", sagte Voss-Tecklenburg, weiß aber auch: "Das macht unseren Job am Ende nicht einfacher."

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