26.09.2019 08:20 Uhr

Bayerns Drahtseilakt mit Robert Lewandowski

Faustpfand und Risiko: Robert Lewandowski ist beim FC Bayern unangefochten
Faustpfand und Risiko: Robert Lewandowski ist beim FC Bayern unangefochten

Unangefochtene sieben Mal wurde er in seinem Heimatland Polen zum Fußballer des Jahres gekürt, einmal ergatterte er die Torschützenkanone im polnischen, viermal im deutschen Oberhaus. Er hat unlängst sein 200. Pflichtspieltor für den FC Bayern München erzielt und in der Bundesliga häufiger getroffen, als jeder andere ausländische Kicker, der jemals die Schuhe in der deutschen Eliteklasse schnürt - dennoch gilt Robert Lewandowski nicht selten als Achillesferse der Bayern.

"Wir sind schon ein Stück weit darauf angewiesen, dass Robert gesund und fit bleibt", referierte Bayern-Star Joshua Kimmich unlängst im "ZDF" auf die Frage, die seit einigen Jahren wie ein Damoklesschwert über München baumelt: Was wird aus den hochgesteckten Saisonzielen, wenn der Torjäger vom Dienst nicht zur Verfügung steht?

Dass Lewandowski auch mit 31 Jahren ein absoluter Vorzeigeathlet ist, steht dabei außer Frage. Als er sich von 2010 bis 2014 im BVB-Trikot erstmals in den Fokus der breiten Öffentlichkeit ballerte, nannten seine Mitspieler Lewandowski bereits "The Body". Fünf Jahre später schwärmte Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge: "Robert hat einen Körper wie Arnold Schwarzenegger." Die Zeit kann dem Kapitän der polnischen Nationalmannschaft offenbar nichts anhaben.

Hinter Lewandowskis anscheinend unzerstörbarem Traumkörper steckt allerdings kein Geheimnis, sondern bedingungslose Disziplin. Das belegt ein Interview, das Lewy Anfang 2016 der "Welt" gab. Nach Vorgabe seiner Frau Anna, einer erfolgreichen Fitnesstrainerin, -influencerin und -unternehmerin, hält sich Lewandowski an einen strickten Speiseplan, verzichtet auf Alkohol, Milchprodukte, Weizen und Gluten. Gipfel des Genusses: Dunkle Schokolade mit einem Kakaoanteil von 100 Prozent. Zudem legt der Offensivspieler an freien Tagen Zusatzschichten in seinem privaten Fitness-Raum ein.

Dass das Konzept aufgeht, ist der Konkurrenz nicht verborgen geblieben. Dass "enorme Wissen" seiner Frau habe "viele andere Spieler aus dem internationalen Fußball" dazu bewegt, mit ihr zusammenarbeiten zu wollen, so der erfolgreichste aktive Torjäger der Bundesliga.

Dogma des FC Bayern gilt nicht für Lewandowski

Die harte Arbeit zahlt sich aus. Für den Stürmer setzte der FC Bayern im Sommer 2019 sogar das Vereinsdogma, Verträge von Spielern über 30 maximal um eine weitere Spielzeit zu verlängern, außer Kraft. Lewandowskis neues Arbeitspapier endet erst im Sommer 2023.

Einigkeit soll schon länger bestanden haben, die Unterschrift erfolgte jedoch erst wenige Tage nach seinem 31. Geburtstag. Zufall oder ein lautstarkes Signal an die Konkurrenz? 

Das Fehlen besagter Konkurrenz ist es allerdings, für das der FC Bayern nicht selten Rechenschaft ablegen muss. Lewandowski verkörpert unbestritten Weltklasse, sollte der Dauerbrenner allerdings erstmals länger ausfallen, dürften zumindest die ganz großen Titel für die Bayern in weite Ferne rücken.

Dass Lewy seit seinem Wechsel zum FC Bayern 2014 lediglich bei sechs von möglichen 265 Pflichtspielen verletzungsbedingt nicht im Kader stand, ist beinahe unglaublich und untermauert, dass bis ins kleinste Detail ausgearbeitete Muskeln manche Blessur verhindern. Gegen die Folgen einer ungestümen Attacke oder eines unglücklichen Tritts ist aber auch die "Maschine" Lewandowski nicht gefeit. Serge Gnabry oder Thomas Müller könnten in die Bresche springen, über eine echte Alternative zu Lewandowski verfügt der Kader der Bayern aber nicht.

Backup-Suche für den FC Bayern keine leicht Aufgabe

Ein Drahtseilakt, der umso mehr überrascht, wenn man bedenkt, dass der Platzhirsch selbst vor der Saison die Werbetrommel für die Verpflichtung eines Backups rührte. "Wenn man die Option eines zweiten Stürmers hat, ist das besser - für die Mannschaft und auch für mich", kommentierte Lewy die Causa Mitte Juni 2019 gegenüber dem "kicker". 

Gerüchte um eine Rückkehr von Mario Mandzukic oder den Kauf von Max Kruse schossen in der Folge ins Kraut, verliefen sich jedoch im Sand. Sicher auch, da die Anforderungen an einen Backup eine hohe Hürde darstellen. Spieler, die bereitwillig ins zweite Glied treten und dennoch zu den besten ihres Fachs gehören, sind schlicht rar gesät.

Das beweist auch der letzte Ersatzmann: Für Sandro Wagner ging mit der Rückkehr zu seinem Ausbildungsverein FC Bayern im Januar 2018 nach eigenen Angaben ein Traum in Erfüllung, ein Jahr später entschied sich der Ex-Nationalspieler aber dennoch dafür, in China ein neues Abenteuer zu wagen.

So problematisch die Abhängigkeit des FC Bayern von Robert Lewandowski auch sein mag, die Liaison zwischen dem Rekordmeister und dem Angreifer ist für beiden Seiten auch ein Segen. Der Verzicht auf namhafte Konkurrenten bedeutet für Lewandowski zugleich bedingungsloses Vertrauen in sein Können und eine Ausnahmestellung im Starensemble der Bayern. Das Wohlfühlklima treibt den Superstar wiederum von Rekord zu Rekord.

Allein in der laufenden Saison erzielte Lewy elf Treffern in acht Pflichtspielen, neun Treffer in den ersten fünf Ligapartien bedeuten zudem die Einstellung einer Uralt-Bestmarke und somit einen weiteren Eintrag in die Geschichtsbücher. Es könnte also kaum besser laufen - zumindest so lange der Körper mitmacht ...

Marc Affeldt

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