10.04.2019 10:33 Uhr

So will Ajax auch Ronaldo und Co. knacken

Ajax will in der Champions League jetzt auch Juventus und Cristiano Ronaldo stoppen
Ajax will in der Champions League jetzt auch Juventus und Cristiano Ronaldo stoppen

Nach dem Coup gegen Real Madrid hofft Ajax Amsterdam im Viertelfinale der Champions League gegen Juventus auf die nächste Sensation. Vor dem Hinspiel am Mittwoch steht vor allem ein Aspekt im Mittelpunkt: Wie können die jungen Wilden "Mr Champions League" Cristiano Ronaldo stoppen?

Mit Hilfe des niederländischen Sport-Journalisten Bastiaan Vrijhof von voetbal.com beantwortet weltfussball die fünf wichtigsten Fragen zum Duell David gegen Goliath.

Der Experte erklärt unter anderem, warum Ajax vor allem Ronaldos Kopfballstärke fürchtet, wieso Trainer Erik ten Hag eines Tages den FC Bayern übernehmen könnte und welche Rolle die Transfergerüchte um Matthijs de Ligt und Co. für die Partien gegen Juventus spielen.

1. Die Torquote von Cristiano Ronaldo insbesondere in der K.o.-Phase der Champions League ist beeindruckend. Gegen Atlético Madrid sorgte der fünffache Weltfußballer mit seinem Dreierpack im Rückspiel quasi im Alleingang für das Weiterkommen. Wie wird Ajax versuchen, den Portugiesen zu stoppen?

Bastiaan Vrijhof: Ajax wird sich nicht nur auf Ronaldo konzentrieren. Sie setzten in der Offensive auf hohes Pressing, werden versuchen, Ronaldo möglichst vom Rest des Teams zu isolieren.

Sein direkter Gegenspieler wird Joel Veltman sein, da Noussair Mazraoui wegen seiner Gelbsperre ausfällt. Das ist ein riesiges Problem. Veltman gab erst am vergangenen Wochenende sein Comeback nach einer schweren Knieverletzung.

Sorgen bereitet Ajax zudem die Lufthoheit von Juventus. Ronaldo und sein Sturmpartner Mario Mandzukic sind sehr kopfballstark. Ajax hat nicht viele große Spieler in der Defensive. Eigentlich kann da nur Kapitän und Abwehrchef Matthijs de Ligt mithalten, aber er wird nicht beide gleichzeitig stoppen können.

2. Ajax ist ein extrem junges Team, viele Spieler haben kaum Erfahrung auf internationalem Level. Juventus dagegen strotzt nur so vor Routine. Die Mannschaft von Trainer Massimiliano Allegri gilt darüber hinaus als extrem abgezockt. Wie können die Niederländer diesen Nachteil ausgleichen?

Bastiaan Vrijhof: Die Ajax-Profis sind alle sehr gierig und wollen unbedingt zeigen, wie gut sie in ihrem jungen Alter jetzt schon sind. Natürlich spielt Erfahrung eine Rolle, aber Ajax hat einige wirklich herausragend talentierte Spieler, beispielsweise Matthijs de Ligt, Frenkie de Jong, David Neres oder auch Torhüter André Onana.

In den Champions-League-Spielen gegen den FC Bayern München, Benfica und Real Madrid war Routine kein Faktor. All diese Teams sind deutlich erfahrener, aber Ajax hat sie geschlagen oder zumindest nicht verloren.

Mit Nicolas Tagliafico, Daley Blind und Dusan Tadic haben die Ajax-Verantwortlichen in den letzten Jahren außerdem drei ältere Spieler verpflichtet. Die Mannschaft ist immer noch die jüngste der Königsklasse, aber das Trio sorgt für etwas mehr Balance im Hinblick auf das Alter.

3. Trainer Erik ten Hag ist so etwas wie der Vater des Erfolgs bei Ajax. Was für ein Trainertyp ist der 49-Jährige, der in der Vergangenheit unter anderem beim FC Bayern arbeitete? Welche taktische Herangehensweise wird ten Hag gegen Juventus wählen?

Bastiaan Vrijhof: Im Auswärtsspiel in München in der Gruppenphase hat ten Hag erstmals mit Tadic einen zentralen Angreifer statt die klassischen Mittelstürmer Kasper Dolberg oder Klaas-Jan Huntelaar spielen lassen.

Das war ein kluger Schachzug. Ajax ist dadurch schwerer auszurechnen. Tadic ist auf dem Platz viel unterwegs, für die Abwehrspieler ist er so kaum greifbar. Und Donny van de Beek stößt dann aus dem zentralen offensiven Mittelfeld in die Lücken, die Tadic reißt.

Eine ganz wichtige Rolle nimmt außerdem Frenkie de Jong ein. Über ihn läuft der Spielaufbau. Der 21-Jährige lässt sich zurück in die Abwehr fallen und die Außenverteidiger rücken vor. Diese Marschroute hat ten Hag bei Ajax eingeführt.

Grundsätzlich will ten Hag die Leute unterhalten, deswegen lässt er immer Angriffsfußball spielen - sogar, wenn es gegen starken Gegner geht. Gegen den FC Bayern und Real Madrid hat er auf sein offensives System vertraut, deswegen wird er das auch gegen Juventus tun.

In München hat ten Hag übrigens intensiv mit Pep Guardiola zusammengearbeitet. Er ist ein großer Fan des Spaniers. Vielleicht wird ten Hag sogar eines Tages das Profi-Team der Bayern übernehmen. Das würde passen, denke ich.

4. Einige Spieler wie Frenkie de Jong (wechselt zum FC Barcelona) und Matthijs de Ligt (umworben unter anderem vom FC Bayern) werden Ajax nach der Saison verlassen. Spielt das in den Duellen mit Juventus eine Rolle?

Bastiaan Vrijhof: Nein, das glaube ich nicht, zumindest nicht in negativer Hinsicht. Der Wechsel von de Jong ist seit Januar in trockenen Tüchern und er spielt weiterhin sehr gut. Die Spieler haben realisiert, dass gerade bei Ajax etwas Besonderes passiert und wollen etwas Großes mit dem Team erreichen.

Wenn dieser Faktor eine Rolle spielt, dann höchstes im positiven Sinne. Spieler wie de Ligt, Hakim Ziyech, Nicolás Tagliafico und Neres wollen zeigen, was sie können, um mögliche Interessenten zu beeindrucken.

5. Das heutige Team von Ajax erinnert viele Experten an die legendären Champions-League-Sieger von 1995. Damals gewann ein Team mit vielen Eigengewächsen unter Trainer Louis van Gaal den Titel in der Königsklasse. Welche Parallelen gibt es?

Bastiaan Vrijhof: 1995 war Ajax ebenfalls sehr talentiert und hatte nur ein paar wenige Routiniers im Team, beispielsweise Frank Rijkaard. Aber heute sind die Unterschiede zwischen den Klubs im europäischen Fußball einfach größer. 1995 durften nur drei Ausländer spielen, also konnten die Ajax-Nachwuchsspieler den Unterschied machen.

Heute haben die großen Klubs viel mehr Geld und können sich die besten Spieler der Welt schon in jungen Jahren kaufen. Für Ajax ist es deswegen viel schwieriger, Erfolg zu haben.

Tobias Knoop

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten