21.03.2019 11:34 Uhr

Hummels vs. Boateng: Wem gibt Bayern den Laufpass?

Wer verlässt den FC Bayern? Jérôme Boateng oder Mats Hummels?
Wer verlässt den FC Bayern? Jérôme Boateng oder Mats Hummels?

Im Sommer 2019 geht der deutsche Rekordmeister auf große Shoppingtour. Das "größte Investitionsprogramm, das der FC Bayern je hatte", kündigte Präsident Uli Hoeneß an. Leidtragende sind einige arrivierte Kräfte. Mats Hummels oder Jérôme Boateng gehören dazu. Einer der beiden Innenverteidiger wird den Klub mit großer Wahrscheinlichkeit verlassen, womöglich sogar beide. Wie ist der Status quo von Hummels, wie der von Boateng?

Auf dem Weg zu seinem Neuaufbau hat der FC Bayern bereits erste Fakten geschaffen. Auf der einen Seite wird sich der Klub von verdienten Spielern wie Arjen Robben (35) und Rafinha (33) trennen. Auch Franck Ribéry (35) spielt seine wohl letzte Saison in München. Auf der anderen Seite wurde mit Weltmeister Benjamin Pavard (22) ein Mann für die Zukunft verpflichtet.

Auch die Transfers Lucas Hernández (23) und Timo Werner (23) sollen sich auf der Zielgeraden befinden bzw. sogar schon perfekt sein.

Mindestens so spannend wie die Frage nach den weiteren Neuverpflichtungen ist die Frage, wer den Klub im Sommer noch verlassen muss. Mats Hummels und Jérôme Boateng nehmen in dieser Diskussion die Hauptrollen ein. Der FC Bayern wird sich für einen der beiden Ex-Nationalspieler entscheiden müssen. Auf wen die Wahl fällt, scheint noch offen. Wie ist die Situation der beiden ehemaligen Weltmeister? Ein Überblick:

  • Mats Hummels: Langsam, aber sicher?

Alter: 30
Vertrag bis: 2021
Pflichtspielminuten 2018/19: 2037
Zweikampfquote Bundesliga 2018/19: 65,5 Prozent
Passquote Bundesliga 2018/19: 91,8 Prozent

Mehr Gegenwind als in der Saison 2018/19 spürte Mats Hummels im Laufe seiner Karriere noch nie. Der ehemalige Weltmeister war im Herbst 2018 ein Gesicht der von den Medien ausgerufenen Krise des FC Bayern. Die Schuldzuweisungen kamen nicht von ungefähr.

Bei der 0:3-Heimpleite gegen Mönchengladbach und dem 2:3 gegen den BVB wirkte Hummels überfordert. Sein fehlendes Tempo wurde von den Gegenspielern schonungslos offen gelegt. Ein Manko, das sich nicht nur in jenen Spielen zeigte. Sowohl in der Vorwärts- als auch in der Rückwärtsbewegung wirkt Hummels längst nicht so agil wie in den Jahren zuvor.

Wenig vorzuwerfen ist dem 30-Jährigen dagegen beim Blick auf die nackten Zahlen: Hummels gewinnt in der Bundesliga 65,5 Prozent seiner Zweikämpfe und bringt 91,8 Prozent seiner Pässe an den Mann - beides ligaweite Top-15-Werte.

Dass es trotzdem Kritik hagelt, liegt nicht nur am Abwehrspieler. Unter Niko Kovac spielt er zwar nicht immer auf dem Niveau, das die Fans von ihm gewohnt sind. Allerdings setzt der Kroate vor allem gegen pressende Mannschaften auf eine zurückhaltende Spielweise, die Hummels nur bedingt entgegenkommt. Der Trainer schafft es so nicht, die Stärken des Innenverteidigers zur Geltung zu bringen und zwingt ihn oft in eine passive Rolle.

Über viele Jahre war Hummels der vielleicht beste deutsche Innenverteidiger. Seine Spieleröffnung, das perfekt getimte Herausrücken und seine Antizipation legten die Messlatte hoch. Mit jetzt 30 Jahren ist er langsamer geworden, kommt häufiger den berühmten Schritt zu spät. Die Folge sind Fehler, die ihm in der Vergangenheit nicht unterlaufen sind. Zum "alten Eisen", wie nicht nur Niko Kovac selbst feststellte, gehört er dadurch aber noch lange nicht.

Genügt Hummels' Spiel noch höchsten Ansprüchen? Im richtigen System mit den richtigen Nebenleuten ganz sicher. Findet er diese Kombination derzeit beim FC Bayern? Ganz sicher nicht. Sollten die Zeichen auf Trennung stehen, müsste Hummels aber wohl nicht lange auf ein passendes Angebot warten. In England scharren einige Klubs angeblich schon mit den Hufen und können es kaum erwarten, eine offizielle Anfrage an die Säbener Straße zu schicken.

  • Jérôme Boateng: Auf dem Sprung?

Alter: 30
Vertrag bis: 2021
Pflichtspielminuten 2018/19: 1980
Zweikampfquote Bundesliga: 68,1 Prozent
Passquote Bundesliga: 90,1 Prozent

Wäre es im Sommer 2018 nach Jérôme Boateng gegangen, würde er schon nicht mehr das Trikot des FC Bayern tragen. Der 30-Jährige wollte den Klub vor Saisonbeginn verlassen. Die Münchner legten ihr Veto ein, weil kurzfristig kein passender Ersatz zu finden war. Ein erster Fingerzeig, was Boateng in den Monaten danach erwarten würde.

Bei nur drei nominellen Innenverteidigern im Kader war klar, dass auch Boateng im Laufe der Saison seine Minuten bekommen würde. 1980 sind es bis zu diesem Zeitpunkt in allen Wettbewerben. Zufrieden ist der 30-Jährige damit nicht.

Nicht in der Startelf zu stehen, sei nicht sein Anspruch, bekräftige Boateng im Februar, als er in drei Pflichtspielen in Folge zu Beginn nur auf der Bank saß. Auch in den wichtigen Duellen gegen den FC Liverpool ließ ihn Niko Kovac 180 Minuten schmoren. Viel mehr als die Nummer 1c ist der gebürtige Berliner für seinen Trainer nicht.

Zum Verhängnis wurden Boateng im Laufe der Saison unter anderem einige individuelle Fehler, die zu Gegentoren führten und seine Nebenmänner in die Bredouille brachten. Diese Fehler unterliefen allerdings auch seinen beiden Konkurrenten Hummels und Süle. Warum Boateng bei Kovac häufiger keine Berücksichtigung fand, bleibt ein Geheimnis des Trainers.

In Sachen Spieleröffnung und Offensivdrang bringt Boateng immer noch Top-Niveau mit. Offensichtlich sind dagegen seine Schwächen in der Defensive, seiner ursprünglichen Kernkompetenz. Eine Kompetenz, die bei Niko Kovac ganz oben auf dem Anforderungsprofil steht.

Allerdings sprechen die Zahlen auch bei Boateng eine eindeutige Sprache: Fast 70 Prozent gewonnene Zweikämpfe und eine Passquote von über 90 Prozent sind Werte, von denen andere Innenverteidiger in der Liga träumen - und andere Vereine. Derzeit scheinen die Zeichen zwischen Boateng und dem FC Bayern klar auf Trennung zu stehen. Ob Paris oder England: Probleme, einen neuen Klub zu finden, wird der ehemalige Nationalspieler trotz einer durchwachsenen Saison nicht haben.

Christian Schenzel

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