18.01.2019 08:43 Uhr

Bayern im Check: Der Zweck heiligt den Titel

Wird der FC Bayern am Ende der Saison noch Deutscher Meister?
Wird der FC Bayern am Ende der Saison noch Deutscher Meister?

Zeitenwende: Vor genau einem Jahr hatte der FC Bayern München zum Start der Rückrunde als Erstplatzierter der Fußball-Bundesliga noch elf Punkte Vorsprung. Doch 2019 sieht die Welt anders aus. Der deutsche Rekordmeister ist nur noch Verfolger von Spitzenreiter Borussia Dortmund. Saftige sechs Punkte trennen die beiden Schwergewichte. Sind die Bayern in der Lage, diesen Rückstand wettzumachen? Der Rückrunden-Check.

Bayern-Rückrundencheck: Testspiele/Form

Mit 25 Feldspielern und vier Torhütern reisten die Münchner in ein einwöchiges Wintertrainingslager nach Doha/Katar. Rund zwei Stunden pro Tag schufteten die Bayern-Profis bei 25 Grad Celsius und praller Sonne für die Aufholjagd. Thomas Müller frohlockte: "Man merkt jedem an, dass die Tristesse vom November bei keinem mehr zu spüren ist."

Niko Kovac arbeitete mit seinen Schützlingen nicht nur an der Fitness, sondern ließ auch Spielzüge einstudieren und verfeinerte das aus der Hinrunde bekannte 4-2-3-1-System. In einer internen und geheimen Testpartie über 90 Minuten wurde die Spielweise von Auftakt-Gegner 1899 Hoffenheim simuliert. 

Auf die Rückkehr nach Deutschland folgte der Turniersieg beim Telekom Cup. In zwei Partien schlugen die Süddeutschen erst Fortuna Düsseldorf nach einem torlosen Remis mit 8:7 im Elfmeterschießen. Im Finale gab es schließlich gegen Borussia Mönchengladbach (nach einem 0:0 in der regulären Spielzeit) ein 4:2 vom Punkt. "Gut ist, dass wir kein Tor gekriegt haben", resümierte Joshua Kimmich, "schlecht ist, dass wir kein Tor gemacht haben."

Eine echte Standortbestimmung war das Vorbereitungsturnier nicht. Auch Kovac sah den Telekom Cup lediglich als "bessere Trainingseinheit" und mahnte: "Wir müssen durchschlagskräftiger werden, wir haben einige Chancen liegengelassen." 

Bayern-Rückrundencheck: Personal

Neben Corentin Tolisso, der noch bis März mit einem Kreuzbandriss ausfällt, stehen Arjen Robben und Franck Ribéry vorerst nicht zur Verfügung. Der Franzose erlitt im Trainingslager einen Muskelfaserriss, der Niederländer fehlt wegen einer anhaltenden Oberschenkelreizung und konnte bislang noch nicht mit dem Team trainieren.

James Rodríguez hingegen kehrte nach überstandenen Knieproblemen (Außenbandanriss) zu Jahresbeginn ins Training zurück und hinterließ sofort einen guten Eindruck. "Er spielt Bälle, die sonst keiner spielt", lobte Müller seinen Kollegen.

Auch Kovac machte deutlich, dass er an einer Verbesserung des angeblich gestörten Verhältnisses zum Kolumbianer interessiert ist. "Si James, muy bien", lobte der Kroate den Mittelfeldspieler auffällig oft in Katar. 

Bayern-Rückrundencheck: Transfers

Während die Konkurrenz im Januar regelmäßig shoppen geht, sind Wintertransfers beim Rekordmeister eine absolute Rarität. In den vergangenen zehn Jahren wechselten nur fünf Spieler zur Saison-Halbzeit an die Säbener Straße. In diesem Jahr war es mit Alphonso Davies mal wieder soweit. 

Allerdings stand der Transfer des jungen Kanadiers bereits seit Ende Juli 2018 fest. Nach Abschluss der MLS-Saison stieg der 18-Jährige Ende November ins Bayern-Training ein und nutzte die Zeit, um sich zu akklimatisieren. 

David Alaba bezeichnete den Außenbahnspieler als "Super-Junge" mit "viel Qualität und Potenzial". In jeder Einheit sei Davies' Ehrgeiz gut zu erkennen. Der verletzungsbedingte Ausfall von Ribéry und Robben zum Rückrundenstart könnte dazu führen, dass Bayerns neue Nummer 19 schon am Freitag gegen 1899 Hoffenheim dabei sein darf - als Joker.

Außerdem gab Hasan Salihamidzic den Transfer von Benjamin Pavard bekannt. Der französische Weltmeister vom VfB Stuttgart wechselt jedoch erst im Sommer an die Säbener Straße. 

Derweil ranken sich weiter Gerüchte um die Zukunft von James. Der Kolumbianer wird unter anderem beim FC Arsenal, FC Liverpool und beim SSC Neapel gehandelt. Noch ist offen, ob der FC Bayern die Kaufoption im Leihvertrag des 27-Jährigen zieht. Eines steht jedoch fest: einen direkten Weiterverkauf wird es nicht geben. "Wenn wir uns für einen gestandenen Spieler entscheiden, dann bleibt er auch Teil des FC Bayern", erklärte Salihamidzic.

Bayern-Rückrundencheck: Das macht Sorgen

Obwohl die Bayern mit fünf Siegen in Folge in die Winterpause gingen, kehrte keine anhaltende Ruhe ein. Das lag vor allem an der Goldsteak-Affäre rund um Franck Ribéry, aber auch an Spekulationen über die Zukunft von James und Mats Hummels.

Letztgenannter wurde aufgrund seiner Reservisten-Rolle mit einem Wechsel nach England in Verbindung gebracht. Zuletzt dementierte der Weltmeister von 2014 aber etwaige Abwanderungsgedanken.

Trotzdem wird sich der 30-Jährige vorerst mit einer Rolle auf der Bank anfreunden müssen. Kovac setzt offenbar auf Niklas Süle und Jérôme Boateng in der Innenverteidigung.

Wie sich der interne Konkurrenzkampf in allen Mannschaftsteilen in der Rückrunde aufs Binnenklima auswirken wird, ist noch offen. In der Hinrunde war die Unzufriedenheit der Stars nach mehreren sieglosen Spielen in Folge jedoch bereits deutlich zu spüren. Sei es der Handschlag-Eklat von James, die Instagram-Beschwerde von Müller-Frau Lisa oder Ribérys Ausraster gegen einen französischen Journalisten. 

Auch die Bayern-Bosse trugen mit ihrer vielbeachteten Medienschelte im Oktober einen großen Teil dazu bei, dass die Münchner wieder als der "FC Hollywood" wahrgenommen werden. Zurückhaltung für das große Ziel? Fehlanzeige!

Bayern-Rückrundencheck: Das macht Hoffnung

Mit Alphonso Davies haben die Münchner offenbar eine sinnvolle Verstärkung für die Außenbahnbahnen an Land gezogen. "Er ist im Vergleich zu unseren Amateurspielern schon sehr viel weiter. Er hat die Qualität, beim FC Bayern zu spielen, auch schon in der Rückrunde. Wenn er das umsetzt, was wir im Training sehen, wird er hier viele Spiele machen", sagte Kovac. 

Mit seiner "brutalen Schnelligkeit, seiner extremen Dynamik" (Kimmich) könnte der 18-Jährige zur Geheimwaffe werden. Schon beim Telekom Cup deutete Davies sein Potenzial an, zeigte einen sehenswerten Hackentrick und ließ den ein oder anderen Gladbacher Verteidiger im Laufduell stehen. "Er hat die Qualität, uns zu helfen", bestätigte Süle. 

Neben Davies hinterließ auch Robert Lewandowski einen starken Eindruck. Der Pole ließ in Doha im wahrsten Sinne des Wortes die Muskeln spielen und präsentierte sich mit gestähltem Körper. Der Pole ist in bester Verfassung, um seinen bisherigen zehn Treffern noch viele weitere folgen zu lassen. Im Trainingslager übernahm der 30-Jährige deutlich sichtbar Verantwortung, dirigierte seine Nebenleute lautstark. Nicht umsonst hat Kovac den Angreifer unlängst zum dritten Kapitän befördert.

Auch Jérôme Boateng wirkte zuletzt fit wie lange nicht mehr. "Kritik und Zweifel, die mir gegenüber aufgekommen sind, nehme ich als Motivation, denn ich bin noch längst nicht am Ende", richtete der Nationalspieler eine Kampfansage an die Fußball-Welt. Am nötigen Selbstvertrauen für die Aufholjagd mangelt es den Bayern nicht. 

Bayern-Rückrundencheck: Prognose

Sechs Punkte Rückstand sind für einen FC Bayern in Top-Form keine allzu große Hürde. Der deutsche Rekordmeister wird in der Rückrunde insgesamt geschlossener und konstanter auftreten und Wackler der Konkurrenz konsequent ausnutzen.

Allen voran Arjen Robben und Franck Ribéry dürfte es daran gelegen sein, persönliche Animositäten zurückzustellen, um ihr Lebenswerk zum Abschied mit einem Titel zu vergolden. 

"Es gibt keinen hier, der nicht davon überzeugt ist, dass wir Meister werden", sagte Niklas Süle zu Beginn des Trainingslagers. Und während der BVB noch tief stapelt, wird genau diese Überzeugung dazu führen, dass der deutsche Rekordmeister auch am Ende der Saison 2018/2019 wieder ganz oben steht.

Chris Rohdenburg

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