08.01.2019 11:35 Uhr

Pulisic in Blau: Raus aus der Komfortzone

Christian Pulisic spielt in der nächsten Saison im blauen Trikot
Christian Pulisic spielt in der nächsten Saison im blauen Trikot

Im Sommer wird Christian Pulisic seine Zelte endgültig beim BVB abbrechen und seinen Traum in der Premier League leben. Leicht hat es der US-Amerikaner beim FC Chelsea künftig aber nicht, wobei das System der Blues ein Türöffner sein könnte. Der Londoner Spitzenklub wird vom Transfer in jedem Fall profitieren, unabhängig von der sportlichen Rolle des Neuzugangs.

"Ich hatte fünf überragende Jahre in Deutschland", erklärte der 20-Jährige kurz nach der offiziellen Verkündung im Gespräch mit seinem neuen Arbeitgeber: "Es war unglaublich, ich bin sehr dankbar dafür." Schon über die Sozialen Netzwerke hatte sich Christian Pulisic unmittelbar nach dem Transfer an die große BVB-Familie gewendet und sich beim Revierklub bedankt.

Pulisics warme Worte zum baldigen Abschied kommen nicht von ungefähr: In Dortmund konnte der Flügelstürmer über Jahre hinweg unbeschwert aufspielen. Auch wenn die Leistungen von Pulisic, der in der Hinrunde nur fünfmal in der Startelf stand, vor allem in dieser Saison schwanken: Eine Schonfrist gab es für den Angreifer nie.

"Ich wäre nicht dort, wo ich heute bin ohne den BVB und sein Vertrauen in junge Spieler und ihnen eine Chance zu geben, sich auf so hohem Niveau wie dem der Bundesliga und auch der Champions League zu beweisen", so Pulisic in seinem Statement.

64 Millionen Euro überweisen die Blues nun an den BVB, um Pulisic jedoch direkt für die Rückrunde an die Borussia auszuleihen.

Erwartungen an Pulisic höher als beim BVB

Die Wohlfühloase in der Bundesliga wird ab Juli hingegen Geschichte sein. Als nunmehr drittteuerster Neuzugang der Vereinsgeschichte werden die Erwartungen an Pulisic beim FC Chelsea immens ausfallen.

Eine lange Zeit der Eingewöhnung wird er daher wohl nicht bekommen. Zwar betonte Chelsea, weiterhin "großes Potenzial" beim jungen Neuzugang zu erkennen. Dennoch ist Pulisic keineswegs als Perspektivspieler verpflichtet worden. 

Schon jetzt freut sich der Spitzenklub auf die Qualitäten des 23-fachen Nationalspielers. "Agil, schnell, beidfüßig: Pulisic ist von Natur aus ein Rechtsaußen, fühlt sich aber auch auf der linken Seite oder hinter einem Stürmer wohl", so die Beschreibung für den Neuzugang von Seiten des Klubs.

Bei den Blues wird es Pulisic auf den Außen jedoch zunächst mit namhafter Konkurrenz zu tun haben. Teammanager Maurizio Sarri setzt in seinem festen 4-3-3-System auf der rechten Seite in der Regel auf den Brasilianer Willian, in London längst eine Größe im Team. 

Variables Chelsea-System kommt wie gerufen

Mit seiner Erfahrung aus über 180 Premier-League-Spielen geht der 30-Jährige vorweg. Zudem wird Willian ebenfalls als Linksaußen eingesetzt. In dem Fall agieren über rechts entweder der ehemalige Barca-Angreifer Pedro oder der 22 Jahre alte Ruben Loftus-Cheek. Da auch Superstar Eden Hazard über die linke Seite kommt, hat Sarri auf den Außen schon jetzt beste Möglichkeiten.

Der italienische Coach nutzt die Variabilität seiner Offensivspieler dabei voll aus und rotiert von Partie zu Partie. Damit ist das Angriffsspiel der Londoner für die Gegner schwieriger auszurechnen.

Pulisic hat diese Spielweise bei seinem künftigen Arbeitgeber längst erkannt. "Ich konnte in diesem Jahr ihr System beobachten", so der US-Amerikaner zu "ESPN": "Ich habe gesehen, wie ihre Außenspieler agieren. Es ist ein Fußball, den ich mir sehr gerne angucke."

Da Pulisic auf dem Feld selbst äußerst variabel ist, dürfte das Sarri-System gut zu seiner Spielweise passen. "Ich denke, sie sehen mich definitiv auf den Flügeln. Sie wissen aber auch, dass ich beinahe überall im Angriff eingesetzt werden kann."

Obendrein winkt die langfristige Perspektive in London: Pulisic soll schließlich irgendwann in die Fußstapfen von Willian und Pedro treten.

Angriff auf den US-Markt: Pulisic als Baustein

Der kostspielige Deal mit dem BVB dürfte sich für den englischen Meister von 2017 somit schnell auszahlen. Dennoch hat der Transfer auch eine andere Tragweite. Immerhin ist Pulisic auch auf der Insel längst als der große Star aus den USA bekannt.

So werden die Blues ihre Marketing-Abteilung auf der anderen Seite des großen Teichs in Zukunft stärker ankurbeln als zuvor. Dass der erst 20-Jährige schon jetzt eine enorme Strahlkraft hat, die finanzielle Vorteile bringt, stellte bereits der BVB eindrucksvoll unter Beweis.

Neun Tage dauerte die Reise im vergangenen Sommer durch die USA an, Pulisic war dabei der zentrale Baustein. Kein Wunder, gilt er in den Vereinigten Staaten als vielleicht talentiertester Spieler aller Zeiten und führte die Nationalmannschaft als jüngster Kapitän der US-Verbandsgeschichte auf das Feld. Bei Marketingterminen des BVB durfte der amerikanische Fußballer des Jahres 2017 daher auf keinen Fall fehlen.

"Wenn du einen amerikanischen Stürmer dieser Qualität unter Vertrag hast, ist das klasse", so BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer im Juli deutlich. Seit Jahren greift die Borussia auf dem US-Markt an, der längst noch nicht erschöpft ist.

Gut möglich, dass der FC Chelsea im Flügelstürmer einen ähnlichen Wert erkennt. So gesehen haben die Blues mit dem 64-Millionen-Euro-Transfer schon jetzt die Weichen auf Erfolg gestellt. Und Pulisic? Der muss sich im Sommer eine neue Wohlfühloase schaffen.

Gerrit Kleiböhmer

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