14.10.2018 11:22 Uhr

Zögerlich und unentschlossen: Neuer nur noch Durchschnitt?

Zuletzt kein sicherer Rückhalt: Manuel Neuer (l.)
Zuletzt kein sicherer Rückhalt: Manuel Neuer (l.)

Als Ausnahmetorhüter beeindruckte Manuel Neuer jahrelang die Fußball-Welt. In Amsterdam patzte der deutsche Kapitän nun nicht zum ersten Mal in dieser Saison.

Neuer stand mit regungsloser Miene in den Katakomben der Johan-Cruyff-Arena. Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft wirkte müde, sein Blick leer. Der Albtraum von Amsterdam hatte auch bei Neuer sichtbar Spuren hinterlassen.

"Eine Mitschuld habe ich auf jeden Fall", gab er nach der historischen 0:3-Pleite zu. Der Torhüter leitete sie mit seinem Fehler vor dem ersten Gegentreffer durch Virgil van Dijk (30.) sogar ein.

Es passte ins Bild der vergangenen Wochen. Der eigentlich Unfehlbare, der Ausnahmetorhüter schwächelt. In Amsterdam irrte Neuer nach einem Eckball unentschlossen durch seinen Fünfmeterraum.

"Aber es war wirklich eine Torschussflanke, sehr schwer dranzukommen für mich. Wir verlieren dann auch wieder zwei Kopfballduelle, also ich denke, ich habe eine Mitschuld und unsere Defensivspieler auch", lautete Neuers Urteil.

Kahn: "Wenn er ihn nicht bekommt, soll er lieber auf der Linie bleiben"

Bundestrainer Joachim Löw und Torwart-Legende Oliver Kahn sahen es etwas anders. "Wahrscheinlich kann der Manuel diesen Ball abfangen, er steht ein bisschen zu weit am kurzen Eck", sagte Löw, während für "ZDF"-Experte Kahn die Schuldfrage eindeutig beantwortet war: "Wenn der Torwart die Linie verlässt, dann muss er den Ball bekommen, fangen oder wegfausten, das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Wenn er ihn nicht bekommt, soll er lieber auf der Linie bleiben. So hat er gar keine Chance mehr, aber das passiert."

Es passierte aber nicht zum ersten Mal in dieser Spielzeit. Neuer ist eines der Gesichter der Krise beim deutschen Rekordmeister Bayern München. Der 32-Jährige hat sie mit seinem Fehler beim 1:1 gegen den FC Augsburg sogar mit eingeleitet.

Seine Paradequote in dieser Saison, rechnete der "kicker" vor, liegt in der Bundesliga nur noch bei 57,9 Prozent. Diese Marke wird nur von Hoffenheims Oliver Baumann (57,7) und Fabian Bredlow (46,7) in der Nürnberger Schießbude unterboten. In der Vergangenheit kam Neuer in der Regel auf eine Quote von rund 80 Prozent.

"Weltklassekeeper" ter Stegen weiter ohne Chance

Bei Löw ist Neuer aber weiter unumstritten, auch wenn er den sechs Jahre jüngeren Marc-André ter Stegen als "Weltklassekeeper auf allerhöchstem Niveau" und "kommenden Mann" sieht. Für das Nations-League-Spiel am Dienstag in St. Denis gegen Weltmeister Frankreich gibt es keine Anzeichen, dass Neuer nicht im Tor stehen wird.

Dabei hat er auch weltweit in der Wahrnehmung seiner Kollegen nachgelassen. Von 2013 bis 2016 stand Neuer noch in der Weltelf der FIFpro, der internationalen Vereinigung der Profifußballer, 2017 reichte es immerhin noch für die Shortlist mit fünf Torhütern. 2018 fehlt Neuer - dafür ist erstmals ter Stegen dabei.

Auch bei der WM schien Neuer nach monatelanger Verletzungspause nicht auf dem Zenit seines Könnens, wenngleich er, wie Löw betonte, eine "normale Leistung" brachte. Allerdings: Nur normale Leistungen war man von Neuer über Jahre nicht gewöhnt. Und ein zögerliches Verhalten wie in Amsterdam schon gar nicht.

Online-Wettanbieter: bet365 | Interwetten | sportingbet | Tipico Sportwetten