12.10.2018 11:35 Uhr

Italien-Check: "BoaPeng" rockt - Wunderkind im freien Fall

Kevin-Prince Boateng und Sassuolo sind eine der großen Attraktionen der Serie A
Kevin-Prince Boateng und Sassuolo sind eine der großen Attraktionen der Serie A

Acht Spieltage sind in der italienischen Serie A gespielt. Der Kampf um die Meisterschaft ist schon jetzt keiner mehr. Mit erdrückender Dominanz marschiert Rekordchampion Juventus an der Spitze vorweg. Immerhin gibt es im Windschatten der Alten Dame einige interessante Entwicklungen mit ungewöhnlichen Gewinnern und Verlierern, Aufsteigern und Absteigern. weltfussball gibt einen Überblick:

  • Die Überflieger: Sassuolo Calcio

Acht Spiele, vier Siege, 13 Punkte, Tabellenplatz acht: Spektakulär liest sich die sportliche Bilanz von Sassuolo Calcio nicht. Und dennoch ist einer der kleinsten Vereine der Liga in dieser Saison eine der größten Attraktionen.

Das Team steht für "anti-italienischen" Hurra-Fußball. 29 Tore sind in den Begegnungen mit Sassuolo-Beteiligung in dieser Saison gefallen - Spitzenwert. Wann immer die Elf von Neu-Trainer Roberto De Zerbi den Platz betritt, geht es hoch her.

Fundament der attraktiven Spielweise ist der für italienische Verhältnisse ungewöhnlich junge Kader (Durchschnittsalter 25,2), der vor der Saison für knapp 50 Millionen Euro aufgerüstet wurde. Ex-Bundesligaprofi Kevin-Prince Boateng ist der einzige Neue, der die 30 Jahre bereits überschritten hat.

Boateng ist gleichzeitig derjenige, der im variablen System von De Zerbi den Takt vorgibt. An ihm richtet sich das Team auf, er bestimmt das Tempo und ist mit drei Saisontoren gleichzeitig der beste Torschütze der Mannschaft, die in acht Spielen bereits neun verschiedene Torschützen bejubeln durfte (nur Rom hat bisher mehr verschiedene Torschützen). Aber auch er ordnet sich dem Kollektiv unter, das die Elf so unberechenbar macht.

Die Zukunft sieht rosig aus: Die Spiele gegen Juventus, Inter und Neapel hat Sassuolo bereits hinter sich. Die zweite Hälfte der Hinrunde könnte für die Schwarz-Grünen in ihrer sechsten Serie-A-Saison zu einem kleinen Triumphzug werden. Wundern würde sich mittlerweile niemand mehr darüber. 

  • Die Tiefflieger: Atalanta Bergamo

In der Saison 2016/17 beendete Atalanta das triste Dasein im Niemandsland der Tabelle und stürmte zwei Jahre in Folge in den Europacup. Prompt vervielfachte der Klub seine Sommer-Ausgaben für Transfers. Auch vor der aktuellen Spielzeit investierten "La Dea" (dt. die Göttinnen) knapp 50 Millionen Euro in neue Spieler. Das Resultat ist niederschmetternd.

Bergamo startete mit einem 4:0-Sieg gegen das nicht konkurrenzfähige Frosinone Calcio in die Saison und ließ ein 3:3 gegen die Roma folgen. In den letzten sechs Spielen holte die Mannschaft aber gerade einmal zwei Punkte bei einem Torverhältnis von 2:8. Die Prognose ist nicht vielversprechend, denn die Partien gegen die Top-Teams kommen erst noch.

Trainer Gian Piero Gasperini führt die ausbleibenden Ergebnisse auf "viel Pech" zurück - eine Aussage, die für Trainer oftmals der Anfang vom Ende ist. Zumal Gasperini an der Talfahrt nicht ganz schuldlos ist. Auch er machte sich für Rekord-Zugang Duván Zapata (14 Mio. Leihgebühr, null Tore) und Spieler wie Davide Bettella (7 Mio. Ablöse) stark. Eingeschlagen hat bislang keiner der Einkäufe. Die Kritik an Gasperini nimmt wöchentlich zu. Gut möglich, dass Atalanta schon bald einen neuen Übungsleiter braucht.

  • Der Aufsteiger: Rodrigo de Paul (Udinese Calcio)

Neben dem offensichtlichen Kandidaten für den Aufsteiger des Jahres, Super-Knipser Krzysztof Piatek vom FC Genua, gibt es einen weiteren Spieler, der in dieser Saison erstmals die Schlagzeilen bestimmt: Mittelfeldspieler Rodrigo de Paul von Udinese Calcio.

Der 24-jährige Argentinier kam 2014 nach Europa und spielte zunächst für den FC Valencia. Sein Debüt dauerte genau 60 Sekunden und endete mit einem Blitz-Platzverweis. Nach zwei Jahren Stillstand inklusive Kurz-Rückkehr nach Argentinien heuerte der Außenstürmer im Sommer 2016 in Udine an. Einer unscheinbaren Debütsaison folgte nun der Durchbruch.

In nur acht Spielen traf der Argentinier bereits vier Mal und stellte seinen bisherigen Karrierebestwert ein. Dazu legte er zwei weitere Treffer auf. Die Belohnung für seine Leistungsexplosion: die erstmalige Berufung in den Kader der Albiceleste.

"Er ist ein absolut außergewöhnlicher Mensch und Spieler. Und er ist noch lange nicht bei 100 Prozent angekommen", lobte Udinese-Coach Julio Velázquez seinen Überflieger jüngst. De Paul zahlt das Vertrauen mit Toren zurück. Wie lange er das noch im schwarz-weißen Trikot macht, steht in den Sternen.

  • Der Absteiger: Gianluigi Donnarumma (AC Milan)

Vom "kommenden Welttorhüter" zum Bankdrücker? Dieses Schicksal droht Milan-Keeper Donnarumma, der in der vergangenen Saison für seine Heldentaten noch von der Fußball-Welt gefeiert wurde. Einige Fehler haben nun teils heftige Kritik hervorgerufen. Die Forderungen nach einem Bankplatz wurden zu Saisonbeginn von Woche zu Woche lauter.

Die Last, das Erbe von Gigi Buffon anzutreten, wiegt offenbar schwer. Der 19-Jährige strahlt aktuell nicht immer die Ruhe aus, die nötig ist, um einer teils fahrlässig agierende Hintermannschaft Sicherheit zu geben. Hinzu kommt: Wenn ein Klub wie der AC Milan mit nur einem Sieg aus den ersten sechs Spielen in die Saison startet, wird jede Personalie hinterfragt. Donnarumma gehört dazu.

Problematisch sind die Formschwankungen des Keepers eigentlich nicht. In seinem Alter gehören Fehler dazu. Allerdings soll der Youngster schon bald bei einem der ganz großen Klubs zwischen den Pfosten stehen. Paris Saint-Germain und Juventus Turin werden in diesem Zusammenhang immer genannt. Hier ist der Druck noch mal ein ganz anderer. Diese Last sollte Donnarumma besser (noch) erspart bleiben.

Christian Schenzel

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