09.09.2018 10:01 Uhr

Bosnien-Team: Eine Einheit dank Ivica Osim

Ivica Osims Wort hat in Bosnien-Herzegowina Gewicht
Ivica Osims Wort hat in Bosnien-Herzegowina Gewicht

In kaum einem anderen Land hat das Fußball-Nationalteam ein derart hohes Potential zur Völkerverbindung wie in Bosnien-Herzegowina. Großen Anteil daran hat Ex-Sturm-Graz-Meistermacher Ivica Osim.

Im Normalfall gilt eine Nationalmannschaft als fußballerisches Aushängeschild ihres Landes, als Gradmesser dafür, welche Rolle eine Nation in der populärsten Sportart der Welt spielt. Im Fall von Bosnien-Herzegowina geht die Bedeutung weit darüber hinaus - das Team hat im von Nationalitätenkonflikten geprägten Balkanstaat das Potential, einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten.

>> Liveticker: Bosnien-Herzegowina gegen Österreich

Diese Meinung vertritt zumindest Valentin Inzko, der Hohe Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina. Die Zeiten, in denen die bosnische Auswahl als Team der Bosniaken, der bosnischen Muslime, gesehen wurde, seien vorbei. "Die Nationalmannschaft ist für alle Bevölkerungsgruppen zunehmend attraktiver geworden, ihr Stellenwert ist gestiegen", sagte Inzko der APA.

Bosnien-Teamchef Prosinečki: "Ich will, dass die Besten spielen"

Als Beleg dafür dient der von Teamchef Robert Prosinečki nominierte Kader für die Nations-League-Partien gegen Nordirland und Österreich. Der Sohn eines Kroaten und einer Serbin holte mit Darko Todorović, Ognen Vranjes, Bojan Nastić, Gojko Cimirot, Rade Krunić und Goran Zakarić gleich sechs Kicker mit serbischem Hintergrund aus der abspaltungswilligen Republika Srpska in sein Aufgebot - so viele wie noch nie in der Geschichte der bosnischen Auswahl.

Vranjes und Nastić mussten zwar danach wegen Verletzungen absagen, werden aber weiterhin zum Stamm der Mannschaft gehören - so wie der ebenfalls einberufene Toni Šunjić, Legionär von Dinamo Moskau mit kroatischen Wurzeln. Für Prosinečki spielt die Nationalitätenfrage bei der Kaderzusammenstellung keine Rolle. "Ich schaue überhaupt nicht darauf, wer von wo ist. Ich will einfach, dass die Besten spielen", betonte der frühere kroatische Starkicker gegenüber der APA.

Für den aus der Republika Srpska stammenden Todorović steht der Mannschaftserfolg ebenfalls über allem. "In meinem Heimatort reden die Menschen oft von drei Religionen, aber einer Nation. Wir Spieler sehen das auch so und hoffen, dass wir durch unseren gemeinsamen Einsatz für das Nationalteam die Menschen miteinander verbinden können", erklärte der Profi von Red Bull Salzburg.

Bosnische Einheit: Ivica Osim gibt den Weg vor

Solche Aussagen bestätigen die Ansicht von Inzko, wonach der Sport im Allgemeinen und der Fußball im Besonderen für Bosnien-Herzegowina viel wert sein könnten. "Im Gegensatz zur Nachkriegszeit gibt es nunmehr eine gemeinsame bosnische Liga und dank Ivica Osim (Anm.: früherer Meistertrainer von Sturm Graz) eine einheitliche Führung im bosnischen Fußballverband, der auch die Serben zugestimmt haben. Ich wünschte, im politischen Bereich würde es so eine Zusammenarbeit geben wie im Sport. Die Sportler sind den Politikern weit voraus", sagte der Spitzendiplomat, der am Dienstag in Zenica beim Spiel gegen Österreich im Stadion sitzen wird.

Die funktionierende Zusammenarbeit im Sport nährt die Hoffnung des Kärntner Slowenen auf eine allgemeine Verbesserung des von vielen Problemen geplagten Landes. "Die Situation wandelt sich langsam, vielleicht zu langsam, aber sie wandelt sich. Es besteht die Hoffnung, das Land zu einen. Die Zukunft heißt Europäische Union. Bosnien-Herzegowina muss langfristig Teil der EU werden", meinte der 69-Jährige und ergänzte: "Der Balkan muss weg vom Kriegsimage hin zu einem Image des schönen Urlaubs, des guten Essens, der guten Musik und des Sports."

Österreich komme in dieser Angelegenheit allein schon aus historischen Gründen eine wichtige Vermittlerrolle zu. "Österreich hat in Bosnien-Herzegowina einen wahnsinnig guten Ruf. Es hat Bosnien in Monarchiezeiten einen gewaltigen Modernisierungsschub verpasst. Dann hat es in den 1960er-Jahren die Gastarbeiterwelle und in den 1990er-Jahren die Flüchtlingswelle gegeben, und Österreich hat immer ein goldenes Herz gehabt. Und die Bosnier in Österreich haben sich bestens integriert", betonte Inzko. Zudem sei die Alpenrepublik ein wichtiger Wirtschaftspartner Bosniens, wobei der Balkanstaat mittlerweile sogar einen leichten Handelsüberschuss mit Österreich aufweise.

apa

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