04.07.2018 13:56 Uhr

Im Schatten Neymars: Die "Rakete" startet durch

Willian startete für Brasilien beim 2:0 im Achtelfinale gegen Mexiko durch
Willian startete für Brasilien beim 2:0 im Achtelfinale gegen Mexiko durch

Alle reden von Superstar Neymar, doch Brasilien hat weit mehr zu bieten: Sein Sturmkollege Willian startet durch und wird heftigst umworben.

Wenn es im Londoner Winter kalt wird, setzt Willian eine seiner riesigen Wollmützen auf. Meist in Blau, passend zu den Vereinsfarben seines Klubs FC Chelsea. Aber immer von seiner Mutter gestrickt. Brasiliens Außenstürmer, der neben Superstar Neymar bei der WM durchstartet, will damit nicht nur seinen Kopf mit der wilden Haarpracht warm, sondern auch seine Erinnerungen wach halten - an María José, die starb, als er ein Tor für die Selecao erzielte.

Es war der 11. Oktober 2016. Seine Mutter lag wegen eines Hirntumors im Koma, die Familie hatte sich um sie versammelt, der Fernseher lief. Willian traf zum 2:0-Endstand in Venezuela, sein erstes Tor seit elf Monaten für den Rekordweltmeister. "Es war wie ein Wunder", berichtete seine Schwester Tais, "sie begann einige Worte zu murmeln, wollte die Augen öffnen."

Es war das letzte Lebenszeichen. Wenige Stunden später erlag sie ihrem Krebsleiden. Willian hatte nach dem Schlusspfiff noch erklärt: "Dieses Tor ist für meine Mutter, sie liegt im Krankenhaus." Die Nachricht von ihrem Tod erreichte ihn auf dem Weg nach England bei einem Zwischenstopp in Kanada. Er eilte sofort nach Brasilien.

Willian fiel in ein Loch, verlor vier Kilo und seinen Stammplatz an der Stamford Bridge. Erst in der vergangenen Saison erkämpfte er sich seine alte Position zurück. Auch Nationaltrainer Tite setzte ab Sommer 2017 wieder auf den schnellen Rechtsaußen und taufte ihn "Foguetinho", die kleine Rakete. Wie passend, dass der 29-Jährige ausgerechnet beim 2:0 im Achtelfinale gegen Mexiko in der Kosmos-Arena im russischen Raumfahrtzentrum Samara durchstartete.

Willian demütig: "Große Ehre bei mehr als einer WM dabei zu sein"

"Es macht mich glücklich, weil es ein lieb gemeinter Spitzname ist, den Tite mir gegeben hat", sagt Willian vor dem Viertelfinale am Freitag (20:00 Uhr) in Kasan gegen Belgien: "Er weiß, was ich auf dem Platz leisten kann, wie ich im Spiel der Selecao helfen kann." Seine Sprints an der Außenlinie entlang, seine Pässe und Flanken auf Neymar und Co. sind längst auch anderen aufgefallen.

Der spanische Meister FC Barcelona hat nach der Absage seines Wunschstürmers Antoine Griezmann angeblich 56 Millionen Euro geboten. Chelsea, das den Brasilianer 2013 für 35,5 Millionen vom russischen Erstligisten Anzhi Makhachkala verpflichtet hatte, lehnte ab. Sein Ex-Trainer José Mourinho hat mit Manchester United seinen Hut in den Ring geworfen. Die Londoner verlangen im Tausch den Franzosen Anthony Martial, der bei Mourinho in Ungnade gefallen ist.

Seinen Marktwert hat Willian bei der WM auf jeden Fall gesteigert. Doch er will in erster Linie eines - das brasilianische Trauma von 2014 vergessen machen. "Es ist ein Privileg, eine große Ehre, bei mehr als einer WM dabei zu sein", sagt er, "vor allem nach allem, was 2014 uns widerfahren ist." Beim 1:7 im Halbfinale gegen Deutschland war er beim Stand von 0:6 eingewechselt worden. Jetzt ist er Stammspieler und heftigst umworben. Im nächsten Winter würde vielleicht die rote Mütze gut passen.

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