21.05.2018 13:47 Uhr

"Ein Drehbuch für einen kitschigen Film"

Steffen Hofmann bleibt Rapid als Talentemanager erhalten
Steffen Hofmann bleibt Rapid als Talentemanager erhalten

Ein hoher Sieg im sonnigen Wien-Hütteldorf, ein Tor zum Abschied und nicht enden wollende Ovationen. Steffen Hofmanns Abgang als Rapid-Profi hatte viel von Hollywood. Der grün-weiße Ehrenkapitän war überwältigt.

Eigentlich steigt Steffen Hofmanns Farewell-Party im Allianz-Stadion erst am 22. Juli. Ob es aber bei der Partie zwischen Rapid und "Steffen und Freunde" so emotional zugehen wird wie am Sonntag, darf bezweifelt werden. Was rund um den 4:1-Heimsieg gegen Altach in der vorletzten Bundesligarunde passierte, bezeichnete Hofmann selbst als "Wahnsinn" und "kitschig".

Schon vor seinem letzten Bewerbsmatch für Rapid wurde der 37-Jährige von den Fans mit lautstarken Gesängen und einer gewaltigen Choreografie über den kompletten Block West gefeiert. Während des gesamten Spiels huldigte der grün-weiße Anhang seinem "Fußballgott". Und als Hofmann in der 73. Minute, sechs Minuten nach seiner Einwechslung, auch noch zum Endstand traf, brach so etwas wie kollektive Ekstase aus.

Kein Wunder, dass Hofmann noch lange nach dem Schlusspfiff von seinen Gefühlen übermannt war. "Ein Drehbuch für einen kitschigen Film kann man nicht besser schreiben", erklärte der Deutsche. Theoretisch könnte die Vereinsikone auch in der letzten Runde am Sonntag beim WAC eingesetzt werden. "Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich nächste Woche noch einmal in den Bus einsteige", sagte Hofmann.

Steffen Hofmann überwältigt: "Lang lebe Rapid"

Damit endete seine glanzvolle Rapid-Karriere nach 540 Pflichtspielen und 128 Toren. "Es ist nicht mit Worten zu beschreiben, was dieser Verein für mich bedeutet. Es fällt mir nicht leicht, aber alles, was heute passiert ist, wird immer in meinem Herzen bleiben. Danke für alles - lang lebe Rapid", rief Hofmann via Mikrofon den Tausenden Fans zu, die auch eine halbe Stunde nach Schlusspfiff noch im Stadion waren.

Diashow: Hofmanns letztes Heim-Pflichtspiel

Der Rekordspieler der Hütteldorfer wurde minutenlang vor dem Block West und unter Ovationen seiner Mitspieler gefeiert, drehte danach eine Stadionrunde mit seiner Frau und seinen drei Kindern und umarmte dabei noch schnell eine Flitzerin, die er vor dem Zugriff der Securitys bewahrte.

"Ich bin wie ferngesteuert durch die Gegend gelaufen"

In der anschließenden Pressekonferenz berichtete Hofmann von seinem aufwühlenden Tag. "Die Nacht war sehr kurz, ich weiß nicht, ob ich überhaupt geschlafen habe. Ich war sehr früh im Stadion, weil ich es daheim nicht mehr ausgehalten habe. Dann hat irgendjemand die Fernsteuerung genommen und ich bin wie ferngesteuert durch die Gegend gelaufen."

Schon bei seiner Einwechslung habe er große Freude verspürt. "Dass ich dann noch ein Tor schieße, ist in Wahrheit ein Wahnsinn. Das macht den heutigen Tag noch unbeschreiblicher. Es ist einfach schön, wie das alles gelaufen ist."

Bei Hofmanns sehenswertem Lupfer über Altach-Goalie Andreas Lukse geriet der ebenfalls scheidende Louis Schaub in Versuchung, den Ball selbst über die Linie zu befördern. "Kurz habe ich gehofft, dass Louis nicht mehr hingreift. Aber er hat gesehen, dass ich es war, dann hat er es lieber nicht gemacht", erzählte Hofmann.

Steffen Hofmanns Karriere nach der Karriere

Für den Deutschen heißt es nach 16 Jahren Abschied nehmen von Rapids Profimannschaft. "Keine Ahnung, wie lange es dauern wird, bis ich das verarbeitet habe - es ist ja mein erstes Karriereende." Auf die Vereinsikone wartet nun der Job als Talentemanager. Dabei geht es darum, die vielversprechendsten Youngsters bestmöglich zu betreuen und zu fördern. "Diese Aufgabe kann unheimlich wichtig sein", meinte Hofmann.

Der Mittelfeldspieler arbeitet künftig in der Abteilung von Sport-Geschäftsführer Fredy Bickel, der bereits an der Kaderzusammenstellung für die kommende Saison bastelt. Den einen oder anderen Transfer hat der Schweizer noch zu bewerkstelligen. "Inwieweit mich Fredy bei solchen Entscheidungen mitnimmt, weiß ich nicht", sagte Hofmann.

Rapid hat Handlungsbedarf am Transfermarkt

Die kommende Wechselperiode hat für Rapid große Bedeutung, schließlich verlassen neben Hofmann auch Spieler wie Schaub oder Joelinton den Klub. Ein Abschied von Galvão ist ebenfalls möglich, zudem gibt es Spekulationen um Boli Bolingoli und Giorgi Kvilitaia, die derzeit aber verletzt sind. Und zu guter Letzt ist selbst ein Abgang von Kapitän Stefan Schwab nicht ausgeschlossen, sofern ein guter italienischer Klub anklopft.

Daher ist laut Trainer Goran Djuricin Handlungsbedarf gegeben. "Wir verlieren Qualität, da ist es eine Milchbubenrechnung, dass wir genauso viel Qualität holen müssen." Dass seine Mannschaft durch den Sieg über Altach Endrang drei fixierte und damit erst in der dritten Runde der Europa-League-Qualifikation einsteigen muss, ging im Hofmann-Trubel fast unter. "Wir haben mit Platz drei unser Ziel erreicht, aber unsere Ansprüche sind sehr hoch. Deswegen sage ich, es war eine durchschnittliche Saison, jetzt heißt es weiterentwickeln", erklärte Djuricin.

Djuricin-Aktion sorgte für Altacher Ärger

Der Coach lobte noch einmal Hofmann ("Steffen war voller Energie, so habe ich ihn schon länger nicht gesehen, der hat gefiedelt") und rechtfertigte sich für eine ungewöhnliche Aktion im Finish. Obwohl Rapid schon dreimal gewechselt hatte, gingen Hofmann und Schaub vom Platz und holten sich noch einmal ihren Applaus ab. Dadurch beendete Rapid die Partie freiwillig mit neun Spielern.

Altach-Trainer Klaus Schmidt fühlte sich deswegen leicht veräppelt. "Mir ist das ein wenig aufgestoßen. Heute war Weihnachten, Ostern und Pfingsten zusammen, da haben im Allianz-Stadion besondere Regeln gegolten. Mir stinkt's ein bisschen", meinte der Steirer.

Djuricin bat um Verständnis: "Es tut mir leid, wenn das für den Gegner respektlos gewirkt hat, das sollte es keinesfalls sein. Wir haben zwei Spieler ausgewechselt, die keine normalen Spieler waren." Die ungewöhnliche Vorgehensweise sei "schon im Vorhinein ausgemacht" gewesen.

apa

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