08.05.2018 15:55 Uhr

Lewandowski bei Bayern: Plötzlich ersetzbar?

Robert Lewandowski bekam zuletzt Gegenwind
Robert Lewandowski bekam zuletzt Gegenwind

Das Tischtuch zwischen Robert Lewandowski und dem FC Bayern München scheint zerschnitten. Heftige Kritik prasselt auf den Polen nieder, trotz seiner überragenden Torquote. Die Schuldfrage im derzeitigen Eklat gestaltet sich dabei mehr als vielschichtig!

Auf seine Auswechslung beim 3:1-Sieg gegen Köln am vergangenen Wochenende reagierte der polnische Weltklassestürmer angefressen und verweigerte Trainer Jupp Heynckes demonstrativ den Handschlag. Eine Geste, welche Bayern-Legende Paul Breitner am nächsten Tag bei "Sport1" in Rage brachte.

"Es wird immer schwieriger für ihn, Unterstützung von der Mannschaft zu erhalten", so der Weltmeister von 1974. "Sie wird sich fragen, ob das ein Typ ist, den sie noch dabei haben will. Es scheint nicht unbedingt so zu sein, dass er für die Mannschaft, sondern effektiv nur 'Ich, ich, ich' denkt."

Heftige Kritik ehemaliger Bayern-Stars

Vor allem Lewandowskis torlose Vorstellungen beim Champions-League-Aus gegen Real Madrid stießen Breitner sauer auf. Auch Torwart-Legende Sepp Maier konstatierte: "Gegen Real war er nicht zu sehen. Das ist seine Schuld". Ex-Bayern-Profi Dietmar Hamann bilanzierte außerdem: "In vier Jahren mit Lewandowski bist du nicht einmal ins Champions-League-Finale gekommen, obwohl die Bayern immer diesen Anspruch hatten."

Harte Kritik an einem Spieler, der in 193 Partien überragende 150 Tore für die Bayern geschossen hat, zwei mal für sie Bundesliga-Torschützenkönig wurde und ohne Zweifel zu den besten Stürmern der Welt gehört. Dazu gilt er auch abseits des Platzes als Musterprofi und ist quasi nie verletzt. 

Sind die Münchner also zu kritisch im Bezug auf ihren Torjäger? Schließlich erzielte er auch in der Königsklasse 28 Tore in 44 Spielen für den FCB. Auch der Vorwurf, dass Lewandowski besonders in den K.o.-Spielen zu unauffällig spiele, muss beim Blick auf die Fakten relativiert werden. So traf er in seinen ersten drei Bayern-Jahren immerhin jeweils in dem Spiel, in dem die Bayern ausgeschieden waren. Von den vier gemeinsamen Meistertiteln in vier Jahren ganz zu schweigen.

Lewandowski gilt als Einzelgänger

Fernab von Torquoten ist Robert Lewandowski aber eben auch ein Spieler, der immer wieder von Beratern zu gewissen Forderungen getrieben wird, sich öffentlich über zu wenig Vorlagen beschwert und selbst im bayrischen Star-Ensemble auf einen exponierten Status besteht. Das Label "Eigensinn" kommt für den als Einzelgänger geltenden Torjäger also nicht von ungefähr.

Dieser gewisse Egoismus macht unter anderem seine Stärke und die anderer Weltklasse-Stürmer aus. "Wir Torjäger sind egoistisch, wir denken an die Torquote", wusste auch Jupp Heynckes nach dem Eklat gegen Köln. "Im Nachhinein kann ich das nachvollziehen, doch im Moment der Auswechslung habe ich nicht so lustig reagiert."

Dass sich an Top-Stürmern oft die Geister scheiden, beweist nicht zuletzt der FC Bayern selbst. Die prominenten Torjäger der vergangenen Dekade – Luca Toni, Mario Mandzukic und Mario Gomez – blieben nie länger als vier Jahre an der Säbener Straße. All diese Lewandowski-Vorgänger standen zu gewissen Zeitpunkten unter Beschuss und traten mal mehr, mal weniger freiwillig die anschließende Flucht aus München an. 

Trennung scheint plötzlich möglich

Auch im Falle Lewandowski scheint nicht mehr ausgeschlossen, dass dieser Punkt bald erreicht sein könnte - möglicherweise noch in diesem Sommer. Einerseits machte Bayern immer wieder deutlich, dass sie keinen Spieler über das Kollektiv stellen wollen. Gleichzeitig wirkt die Kritik am Mittelstürmer teilweise überzogen und die Diskussion um seine Rolle im Team mit wenig Feinsinn geführt. 

Eine Trennung schon in der bevorstehenden Transferperiode ist mittlerweile vorstellbar. Ein Umstand, der vor wenigen Wochen noch undenkbar schien, als Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge betonte, die Kritik am Polen sei "lächerlich". Der FCB-Boss sagte in dem keine zwei Wochen alten Interview weiter: "Wir sind froh, dass er auch im nächsten Jahr bei uns spielen wird. Das ist eine Tormaschine." Aussagen, die noch immer Bestand haben dürften.

Fakt ist aber auch, dass Lewandowski schon länger und teilweise öffentlich mit einem Wechsel zu Real Madrid kokettiert. Die Bayern werden sich um ihren besten Torschützen der letzten Jahre bemühen - aber nicht um jeden Preis. Wie schon bei anderen Stürmern in der Vergangenheit.

Wie wertvoll Lewandowski für die Münchner war und ob es ohne ihn wieder zum großen Wurf in der Königsklasse reichen wird, das dürfte dann wohl erst die Zukunft zeigen.

Moritz Wollert

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