12.03.2018 10:40 Uhr

Damals: Kondom-Affäre in Homburg erregt Aufsehen

Der FC Homburg machte auf den Trikots Werbung für einen Kondom-Hersteller
Der FC Homburg machte auf den Trikots Werbung für einen Kondom-Hersteller

Die sportlichen Erfolge des FC 08 Homburg sind eigentlich nur Randnotizen in der langen Geschichte der Fußball-Bundesliga. Außer den eigenen Fans erinnert sich wohl kaum einer an die kurzen Lichtmomente auf dem Rasen der einst kleinsten Stadt im deutschen Fußball-Oberhaus. Am 12. März jährt sich allerdings eine skurrile Affäre zum 30. Mal, die den Verein bis heute unvergessen macht.

Die Mannen von Trainer Slobodan Cendic waren schließlich die ersten Fußballer, die auf ihren Trikots Werbung für Kondome machten - bis heute. Wenig verwunderlich angesichts des riesigen Skandals, der damals entfachte.

Eine Woche zuvor stand dieses Bundesliga-Novum allerdings noch auf der Kippe. Anfang März 1988 schickte der DFB die Homburger noch zurück in die Kabine, als der Schriftzug des Mönchengladbacher Kondom-Herstellers "London" ihre Brust zierte.

Die Mannschaft musste daher wieder mit blanker Brust antreten. Nichts Neues für den Verein, denn bis dato hatte man keinen Sponsor finden können.

Einzige Kondom-Trikotwerbung in der Bundesliga-Geschichte

Beim Auswärtsspiel gegen den HSV war es dann doch soweit: Völlig "unverhütet" ist die Trikotwerbung für jeden im Hamburger Stadion zu sehen. Ganz zur großen Freude für FC-Präsident Manfred Ommer, der den Deal mit "London" über damals 200.000 D-Mark eingefädelt hatte.

In der Talkshow "III nach neun" holte er schließlich hinterher zum verbalen Rundumschlag gegen die DFB-Offiziellen um Ligaausschussvorsitzenden Gerhard Mayer-Vorfelder aus, der laut Ommer nicht über seinen "kleinbürgerlichen Schatten" springen konnte. "Die Dämlichkeit der Funktionäre ist eine Bank, auf die man setzen kann", wetterte der damals 37-Jährige und legte bissig nach: "Vielleicht liegt die Verklemmtheit auch daran, dass sie wegen ihrer Altersstruktur wenig Beziehung zu dem Produkt haben."

Ommer war damals indes schon länger in der Welt des Sports umstritten. Der Homburger Präsident feierte seinerseits als Sportler große Erfolge in der Leichtathletik, holte 1974 unter anderem EM-Silber über 200 Meter. Wenige Jahre später gestand er aber die Einnahme von Dopingmitteln. In seiner Funktionärszeit entwickelte er ein kontroverses Leasing-Modell für Spieler, bei dem diese als Renditeobjekte auf dem Finanzmarkt angeboten werden sollten.

Juristisches Säbelrasseln mit dem DFB

Der DFB tobte derweil nach der Partie gegen den HSV, drohte aus "ethischen und moralischen Gründen" mit Punktabzug und hohen Geldstrafen. Fortan musste der FC Homburg einen schwarzen Balken über seiner Trikotwerbung tragen. Ommer blieb jedoch standhaft und zog vor Gericht. Seinen absoluten Höhepunkt erreichte die Kondom-Affäre, als die 13. Kammer des Frankfurter Landesgerichts dem Verein schließlich auf ganzer Linie recht gab.

Christian Streich, heutiger Trainer des SC Freiburg und einstiger Spieler des FC Homburg, erinnerte sich später im "AudiStarTalk" zwar nicht "an die Einführung der Werbung". Doch die anschließende Affäre ist ihm auch heute noch im Gedächtnis. "Auf einmal sah ich uns, den kleinen FC Homburg, in der Tagesschau und dass wir keine Werbung für Kondome machen dürfen", so der 52-Jährige rückblickend.

"Kurz darauf sind wir wieder in der Tagesschau, dass das Gericht diese Werbung zulässt. Das Urteil war im beginnenden Zeitalter von AIDS eigentlich selbstverständlich", sagte Streich mit Blick auf die ernstere Seite der Medaille. "Die Firma London ist glaub ich zufrieden gewesen mit der Werbung, schließlich gab es einen riesigen Presserummel."

Marketingstrategie geht auf

Die damalige Marketing-Leiterin Dagmar Lind der Firma sah dies genauso: "Die unrühmliche Entscheidung dieser Institution mit Meinungsbildungsfunktion hat uns sicherlich zusätzliche Pressebeachtung geschenkt."

Sportlich gesehen nutzte all das den Homburgern aber herzlich wenig. Am Ende der Saison stieg der Klub als Tabellenvorletzter in die 2. Liga ab. Zwar gelang wenig später noch einmal der Aufstieg ins Oberhaus, doch nach dem Abstieg 1990 ging verabschiedete sich der Verein vorerst ins Fußball-Niemandsland.

Moritz Wollert

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