22.11.2017 12:51 Uhr

Damals: Das letzte Spiel unterm Hakenkreuz

Deutsche Nationalspieler heben den Arm zum Hitlergruß
Deutsche Nationalspieler heben den Arm zum Hitlergruß

Die Auftritte des DFB-Teams sollten im zweiten Weltkrieg im Sinne der nationalsozialistischen Propaganda für positive Stimmung in der kriegsmüden Bevölkerung sorgen – mit immer weniger Erfolg. Vor 75 Jahren fand das für acht Jahre letzte Länderspiel einer deutschen Nationalmannschaft statt.

1942 – im vierten Jahr des 2. Weltkriegs – prallten die Folgen des deutschen Angriffskriegs mit voller Wucht auf die Zivilbevölkerung im Reichsgebiet zurück. Die Alliierten überzogen die deutschen Großstädte mit Flächenbombardements, die hunderttausende Menschen das Leben kosteten.

Dennoch gelang es dem DFB, bis in den Spätsommer 1944 den Spielbetrieb in den deutschen Ligen mit Einschränkungen aufrechtzuerhalten. Der Fußball sollte die deutsche Bevölkerung bei Laune halten. Das galt auch für die Nationalmannschaft. Denn, so schrieb der "kicker" damals, "so ein Fußball-Länderspiel im Krieg wirbt und wirkt für das Reich mehr und tiefer im Volk des gastgebenden Landes als alle Komitees und Bücher."

Rettung vor Fronteinsatz

Die Nazionalsozialisten wollten Erfolge sehen und der DFB mit Reichstrainer Sepp Herberger spielte gerne mit – konnte der Teamchef doch so die besten Fußballer des Landes vor dem Fronteinsatz bewahren. Neun- bis zehnmal im Jahr trat das Herberger-Team gegen Mannschaften der Verbündeten Nazi-Deutschlands an. Neun- bis zehnmal im Jahr konnte der Trainer seine Schützlingen für wenige Tage bis einige Wochen aus den Fängen der deutschen Kriegsmaschinerie befreien.

Niederlagen akzeptierten die Machthaber in Berlin nicht. Als Deutschland im September 1942 im Berliner Olympiastadion vor 90.000 Zuschauern gegen Schweden mit 2:3 verloren, wütete Propagangdaminister Joseph Goebbels: "Es ist in der heutigen Zeit töricht, ein Fußballspiel durchzuführen, dessen Ausgang aller Voraussicht nach mit einer Niederlage von uns enden müsste".

Wenige Wochen später, am 22. November 1942, fand das für acht Jahre letzte Spiel einer deutschen Nationalmannschaft statt – auch wenn dies zu diesem Zeitpunkt niemandem bewusst war. In Bratislava gab es gegen die Slowakei einen souveränen 5:2-Erfolg, zu dem August Klingler vom Karlsruher Stadtteilklub FV Daxlanden die ersten drei Treffer beisteuerte. Die weiteren deutschen Tore im ansonsten unspektakulären Duell erzielten Eddi Adamkiewicz vom Hamburger SV und Karl Decker vom österreichischen Meister First Vienna FC.

Der "Totale Krieg" stoppt die DFB-Elf

Die katastrophale Niederlage der deutschen Wehrmacht in der Schlacht um Stalingrad im Februar 1943 läutete für die kommenden Jahre das Ende deutscher Länderspiele ein. Wenige Tage nach der Kapitulation im Stalingrader Kessel rief Propagandachef Goebbels in seiner berüchtigten Sportpalastrede den "Totalen Krieg" aus, der auch für den Sport im Reich weitreichende Auswirkungen haben sollte.

Schon einen Tag nach der Rede verkündete Sportminister Hans von Tschammer und Osten, dass "Länderkämpfe, internationale Wettkämpfe bis auf Weiteres abzusetzen" seien. Die bereits für 1943 vereinbarten Länderspiele der DFB-Elf gegen Spanien, Italien, Rumänien und Slowakei wurden schließlich abgesagt.

Für viele deutsche Nationalspieler hatte dieser Entschluss weitreichende Folgen. Die schützende Hand Herbergers und des DFB, die sie zumindest zeitweise vor den gefährlichen Einsätzen an der Front bewahrt hatte, entfiel. August Klingler, der dreifache Torschütze von Bratislava, wurde 1944 an die Ostfront versetzt und fiel am 23. November desselben Jahres.

Auf den Tag genau acht Jahre nach dem letzten Länderspiel unter dem Hakenkreuz begann am 22. November 1950 mit einem Freundschaftsspiel gegen die Schweiz die Nachkriegsära für den DFB. Von den zwölf eingesetzten Spielern war mit dem Schweinfurter Andreas Kugler nur ein Spieler aus dem Aufgebot des letzten Länderspieles dabei. Für Kugler sollte es das letzte Länderspiel sein.

Lediglich ein weiterer seiner Mitspieler aus dem Spiel gegen die Slowakei konnte in der Nachkriegszeit seine Karriere in der Nationalelf wieder aufnehmen: Der im November 1942 22-jährige Fritz Walter führte das deutsche Team zwölf Jahre später sensationell zum WM-Titel.

Ralf Amshove

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