26.10.2017 16:54 Uhr

Atlanta FC: Soccer-Boom mit deutschem Touch

Atlanta befindet sich derzeit im Soccer-Wahn
Atlanta befindet sich derzeit im Soccer-Wahn

Als neu gegründete Franchise direkt in die Playoffs: Der Atlanta United FC lebt den Amerikanischen Traum und sorgt für kollektive Begeisterung in der Hauptstadt von Georgia. Der Erfolg ist das Resultat akribischer Planung und einer alternativen Strategie.

Zu verdanken ist der Soccer-Boom in A-Town vor allem einer Person: Arthur Blake. Seit 2008 arbeitete der Geschäftsmann und Besitzer des Footballteams Atlanta Falcons daran, MLS-Fußball nach Atlanta zu bringen. 2014 bekam er den Zuschlag für eine Expansion-Franchise erteilt, zur Saison 2017 nahmen die "Five Stripes" endlich den Spielbetrieb auf.

Für die Sportliche Leitung der Franchise wurden Darren Eales als Präsident und Carlos Bocanegra als Sportdirektor und Vizepräsident verpflichtet. Der Engländer Eales arbeitete zuvor bei Tottenham in der Vereinsführung, Bocanegra war sechs Jahre lang Kapitän der US-amerikanischen Nationalmannschaft. Zwei echte Insider, die wissen, was sie tun.

Prominentester Name in der Chefetage von United ist aber wohl der von Headcoach Gerardo "Tito" Martino, ehemals Trainer des FC Barcelona und ausgewiesener Kenner des südamerikanischen Fußballs.

Dieses Trio stellte vor der Saison ein Team zusammen, das im krassen Gegensatz zu der sonst in der MLS üblichen Kaderplanung steht. Statt auf teure Altstars aus Europa zu setzen, liegt der Fokus in der Südost-Metropole auf jungen, hungrigen Akteuren. Eine Strategie, die aufgeht.

Entwicklungspotenzial statt Altstars

"Wir wollen Spieler, die in oder noch vor ihrem Zenit stehen in die MLS locken", erklärte Eales die Transferstrategie seines Teams, die sich auch in den Zahlen widerspiegelt. Mit einem Altersdurchschnitt von 25,17 Jahren hat United den drittjüngsten Kader der Liga.

Zu einigen Newcomern aus Südamerika gesellen sich Spieler wie das 20-jährige Tottenham-Talent Anton Walkes, der ehemalige Stoke-City-Stürmer Kenwyne Jones und Ex-Premier-League-Keeper Brad Guzan.

Der us-amerikanische Nationaltorwart kehrte der Insel den Rücken, um in seiner Heimat an der Entstehung eines neuen Teams beteiligt zu sein. "Als ich mit Eales und Bocanegra sprach und das Projekt sah, an dem sie hier arbeiteten, war ich begeistert", verriet der 33-Jährige der "BBC". "Wir können der Entwicklung unseren Stempel aufdrücken und etwas von Beginn an aufbauen. Das ist eine einmalige Situation."

"Gresselmania" in Atlanta

Auch zwei Deutsche stehen im Aufgebot des Liganeulings. Zum einen der 30-jährige Routinier Kevin Kratz, der schon seit einigen Jahren im amerikanischen Profifußball unterwegs ist. Zum anderen Julian Gressel.

Der 23-Jährige wechselte aus dem deutschen Amateurfußball ins amerikanische College-System und wurde zu Saisonbeginn von United gedraftet. Mit starken Leistungen spielte er sich in den Fokus und kann sich nun sogar Hoffnungen auf den Rookie-Of-The-Year-Award machen.

Dank fünf Toren und neun Vorlagen in 32 Ligaspielen kam es zu einem regelrechten Hype um den Flügelspieler, der in den Sozialen Medien als "Gresselmania" für Aufmerksamkeit sorgte.

So bekannt wie der andere deutsche Sportstar in Atlanta ist Gressel aber noch nicht. "Mich erkennen schon viele Leute hier", verriet er dem "kicker": "Bis hin zum Status von Dennis Schröder dauert es vielleicht noch ein bisschen".

Zuschauerboom in der Mega-Arena

Doch nicht nur der Ansatz in der Kaderzusammenstellung ist in Atlanta anders, auch über die Spielidee möchte man sich vom Rest der Liga abheben.

"Ich wollte kein Team, das die Playoffs durch pragmatischen und defensiven Fußball erreicht, und hier und da mal ein paar Punkte ermauert", sagt Eales über seine Spielphilosophie. "Wir wollen ein Team, über das die Leute sagen: 'Es macht Spaß, ihnen zuzuschauen'." Der Plan, so ambitioniert er auch erscheinen mag, geht auf.

Die Menschen in der Millionenstadt nehmen das Team begeistert an. In das neue Mercedes-Benz-Stadium (Baukosten ca. 1,2 Mrd. Euro), in dem auch die Falcons spielen, strömen Woche für Woche durchschnittlich 48.000 Fans. Dank ihnen verzeichnet United den höchsten Zuschauerschnitt der Liga MLS. Als am Sonntag 70.000 Menschen das Spiel gegen den Toronto FC sehen wollten, wurde auch noch der Zuschauerrekord für ein MLS-Spiel geknackt.

"Darauf haben wir so lange gewartet", beschrieb ein Atlanta-Fan die Freude über die neue Franchise. "Jetzt haben wir unser eigenes Team. Es gibt massenweise Fans, die noch nie ein Fußballspiel gesehen haben und jetzt ins Stadion kommen, um die Atmosphäre zu genießen."

Atlanta auf dem Weg zum Titel?

Einen erheblichen Anteil am Hype um Atlanta United hat wohl auch der sportliche Erfolg der Rot-Schwarzen. In der Eastern Conference wurde der Neuling sensationell Vierter und schoss ligaweit die zweitmeisten Tore. Damit qualifizierte sich das Team als erst vierte Expansion-Franchise in der 25-Jährigen MLS-Geschichte für die Playoffs.

Nun empfängt United in der ersten Playoff-Runde Columbus Crew und kann mit einem Sieg an der Erfolgsgeschichte weiterschreiben und daran arbeiten, dass Atlanta vollends zu Soccertown wird.

Sebastian Ernst

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