12.09.2017 08:18 Uhr

Höwedes: Vom Abstellgleis zum WM-Ticket?

Benedikt Höwedes steht vor einem ganz entscheidenden Karriere-Jahr
Benedikt Höwedes steht vor einem ganz entscheidenden Karriere-Jahr

Der Abgang von Schalkes Identifikationsfigur Benedikt Höwedes in Richtung Juventus Turin schlägt in Gelsenkirchen weiter hohe Wellen. Doch welche Auswirkungen hat der Abschied für den Innenverteidiger selbst? Ist der Wechsel zum Spitzenklub aus Turin der richtige Schritt oder hat sich der Weltmeister verzockt?

Auf sein Debüt im schwarz-weißen Trikot muss Höwedes noch warten. Zwar stand er beim durchaus mühevollen 3:0-Heimerfolg gegen Chievo bereits im Kader, den Vorzug in der Innenverteidigung erhielten aber Ex-Bayer Mehdi Benatia und das 23-jährige-Abwehrtalent Daniele Rugani. Droht dem Weltmeister von 2014 womöglich auch in Italien der Stammplatz auf der Bank?

Abwarten. Zwar gelten Rugani und der aktuell angeschlagene Giorgio Chiellini momentan genau wie die Außen Stephan Lichtsteiner und Alex Sandro als gesetzt, aber bislang hat sich der Defensivmann noch unter jedem Trainer durchgesetzt.

Zudem stieß Höwedes erst kurz vor Ende der Transferperiode zu seinem neuen Klub. Aufgrund der Länderspielpause, in der er von Bundestrainer Joachim Löw nicht berücksichtigt wurde, hatte er kaum Gelegenheit mit seinen neuen Teamkollegen zu trainieren.

Gut möglich, dass er sich in der Champions League am Dienstag beim FC Barcelona erstmals beweisen darf. Eine gute Leistung dort wäre der erste Schritt in die angepeilte Richtung: Die WM 2018 in Russland, auf die er nur als Stammspieler eine realistische Chance hat. Dies soll ihm Löw laut "Sport Bild"-Informationen in einem kurzen Telefonat mitgeteilt haben.

Khedira glaubt an Höwedes

Einen prominenten Fürsprecher hat Höwedes in Turin in jedem Fall schon gefunden: Sami Khedira. "Er ist ein top-professioneller Spieler. Trotz alledem, was auf Schalke gelaufen ist, hat er sich professionell verhalten. Sehr intelligent, taktisch gut ausgebildet. Daher glaube ich, dass er in Italien sehr gut aufgehoben ist", meint der Weltmeister, der seit 2015 im Mittelfeld der Alten Dame die Fäden zieht.

In der Tat sollte Höwedes der italienische Stil zu Gute kommen. Der Verteidiger gilt nicht als der Schnellste, ist dafür aber mit einem guten Stellungsspiel ausgestattet. Eine Tatsache, die italienische Trainer sehr schätzen. Ein weiterer Vorteil des Ex-Schalkers: Höwedes ist flexibel einsetzbar. Egal ob Vierer- oder Fünferkette, ob innen oder wie beispielsweise bei der WM 2014 außen. Der Defensiv-Allrounder kann in der Verteidigung nahezu jede Position bekleiden. Benedikt Höwedes und Juventus Turin, es könnte mehr als nur eine Zweckgemeinschaft werden.

Der gebürtige Halterner selbst blickt seiner Zeit beim italienischen Meister ebenfalls optimistsisch entgegen. "Ich sehe mich selbst als Anführer. Ich war sechs Jahre lang Kapitän auf Schalke und auch schon davor im Jugendbereich. Zunächst einmal muss ich die Mannschaft kennenlernen und will dann ein wichtiger Bestandteil werden", erklärte er bei seiner offiziellen Vorstellung.

Tedesco-Spitze schürt Zweifel

Doch hätte Höwedes seinen Heimatverein wirklich aufgrund zweier Spiele auf der Bank und der Absetzung als Kapitän verlassen müssen? Nein, wenn es nach S04-Coach Domenico Tedesco geht. "Ich hätte mir gewünscht, dass er bleibt und den Konkurrenzkampf bei uns annimmt. Aber das muss jeder für sich entscheiden", erklärte der 32-Jährige der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Er habe dem Ex-Kapitän "mehrmals gesagt, dass ich mit ihm plane und er ein sehr wichtiger Baustein ist, wenn er zu hundert Prozent fit ist."

Damit widerspricht Tedesco den Ausführungen Höwedes, man habe ihn nicht mehr genug gewertschätzt. "In den letzten Wochen ist das Vertrauensverhältnis mehrfach auf die Probe gestellt worden. Das Kapitänsamt ist nur ein Teil davon. Reisende kann man aufhalten, wenn man will", klagte der langjährige Schalker kurz nach seinem Wechsel.

Abgesehen vom andauernden Rosenkrieg steht eines außer Frage: Höwedes steht vor dem wichtigsten Jahr seiner Karriere. Überzeugt er bei der Alten Dame und absolviert mindestens 25 Saisonspiele, müssen die Turiner den Innenverteidiger für 13 Millionen Euro kaufen. Die Teilnahme an der WM 2018 sollte dann nur noch eine Formsache sein. Gelingt ihm dies nicht, ist seine Zukunft offener denn je.

Timo Schäfers

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