07.08.2017 15:56 Uhr

Bosz und der BVB: Stotterstart mit System?

Peter Bosz erwartet viel von seinem neuen Team
Peter Bosz erwartet viel von seinem neuen Team

Neu-Cheftrainer Peter Bosz spielt mit Borussia Dortmund noch keine zufriedenstellende Vorbereitung auf seine erste Saison in der Bundesliga. Für den Niederländer sind dies allerdings keine neuen Umstände.

Vor allem die Resultate der Testspiele lassen den Rückschluss zu, dass beim BVB noch mächtig Sand im Getriebe ist. Am Dienstagabend unterlagen die Dortmunder beim letzten Härtetest vor dem Supercup-Spiel gegen den FC Bayern mit 0:1 gegen das italienische Mittelklasseteam Atalanta Bergamo.

Aus Sicht des Niederländers sind die Ähnlichkeiten zum letzten Jahr bisher groß. Damals bereitete sich Peter Bosz ebenfalls als neu installierter Coach mit Ajax Amsterdam auf die Saison 2016/2017 vor. Die Zeit war begrenzt, Bosz musste schnell Ergebnisse liefern. In der Qualifikation zur Champions League ging es zunächst gegen PAOK Saloniki, anschließend gegen FK Rostov um den direkten Einzug in die Königsklasse.

Während Saloniki gerade noch bezwungen wurde (1:1 und 2:1), war gegen den russischen Kontrahenten in den Playoffs Endstation (1:1 und 1:4). Die Champions League fand deshalb ohne Ajax statt. Droht Peter Bosz nun auch mit Borussia Dortmund ein ähnlicher Fehlstart in die Pflichtspielsaison, wenn am Samstag der FC Bayern im Supercup wartet?

Die ominöse "Fünf-Sekunden-Regel"

Ähnlich wie in Dortmund spielte auch Ajax im Juli des Vorjahres einen unbefriedigenden Test nach dem anderen. Doch woran liegt das? Schon bei seiner Vorstellung in Amsterdam warnte Bosz die Fans damals: "Es wird einige Zeit dauern, um alles ans Laufen zu kriegen." So war es dann auch. Denn der 53-Jährige hat seine ganz eigene Philosophie, seine ganz bestimmte Vorstellung vom Fußball.

Diese Philosophie will er seinem Kader auf eine recht radikale Art und Weise übermitteln. Sehr hohes und aggressives Verteidigen, einhergehend mit der boszschen "Fünf-Sekunden-Regel" sind die Markenzeichen. Mehr als fünf Sekunden soll kein Gegner mehr Zeit haben, um nach Ballgewinn zu einem geordneten Spielaufbau zu finden.

Ajax war nicht rechtzeitig bereit

Schließlich sei in diesem Zeitraum die Chance am größten, die Kugel schnell zurückzuerobern. Mittelfeldmann Gonzalo Castro meinte dazu: "Der Trainer gibt vor, dass die offensive Reihe ins direkte Duell gehen soll und auch den Ball verlieren darf." 

In Amsterdam hatte das in den ersten Wochen unter Bosz zur Folge, dass die Ajax-Kicker ohne Ballbesitz ziemlich blind nach vorne rannten. Bosz' Feuertaufe gegen den österreichischen Zweitligisten FC Liefering ging gleich mal mit 3:4 verloren. Auch der Rest der Saisonvorbereitung verlief alles andere als optimal. Von den insgesamt sechs absolvierten Testspielen gewann der niederländische Rekordmeister gerademal eines. Unter anderem setzte es gegen den französischen Zweitliga-Neuling AS Béziers eine 0:2-Pleite.

Nach der schlechten Vorbereitung und spätestens den enttäuschenden Champions-League-Playoffs war klar: Ajax war nicht rechtzeitig bereit und wenig gerüstet für die neue Saison.

Zu hohe Anforderungen an die Spieler?

Das Problem mit der Systemumstellung scheint sich unter Peter Bosz jetzt auch in Dortmund zu wiederholen. Auch die Borussen-Profis müssen sich an das Power-Pressing des neuen Chefcoaches erst gewöhnen. In Teilen müssen sie auch vom dominanten Ballbesitzfußball unter Vorgänger Thomas Tuchel abrücken. Ähnlich wie im Jahr zuvor mit Ajax hat Bosz auch mit den Schwarz-Gelben bisher nur eines von sechs Testspielen gewonnen. Dem gegenüber stehen bereits drei Niederlagen. Besonders alarmierend: Nicht einen der sechs Tests absolvierte der BVB ohne Gegentor.

Auch in Dortmund lässt Peter Bosz das offensive 4-3-3-System einstudieren. Auch hier sollen vor allem die Flügelspieler schnell die Wege in die Tiefe gehen und für überfallartige Balleroberungen sorgen. Die Gegenspieler können bereits weit in der gegnerischen Hälfte unter großen Druck gesetzt werden, um für zügige Ballgewinne zu sorgen.

Der offensive Spielstil von Peter Bosz birgt Risiken, wie der Pokalsieger bereits in den Vorbereitungsspielen erfahren musste. Setzen die zehn Feldspieler seinen Plan um und bringen die notwendige Laufbereitschaft, Konzentration und Spritzigkeit auf den Rasen, bringt der Bosz-Fußball Erfolg. Greifen die Räder nicht ineinander, führt er zu vielen Gegentoren, die es in dieser Form in den letzten zwei Jahren wohl nicht gesetzt hätte.

Weitere Parallele zum Ajax-Fehlstart droht

Am Samstag gegen den FC Bayern München wird es erstmals richtig ernst, wenn es um den ersten Titel der neuen Saison geht. Im ausverkauften Stadion will der BVB einen guten Eindruck hinterlassen. "Es geht um einen Cup, den wir gerne gewinnen möchten", so Bosz vor der Partie.

Bei Ajax hätte Peter Bosz mit der Qualifikation für die Champions League starten können, beim BVB sogar mit dem Gewinn eines Pokals. Entweder glückt der Pflichtspiel-Einstand von Peter Bosz gegen die Bayern oder kommt es zur nächsten unangenehmen Parallele zum Ajax-Engagement. Sicher ist nur: Der Stotterstart hat System.

Pim Westenberg

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