11.10.2016 14:48 Uhr

Jesse Lingard: Der nächste David Beckham?

Jesse Lingard steht vor dem Durchbruch
Jesse Lingard steht vor dem Durchbruch

Mit Jesse Lingard setzt sich bei England und Manchester United ein Spieler durch, von dem man es nicht erwarten würde. Mit Disziplin und Kampfgeist macht er fehlendes Talent wett. Für die ganz große Karriere dürfte es dennoch nicht reichen.

Mit dem Aufgebot von Jesse Lingard hat Englands Interimstrainer Gareth Southgate sowohl Fans als auch Sportjournalisten auf der Insel überrascht. Nur wenige Experten hatten den Flügelflitzer auf der Rechnung.

Aber für Southgate hat der 23-Jährige das Aufgebot für die Three Lions verdient: "Er hat sich bei Manchester United durchgesetzt, trotz des ganzen Geldes, das United im Sommer ausgegeben hat. Das zeigt, wie stark er ist."

Tatsächlich setzte auch United-Teammanager José Mourinho zu Saisonbeginn auf das Eigengewächs. Der teure Neuzugang Henrikh Mkhitaryan oder die in den letzten Jahren verpflichteten Juan Mata oder Memphis Depay waren hingegen außen vor.

Wer ist Jesse Lingard?

Lingard stammt aus Warrington, das genau zwischen den beiden rivalisierenden Großstädten Manchester und Liverpool liegt. Schon früh weckte sein Talent das Interesse der Scouts von ManUnited und dem FC Liverpool.

"Er (ManUnited-Scout Mike Glennie; Anm. d. Red.) sprach mit meinem Großvater und offerierte mir ein Probetraining. Aber es gab auch Interesse von Liverpool, also musste ich mich entscheiden. Ich war zwar noch jung, aber mein Herz gehörte schon damals United", blickt Lingard heute zurück.

So wuchs Jesse Lingard in der berühmten Nachwuchsabteilung der Red Devils auf. Er spielte an der Seite von Paul Pogba, Ravel Morrison, Will und Michael Keane (der ebenfalls zum ersten Mal von Southgate aufgeboten worden ist), stand aber immer im Schatten dieser Talente.

Trotzdem sah Sir Alex Ferguson eine Zukunft für den Mittelfeldspieler im Old Trafford. 2012, als Lingard bereits 19-jährig war, mahnte der Schotte zu Geduld: "Jesse Lingard wird ein großartiger Spieler. Er kommt aus unserer Jugendabteilung und hat eine ähnliche Statur wie Frankreichs Jean Tigana. Der trat erst mit 24 ins Rampenlicht. Und so wird es auch mit Lingard sein. Er wird mit 22 oder so den Durchbruch schaffen. Ich habe definitiv große Erwartungen an ihn."

Durchbruch unter Louis van Gaal

Zwei Jahre dauerte es dann noch bis zu Lingards Pflichtspieldebüt für das Profiteam der Red Devils. Louis van Gaal schenkte ihm im ersten Saisonspiel 2014/2015 das Vertrauen. Leider zog der Debütant sich bereits nach wenigen Minuten eine schwere Knieverletzung zu, die ihn die erste Saisonhälfte verpassen ließ. Van Gaal lieh ihn deshalb in der zweiten Saisonhälfte an Derby County in die zweithöchste englische Spielklasse aus.

In der darauffolgenden Spielzeit startete Lingard unter dem knorrigen Niederländer dann jedoch durch. Er absolvierte 41 Spiele für ManUnited, erzielte sieben Tore und bereitete vier weitere Treffer vor. In der zweiten Saisonhälfte stand er in allen Ligaspielen im Einsatz. Das Siegtor in der Nachspielzeit des FA-Cup-Finals war das Highlight seiner noch jungen Karriere.

Disziplin als Erfolgsrezept

Es ist keine Überraschung, dass Lingard unter van Gaal zu seinem Debüt gekommen ist. Der Neu-Nationalspieler ist ein sehr dankbarer Spieler für einen Trainer-Typ wie den Niederländer. Lingard spielt diszipliniert und genau nach den Vorgaben des Coaches. Damit schaffte er es, sich gegen weitaus talentiertere Spieler durchzusetzen.

Lingard ist ein schneller Spieler mit gutem Passspiel. Er bewegt sich gut zwischen den Räumen, sorgt so immer wieder für Torgefahr. Er kann flexibel auf allen Positionen im offensiven Mittelfeld eingesetzt werden, spielte unter van Gaal gar als offensiver Außenverteidiger.

Seine größte Schwäche ist das Endprodukt. Zu oft wird er im letzten Moment getackelt, spielt er einen Fehlpass oder verfehlt mit seinem Abschluss das Tor um mehrere Meter. Lingard gilt als Chancentod.

Lingard spaltet die Gemüter

So kommt es, dass die eine Hälfte der Fans in ihm einen neuen David Beckham oder Ryan Giggs sieht und begeistert ist, dass sich in Manchester wieder ein Eigengewächs durchsetzen kann. Die andere Hälfte ärgert sich regelmäßig über seine Aufstellung, weil er nicht gut genug für den Rekordmeister sei.

Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Lingard wird wohl nicht in die Fußstapfen der beiden United-Legenden treten. Aber ein Profi-Aufgebot besteht aus 25 Spielern mit unterschiedlichen Qualitäten, die nicht alle auf Weltklasse-Niveau spielen. Und Lingard ist ein wichtiger Kaderspieler.

Diese Rolle könnte er auch im WM-Kader der Three Lions einnehmen. Mit Diszipliniertheit und Kämpfernatur hat Lingard bei Southgate gepunktet. Und der 23-Jährige hat die Nominierung im Spiel gegen Malta gerechtfertigt. Von Southgate erhielt er nach dem Spiel ein Prädikat, das man bei einem Spieler mit begrenzten Potenzial nicht erwarten würde: "Überragend!"

Andreas Cina

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