16.07.2016 09:23 Uhr

China: Ein Mann, eine Vision, ein Investment

Xi Jinping (l.) hat den WM-Pokal beim England-Besuch fest im Blick
Xi Jinping (l.) hat den WM-Pokal beim England-Besuch fest im Blick

In Fernost wird aufgerüstet was das Zeug hält. Die größte Volksrepublik der Welt nimmt seit geraumer Zeit das Fußballgeschäft in Angriff und bläst zur Attacke. Treibende Kraft ist Xi Jinping höchstpersönlich, seines Zeichen Staatspräsident Chinas. Was sind die Hintergründe für die wahnwitzigen Millionen-Investitionen?

Von der Obsession eines Mannes

Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas, Vorsitzender der Zentralen Militärkommission und Staatspräsident der Volksrepublik in Personalunion. Außerdem ist Xi Jinping, der mächtigste Mann des bevölkerungsreichsten Landes der Welt, ein Fußball-Visionär. Ein Mann mit einer Vision: China wird bis 2050 zur Weltmacht - im Fußball, versteht sich.

Welche Motive hat der Mann, der im November 2012 vom chinesischen Zentralkomitee ins Amt befördert wurde? Warum wird der Sport in einem Land gefördert, in dem Leichtathleten, Tischtennisprofis und World-of-Warcraft-Spieler eigentlich zu den großen Stars gehören? Die Frage ist relativ einfach zu beantworten: Xi Jinping ist Fußball-Enthusiast und wittert im stetig wachsenden Fußball-Geschäft eine Chance, sich auch auf internationaler Ebene weiter zu profilieren.

Im Oktober 2015 machte Xi Jinping während seines Besuchs beim Ex-Premierminister David Cameron in Großbritannien nicht nur zufällig auch in Manchester halt. Mit dicken Schecks in der Tasche begrüßte er Spieler und Funktionäre von Manchester City. Keine zwei Monate später gab die City Football Group schließlich einen 400-Millionen-Dollar-Deal mit dem chinesischen Medien-Mogul Li Ruigang bekannt, der nun hält dreizehn Prozent Anteile an Europas Top-Klub. Kein Wunder, dass sich Chinas Präsident mit Superstar Kun Agüero medienwirksam ablichten lässt.

Einflussnahme durch Mega-Investments

Chinas Großkonzerne haben mittlerweile in zahlreichen europäischen Top-Klubs ihre Finger im Spiel. Wenn in Italien bald das nächste große Derby della Madonnina zwischen Inter und AC Milan steigt, spielt eigentlich die Suning Holding Group (70 Prozent Anteile) gegen ein chinesisches Konsortium, welches den Berlusconi-Klub in naher Zukunft mit 80 Prozent Anteilen vor dem Bankrott retten soll.

Aktuellstes Beispiel ist Chinas reichster Mann Wang Jianlin, Gründer der Dalian Wanda Group, der unlängst einen weiteren Mega-Deal mit der FIFA ausgehandelt. Im nächsten Jahr wird sein Land Ausrichter des ersten "China Cups" sein, bei dem die kleine Fußballnation - derzeit auf der Weltrangliste auf Platz 81 hinter den Fußball-Riesen Guinea-Bissau und St. Kitts & Nevis - gegen drei "Spitzenteams" antreten wird.

"Wir wollen den besten Wettbewerb in Asien aufbauen und alle möglichen Mittel ausschöpfen, um unser Ziel zu erreichen", sagte der Immobilien-Mogul Jianlin im März auf einer FIFA-Veranstaltung. Ob dabei solche Geschäfte mit der krisengeschüttelten FIFA völlig sauber über die Bühne gehen, darf zumindest bezweifelt werden.

Mit dem Online-Händler "Alibaba", einem der wertvollsten Unternehmen weltweit, hat Chinas Staatsoberhaupt einen weiteren Investor für seine Sache gewonnen. "Nachdem Xi Jinping an die Macht kam, erfuhr der Sport in unserem Land einen regelrechten Aufschwung", erklärte Zhang Dazhong, Verantwortlicher für die neu gegründete Abteilung Sport bei Alibaba. Geld und Wille sind demzufolge in Fülle vorhanden. Doch wie steht es um die eigene Zukunft?

Der Traum vom WM-Titel

Kurz nach Jinpings England-Besuch veröffentlichte die Staatsführung einen 50-Punkte-Plan, um China zu "einer großen Sport-Nation" zu formen. Bis 2025 pumpt der Staat umgerechnete 760 Milliarden US-Dollar in sportliche Infrastrukturen. Neben Sportstätten sollen vor allem die professionellen Fußball-Akademien ausgebaut werden. Die bisherigen 5.000 Schulen sollen schnellstmöglich auf 50.000 erweitert werden. 2030 soll es auf 10.000 Chinesen jeweils einen Fußballplatz geben, damit Chinas Jugend genügend Platz zum Training hat. Aufrüstung in großem Stil eben.

Einer der Vorreiter im Aufbau solcher Fußball-Akademien ist Xu Genbao. Vom Erfolg Manchester Uniteds inspiriert, eröffnete er im Jahr 2000 eine der ersten professionellen Fußballschulen des Landes auf Chongming, einer Insel im Osten Chinas. Sein Ziel: "Chinas Manchester United aufbauen". Mit Erfolg, denn einer seiner Schützlinge, Wu Lei, hält noch immer den Rekord als der jüngste Debütant in der ersten chinesischen Liga - mit vollen 14 Jahren und 287 Tagen. Bei ausländischen Spielern geriet Genbaos 2005 gegründeter Verein Shanghai East Asia allerdings schnell in Verruf. Zu militärisch die Trainingsmethoden, zu strickt die Auflagen. Ein Modell, das in China Tradition hat.

Nun gibt die politische Führung eine Mischung aus ausländischem Personal-Import und nationaler Talent-Förderung vor. Vor allem die Fans sollen vom Fußball im eigenen Land begeistert werden. Die Strategie scheint bereits erste Erfolge zu verzeichnen: "Vor zwei Jahren habe ich allein über die europäischen Spiele mit meinen Freunden diskutiert. Nun sind auch Spiele unserer Liga Thema auf Partys", wird Huang Zexin, Fan von Guangzhou Evergrande in der Online-Zeitung "The Big Red" zitiert. Kein Wunder, wenn Superstars wie Hulk in das Reich der Mitte wechseln.

So dürfte es europäische Augen auch in Zukunft nicht mehr verwundern, wenn bald der nächste prominente Profi nach China wechselt. Der 50-Punkte-Plan sieht übrigens vor, dass die Volksrepublik bis 2050 den WM-Titel gewonnen hat. Anders ausgedrückt: Fußball ist ein Langzeit-Investment.

Gerrit Kleiböhmer

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