04.10.2015 09:56 Uhr

Kollers Erfolgshunger bleibt ungestillt

Grund zum Zurücklehnen gibt es keinen
Grund zum Zurücklehnen gibt es keinen

Obwohl Österreichs Nationalmannschaft schon das Ticket für die EM 2016 gebucht hat, gibt es laut Teamchef Marcel Koller keinen Grund zum Zurücklehnen. Der Schweizer will in den letzten Quali-Partien gegen Montenegro und Liechtenstein unbedingt zwei Siege einfahren - damit dies gelingt, dürfe man den Matches aber nicht zu locker entgegenblicken, warnte der Schweizer im Interview mit der APA.

Außerdem sprach Koller über mögliche Experimente bis zur EM, die Auswirkungen mangelnder Spielpraxis und seine ausstehende Entscheidung über eine Vertragsverlängerung.

Der erste Gruppenplatz in der Qualifikation und die EM-Teilnahme sind fix - ändert das etwas an der Vorbereitung auf die bevorstehenden zwei Spiele?

Marcel Koller: Nein. Man muss immer schauen, dass die Spieler das wieder abrufen, was wir wollen, im taktischen und konditionellen Bereich. Im Moment sind wir erfolgreich, daher gibt es keinen Grund, etwas zu ändern, auch wenn wir schon für die EM qualifiziert sind.

Haben Sie Bedenken, dass der eine oder andere die beiden Partien auf die leichte Schulter nehmen könnte?

Das ist ein Punkt, den wir beachten müssen. Ich denke aber nicht, dass die Spieler abgehoben sind, weil sie weiter hungrig sind und in den Monaten davor bewiesen haben, dass sie sehr fokussiert sind. Doch wenn wir herausspüren, dass einer oder zwei glauben, sie können ein bisschen locker an die Sache herangehen, werden wir sicher eingreifen.

Bis zur EM werden Sie wohl noch einiges ausprobieren. Beginnen Sie damit schon in den Begegnungen gegen Montenegro und Liechtenstein?

In beiden Spielen wird das bestmögliche Team auf dem Platz stehen. Abhängig davon, wie ein Spiel läuft, kann man dann vielleicht das eine oder andere versuchen.

Das aktuelle System funktioniert nahezu perfekt, aber ist es denkbar, dass bis zur EM ein alternatives System eingeübt wird?

Mit unserer Spielweise sind wir offensiv und defensiv auf einem guten Level. In der Vergangenheit haben wir schon die eine oder andere Sache versucht, egal ob es die gesamte Gruppe oder einzelne Positionen betroffen hat - es war immer auf den Gegner abgestimmt. Doch zum Beispiel bei einer Dreierkette verschieben sich zu viele Elemente, da ist die Zeit vor der EM zu knapp. Da besteht die Gefahr, dass alle verunsichert werden und sich fragen, warum wir das überhaupt machen. Wenn es nicht von Beginn an läuft, hat man mehr kaputt gemacht, als man Gutes bewegt hat.

Sie haben immer wieder an Spielern festgehalten, die bei ihren Clubs wenig bis gar nicht aufgestellt wurden. Ist es auch denkbar, dass Spieler bei einer EM zum Einsatz kommen, die in der Saison davor vielleicht nur zehn Bewerbspartien absolviert haben?

Darüber eine Aussage zu machen, ist zu früh, weil sich bis zur EM noch vieles ändern kann. Es ist aber schon so, dass Spielpraxis sehr wichtig ist. Die Spieler haben das Vertrauen immer zurückgegeben, doch es soll keinen Freifahrtschein geben, keine Nibelungentreue, dass man sich zurücklehnen kann, weil man eh immer einberufen wird. Wir müssen Ergebnisse liefern und das stärkstmögliche Team auf den Platz bringen. Grundsätzlich müssen alle schauen, dass sie spielen, vielleicht ist es aber auch so, dass einer frisch ist, wenn er nicht regelmäßig gespielt hat.

Nur wenige Teamkicker waren bei der EURO 2008 dabei und verfügen über Turniererfahrung. Könnte das bei der EM 2016 zu einem Problem werden?

Ich denke nicht, dass das ein Nachteil sein muss. Wir haben zwar nicht die Erfahrung in den Abläufen, bis die EM losgeht, oder darüber, wie der eine oder andere reagiert, wenn wir lange beisammen sind. Aber beim Turnier selbst spielt die fehlende Erfahrung keine Rolle.

Die Euphorie rund um das Nationalteam ist derzeit riesig, schon ist die Rede von einem EM-Semifinale oder sogar Titelgewinn. Ärgert Sie diese überzogene Erwartungshaltung?

Was außerhalb der Mannschaft passiert, können wir ohnehin nicht groß beeinflussen. Ärgern würde ich mich nur, wenn ich ein halbes Jahr lang höre, dass wir EM-Favorit sind.

Wie sieht Ihre Zielsetzung für die EM aus?

Unser Vorgabe ist, dass wir in jedes Spiel gehen, um zu gewinnen. Dass zum Beispiel das Achtelfinale unser Ziel ist, wird man von mir nicht hören.

Laut ÖFB-Präsident Leo Windtner wird man noch vor der EM wissen, wer nach der EM Österreichs Teamchef ist. Was halten Sie von diesem Zeitplan?

Wenn ich bei einer EM bin, kann das für mich nicht schlecht sein. Das heißt, ich muss nicht unbedingt schon vorher wissen, was ich nachher mache. Wir haben aber noch gar nicht gesprochen, alles ist Spekulation.

Haben Sie Gefallen am Job eines Teamchefs gefunden oder würde es Sie wieder reizen, als Club-Trainer zu arbeiten?

Das erste halbe Jahr als Teamchef habe ich gedacht, es wird schwer. Aber jetzt haben sich die Abläufe eingespielt, es macht mir viel Spaß. Von daher spricht nichts dagegen, weiter als Teamchef zu arbeiten, doch das sind nicht immer die Parameter, die dann auch entscheidend sind.

Mehr dazu:
>> Koller will ÖFB-Rekord weiter ausbauen 

apa

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