06.09.2015 09:00 Uhr

Freut Euch! - Erleichterung nach Geduldprobe

Den Spielern fiel durch das Junuzovic-Goldtor ein Stein vom Herzen
Den Spielern fiel durch das Junuzovic-Goldtor ein Stein vom Herzen

Das 1:0 gegen die Republik Moldau war für Österreich ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung EM-Teilnahme. Abwehrriegel und destruktive Spielweise des Gegners stellten den Tabellenführer der Gruppe G vor allem mental auf die Probe.

"Es gibt zwei Möglichkeiten, wenn der Gegner so tief steht", dozierte Österreichs Teamchef Marcel Koller nach dem im Ergebnis knappen, an der Darbietung gemessen jedoch hochverdienten Sieg, "Entweder gehst du früh in Führung, der Gegner öffnet sich und du kannst ein zweites oder drittes Tor erzielen. Oder du hast ein Geduldspiel."

Es wurde die zweite Variante. Der Dreizehnte der FIFA-Weltrangliste musste sich gegen die Nummer 124 mit einem Abwehrriegel herumärgern. Ob Fünferkette oder Viererkette mit extrem defensiv ausgelegtem Sechser darf am Taktikbrett seziert werden, der subjektive Eindruck war jedenfalls folgender: "Wir haben heute gegen zehn Verteidiger gespielt", so Marko Arnautovic.

Kapitän Christian Fuchs präzisierte: "Es war bis zu einem gewissen Grad frustrierend. Für mich war es eines der schwersten Spiele dieser Qualifikation, weil du läufst, investierst und hast trotzdem noch zehn Mann vor dir."

Maßnahmen in der Pause zeigten Wirkung

Marcel Koller nahm nach dem Gesehenen "in der Pause eine Korrektur" vor. Er verordnete dem Team "höher zu stehen" und insbesondere seine Flügelspieler "Arnautovic und Harnik weiter nach vorne, um in den Rücken der Abwehr zu kommen". Baumgartlinger freute sich mit dem Teamchef über den Erfolg der Maßnahme: "Es ist schön, wenn man sieht, dass man etwas anspricht in der Pause und es sofort umsetzen kann." Zudem wurde mehr Bewegung gefordert: "Nicht nur für sich selber, sondern auch für den Gegner mit mehr Seitenwechseln und mehr Spielverlagerungen", erzählte Baumgartlinger weiter.

Marko Arnautovic sorgte schon kurz vor der Pause für das vermeintliche 1:0, der Schiedsrichter-Assistent erkannte aber eine Abseitsstellung trotz gleich dreifach von den Moldauern abgelenkten Zuspiel. So fiel Zlatko Junuzovic in der 52. Minute jene Aufgabe zu, die im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion anwesenden 48.500 Zuschauer zu erlösen. Moldau-Tormann Cebanu bändigte den Weitschuss von David Alaba unzureichend, der Werderaner staubte via Innenstange ab.

Junuzovic, als Vierjähriger mit seiner Familie vor dem Krieg in Jugoslawien geflohen, als Goldtorschütze für Österreich. An einem Fußballabend, der mit der vom ÖFB-Team verbreiteten Botschaft "Respect Refugees" begann, geradezu kitschig. "Es passt zusammen", meinte auch Junuzovic, "dass wir gewonnen haben, war aber das Allerwichtigste."
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Der Unterschied in Zahlen

Der Arbeitsaufwand in nackten Zahlen belegt den im Grunde nicht nur gegen sondern mit Moldau zur Schau gestellten Einbahnstraßenfußball. Die UEFA-Statistiker zählten 529:229 Pässe, 23 Abschlussversuchen der Österreicher standen zwei der Gäste gegenüber.

Angesichts des Spielverlaufs ohne Tadel blieb Robert Almer. Der Teamtormann brach ohne großen Aufwand den von Friedl Koncilia in den Jahren 1982/83 ausgestellten Rekord ohne Pflichtspiel-Gegentor (458 Minuten). Den schönen Moment erlebte Almer allein gelassen in seiner Hälfte zwischen Strafraum und Mittelkreis.

"Das ist sein Rekord, aber er braucht Spieler vor ihm, die alles weghauen", unterstrich Koller den Wert der Bestmarke für die Mannschaft. Für Almer freue er sich, blieb bescheiden wie vor dem Spiel: "Zweitrangig". Koller ließ langwierige Diskussionen über fehlende Einsatzzeiten Almers beim Klub Revue passieren: "Es war immer eine schwierige Situation für mich und ihn, für das Team, aber er hat immer top gespielt." Mit der Rückkehr zur Austria ist das Thema abgehakt.
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Die drei erkämpften Punkte brachten das ÖFB-Team seinem Ziel nur näher. Durch das 1:0 von Russland daheim gegen Schweden – das Ergebnis war schon vor dem Aufwärmen bekannt – konnte die EM-Teilnahme doch noch nicht fixiert werden. Der Vorsprung in der Qualifikationsgruppe G auf die Verfolger ist dennoch angewachsen. "Es gab keine Freudenschreie in der Kabine, es ist vielmehr eine Erleichterung", schilderte Junuzovic die Gemütslage in der Mannschaft nach der Geduldprobe.

Selbstkritik kam von Martin Harnik: "Wir hätten uns so einen Spielverlauf wie in Liechtenstein gewünscht, mit dem frühen Tor. Das ist uns nicht gelungen, weil der letzte Ball nicht präzise genug gekommen ist. Das ist das einzige Vorwurf, den wir uns machen müssen."

Koller: "Freut euch doch mal!"

Dennoch gab es für Teamchef Marcel Koller keinen Grund, "das Haar in der Suppe zu suchen. Es gibt halt nicht immer Schokoladenfußball." Der Schweizer war stets vom Siegtreffer überzeugt, gab sich gegenüber den Journalisten gegenüber bestens gelaunt. "Wir sind Tabellenführer. Uns fehlt ein Punkt aus drei Spielen. Freut euch doch mal!"

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Sebastian Kelterer

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